Das Duell: Streamingdienste – praktisch oder überflüssig?

In der Bahn, im Café oder zuhause – fast überall hören wir Musik oder lesen. Dabei haben viele ihre Bücher auf einem E-Book-Reader gespeichert und greifen auf Streamingdienste zurück, weil sie dort schnell und einfach Musik hören können – so wie Manuela. Melissa dagegen hört lieber CDs und schlägt Bücher auf, statt auf den Bildschirm zu starren.

Streaming macht nicht alles besser. In Sachen Umweltbilanz und Kostenfaktor sollten wir genauer hinsehen, meint Melissa Korbmacher.

Digitaler Konsum ist teurer, umweltschädlicher und weniger praktisch, als man denkt. Auf den ersten Blick sind Streamingdienste oder E-Books praktisch, weil sie jederzeit abrufbar sind. Aber mal ehrlich: Kann ich mein Buch nicht auch einfach in die Tasche stecken, um es überall dabei zu haben? Außerdem muss ich da nicht ständig auf meinen Akku achten, denn wenn der leer ist, ist auch Schluss mit Seriengucken oder Bücherlesen.

Lieber bewusst konsumieren

Außerdem verbinde ich mit CDs, DVDs oder Büchern Erinnerungen. Sie sind viel lebendiger, weil sie die Sinne ansprechen. Ich kann sie in der Hand halten, ich höre die Buchseiten, wenn ich umblättere, ich rieche die Druckerschwärze. Und wenn ich sie nach Jahren wieder in die Hand nehme, sehe ich die Geschichte, die dahinter steckt. Deshalb treffe ich auch die Entscheidung zum Kauf viel bewusster.

Wenn ich mir eine CD, DVD oder ein Buch kaufe, investiere ich Geld und halte deshalb immer die Augen offen, um zu schauen, was mir wirklich gefällt statt unverbindlich vor mich hin zu konsumieren. Und wenn ich nicht gleich alles kaufen kann oder will, kann ich auch einfach in die nächste Bücherei gehen und mir da etwas ausleihen.

So ein Ausweis kostet für Studierende um die 10 bis 15 Euro im Jahr und ist damit viel günstiger als ein Abo bei einem Streamingdienst wie Netflix, bei dem ihr in einem Monat fast genauso viel ausgebt und „nur“ Filme und Serien gucken könnt. In der Bücherei dagegen könnt ihr euch auch Zeitschriften, CDs, DVDs und oft sogar Games ausleihen.

Streaming ist schlecht fürs Klima

Logischerweise brauchen alle diese haptischen Dinge einen Datenträger und leider besteht viel davon aus Plastik, was nicht gut für die Umwelt ist. Aber habt ihr euch mal gefragt, wie es mit dem Stromverbrauch während des Streamens aussieht? Der ist enorm, was eine hohe Belastung mit Treibhausgasen nach sich zieht, wie Wissenschaftler aus Oslo und Glasgow erst kürzlich in einer Studie herausgefunden haben.

Demnach betrug der Ausstoß von Treibhausgasen durch die Produktion von Tonträgern in den USA 157 Millionen Kilogramm im Jahr 2000, während der Ausstoß beim Streaming auf ungefähr 200 bis 350 Millionen Kilogramm allein in den USA (2016) geschätzt wird. Umweltfreundlich sieht anders aus.

Und wer sagt, dass man CDs oder DVDs gleich wegschmeißen muss? Vieles davon kann man einfach umfunktionieren, zum Beispiel in eine Schale aus einer umgebogenen Schallplatte. Das ist nicht nur nachhaltiger, sondern auch stylish.

Nicht nur auf den Algorithmus hören

Viele Leute streamen Musik, weil sie sagen „Ich höre nur das, was ich will.“ Ist das wirklich so? Eigentlich hören wir doch oft nur, was Streamingdienste denken, was wir hören wollen. Ich finde, dass man gar nicht sagen kann, man hört, was man hören will, wenn man nicht aktiv selbst danach sucht und das ist beim Streaming nun mal nicht die Regel.

Ich bin lieber neugierig und gehe aktiv auf die Suche, schließlich lasse ich mir ja auch nicht das Essen in der Mensa auf den Teller packen, so nach dem Motto: „Da du gestern etwas mit Tomaten gegessen hast, gibt’s das heute wieder, weil es dir ja offensichtlich schmeckt.“ Vielleicht will ich aber was ganz anderes?

