“Ich bin kein Weihnachtsgeschenk”

Foto: Doris Weinreis

Ein kleiner süßer Hundewelpe, ein flauschiges Kätzchen oder doch lieber ein Kaninchen mit Schlappohren? Kinder wünschen sich oft zu Weihnachten einen Spielgefährten mit Fell. Doch meistens ist dieser Wunsch relativ undurchdacht.  Was auf den ersten Blick süß und niedlich erscheint, entpuppt sich nach einiger Zeit als harte Arbeit und auch großer Kostenfaktor. Tiere müssen regelmäßig gefüttert werden, klar. Aber sie müssen vor allem auch Erziehung genießen – und genau das ist vielen nach einiger Zeit zu anstrengend. Einem Welpen beizubringen stubenrein zu werden oder regelmäßige Spaziergänge und auch das Katzenklo-Training sind sehr zeitintensiv, und damit rechnen viele Familien auch nicht.

Aber auch, dass aus dem kleinen flauschigen Baby ein großer Hund oder eine Katze wird, die nach kindlicher Auffassung nicht mehr ganz so süß erscheinen, wird bei so einem Weihnachtskauf oft vernachlässigt. Doch wohin dann mit dem Tier?

Genau hier fängt das Problem für Tierheime an. Viele Familien bringen zwei bis drei Monate nach Weihnachten die verschenkten Tiere ins Tierheim. Das führt dazu, dass Zwinger überfüllt sind und auch die Tierheime vor Kostenproblemen stehen. Sie müssen zu den normal abgebenene Tieren, z.B. aus gesundheitlichen oder anderen eher “nachvollziehbareren” Gründen zusätzlich noch die Massen an ausrangierten Weihnachtsgeschenken aufnehmen. Um die Kosten wenigstens halbwegs decken zu können, hat das Tierheim Dortmund, und auch andere Tierheime in NRW, eine Abgabegebühr eingeführt. Im Dortmunder Tierheim beträgt die Abgabegebühr für Hunde 60 Euro, für Katzen 40 Euro und für Vögel und Kleintiere 20 Euro.

Viele Tierheime im Ruhrgebiet haben einen Vermittlungsstopp von Tieren in der Vorweihnachtszeit angesetzt, der bis in die erste Woche des neuen Jahres geht. So soll verhindert werden, dass Tiere einfach undurchdacht gekauft und verschenkt werden. Im Dortmunder Tierheim beginnt dieser Stopp am 15. Dezember und dauert bis zum 2. Januar. Das passiert in Dortmund schon seit sieben Jahren und hat sich bewährt. Ziel dieses Stopps ist, dass die Tiere eine überlegte Entscheidung sein sollten. Das sagt auch Peter Hobrecht, Leiter des Tierschutzzentrums in Dortmund. „Die Anschaffung eines tierischen Mitbewohners sollte gründlich durchdacht und geplant sein. Schließlich hat jedes Haustier eigene, artspezifische Bedürfnisse an die Haltung. Das wird bei der Suche nach einem Weihnachtsgeschenk oftmals nicht bedacht“. Zwischen dem 22. Dezember und dem 2. Januar bleibt das Tierschutzzentrum komplett geschlossen. Aber entlaufene und wiedergefundene Tiere können an allen Tagen zwischen 12 und 13 Uhr abgeholt werden, auch an den Feiertagen.

13 von 18 Tierheimen im Ruhrgebiet haben einen Vermittlungsstopp

Andere Tierheime folgen diesem Beispiel, z.B. Hagen, Bochum und Bocholt. Nach KURT-Recherchen gibt es im Ruhrgebiet sogar nur vier Tierheime, die keinen Vermittlungsstopp haben: Essen, Gelsenkirchen, Bottrop und Hamm. Auch im Tierheim Münster gibt es keinen klassischen Vermittlungsstopp. Dort können die Tiere sehr wohl ein Weihnachtsgeschenk sein, es wird aber darauf geachtet, dass der Adoptionswunsch nicht spontan entstanden ist, sondern schon lange besteht. Lange Gespräche und mehrere Treffen mit den Tieren müssen vor einer Adoption erfolgen. Auch werden Tiere grundsätzlich nicht als Geschenk vermittelt, sondern nur, wenn die ganze Familie dabei ist.

Die Tierheime im Ruhrgebiet: Rot bedeutet Vermittlungsstopp, die Tierheime mit grünem Symbol geben auch in der Vorweihnachtszeit Tiere ab.

Neben der Urlaubszeit sind die zwei bis drei Monate nach Weihnachten die Zeit mit der höchsten Abgabequote in Tierheimen. Die Tiere, die am häufigsten abgegeben werden, seien Hunde und Katzen. Oft passiere es relativ schnell nach Weihnachten, da die Familie merke, wieviel Arbeit es wirklich sei. Bei Nagetieren sei es anders. Die würden abgegeben, wenn sie zu langweilig würden. Deswegen komme es nicht selten vor, dass die Tiere, obwohl sie relativ pflegeleicht seien, im Tierheim abgegeben würden – und das besonders in den Monaten April und Mai, so ein Sprecher des Tierheims Krefeld. Aber es gibt auch noch andere Faktoren, die Einfluss auf die Abgabe von Tieren haben.

Zoohandlungen

Zoohandlungen denken nicht einmal über einen Vermittlungsstopp nach. Sie verkaufen zu allen Tages- und Jahreszeiten ihre Tiere. Offiziell darf man ein Tier erst mit 18 alleine kaufen, aber oftmals reicht eine Einverständniserklärung der Eltern mit Kopie eines Personalausweises, um ein Tier zu bekommen, so eine Mitarbeiterin von MegaZoo.

Züchter

Züchter orientieren sich meist auch nicht an der Weihnachtszeit. Oftmals ist es so, dass der Kostenfaktor eine Rolle spielt. Es ist unglaublich teuer, einen Wurf zu versorgen. Die Schwangerschaft, mehrere Besuche beim Tierarzt, die Geburt selbst. Dann natürlich auch die Versorgung der Welpen für mindestens neun Wochen, das geht alles ans Budget. Trotzdem haben Züchter einen Luxus, sie können sich oftmals ein gutes Bild der Familie machen. Sie können vorab genaue Informationen über ihre Familien anfordern und stehen auch längere Zeit vor der Adoption mit ihnen in Kontakt. Laut Züchtern werden Hunde, die bei ihnen gekauft wurden, seltener abgegeben. Das liege unter anderem daran, dass die Tiere sehr jung adoptiert werden.

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Schnell mal noch ein letztes Weihnachtsgeschenk kaufen und keine Lust in die Zoohandlung zu gehen und tausende Euro beim Züchter auszugeben? Dann kann man mit einigen Klicks Hunde und Katzen zu unglaublichen Preisen bei Portalen wie markt.de oder ebay finden. Oftmals sind diese Hunde auch aus dubiosen Verhältnissen, kommen aus dem Ausland, haben keine Papiere und sind vor allem krank. Gerade diese Hunde laufen Gefahr, häufig in Tierheime abgegeben zu werden.

Aber eine Abgabe im Tierheim ist immer noch besser als ein illegales Aussetzen. Trotzdem sollte man besser keine Tiere als Weihnachtsgeschenk verschenken, egal wie süß sie auch sind.

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