Deshalb suche ich selber nach dem, was mir gefällt, kaufe es mir ganz altmodisch – und vor allem: schätze es.

Streaming ist so herrlich unkompliziert! Zum Beispiel Musik hören, immer und überall – genial, findet Manuela Promberger.

Ständig Musik am Ohr, für viele Menschen bedeutet das: zusätzlicher Stress. Bei mir ist das nicht der Fall, im Gegenteil. Erster Klick: Spotify öffnet sich. Zweiter Klick: Musik läuft. Herrlich!

Hören, was ich will, wann ich will und wo ich will. Egal, ob ich gerade wieder mal auf die S-Bahn warte, auf dem Fahrrad zur Uni fahre oder eben noch etwas bei mir ums Eck shoppe: Ich liebe es, mich von Musik berieseln zu lassen.

Womöglich auch noch ewig im CD-Regal suchen? Nein Danke. Das Angebot beim Streaming ist enorm: Der gewünschte Song ist schnell gefunden und meist auch noch in verschiedenen Einspielungen. Mal instrumental, vielleicht als Jazz-Combo oder Pop-Version und sogar alte Klassiker, alles mit nur ein paar Klick auffindbar.

Und das Beste daran: Es fallen keine weiteren Kosten an. Auf die Schnelle klicke ich durch unzählige Interpretationen und entdecke dabei oft Titel die auf CD noch nicht mal eingespielt wurden.

Streaming ist unkompliziert und günstig

Mit Streaming wird Geld gespart. Geld, das ich besser nutzen kann. Zum Beispiel, um in Live-Konzerte zu gehen. Und die Qualität, die ich dort bekomme, ist unersetzbar.

Viel Geld auzusgeben für eine Einspielung, das macht für mich daher wenig bis keinen Sinn. Und ist so eine CD erst mal gekauft, dann muss sie ja auch noch verstaut werden. Das bedeutet in meinem Fall: Sie verschwindet unter all den anderen CDs irgendwo im Regal und ist somit für immer unauffindbar.

Klar, da könnte ein System dahinter die Lösung sein. Chronologisch, alphabetisch, oder nach Genres sortiert: Habe ich ausprobiert – hat nicht funktioniert. Denn, selbst wenn ich die richtige CD-Hülle finde, heißt das noch lang nicht, dass auch die richtige CD darin ist.

Da lob’ ich mir doch die kleine Lupe bei all den Streaming-Diensten. Nur wenige Sekunden und ich finde, wonach ich suche.

Eine ganze Bibliothek im Gepäck

Wenn ich eine CD nach der anderen ins Regal schiebe, müllt das doch nur zu. Streaming hingegen braucht überhaupt keinen Platz und ich habe trotzdem alles im Blick. Mit Büchern ist das ähnlich, Bücher brauchen auch Platz, sogar mehr noch als CDs. Die Lösung: das E-Book. Dank ihm passt eine ganze Bibliothek in mein WG-Zimmer. Bestens sortiert und wenn es denn sein muss, dann kann ich die sogar mit in den Urlaub nehmen und am Sandstrand in meiner Hängematte liegend durchsehen.

Streaming verursacht keinen unnötigen Müll

Streamingdienste sind außerdem umweltfreundlich. Sie verursachen keinen unnötigen Müll, wie zum Beispiel CDs. Denn was, wenn sich der Musikgeschmack mal ändert? Dann landet das gute, teuer erworbene Stück doch meistens im Müll und ist dann vor allem eins: schwer abbaubar, über Jahrhunderte. Als ob wir uns in Zukunft Obstschüsseln aus alten CDs oder Vinyl-Platten pressen lassen würden, von wegen.

Hinzu kommt, dass die CD-Hülle abschließend immer noch mit einer Plastik-Folie verpackt wird. Vielleicht gibt es sogar noch eine Plastiktüte an der Kasse, in der die CD nach Hause gebracht wird. Gratuliere! Und das in einer Zeit, in der Umweltschutz wieder großgeschrieben wird.

Beitrags- und Teaserbild: Blue Coat Photos via Flickr, lizenziert nach CC BY-SA 2.0

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