Über zwei Jahre ist das Unabhängigkeits-Referendum in Katalonien nun her – und trotzdem hört man immer wieder von Protesten in Barcelona, verurteilten Separatistenführern und einer verärgerten spanischen Zentralregierung. Doch eine Person prägte die Katalonien-Krise wie keine andere: Die Rede ist natürlich von Carles Puigdemont, dem ehemaligen katalanischen Regierungspräsidenten. Seitdem er Ende 2017 aufgrund einer Anklage der spanischen Zentralregierung und eines Haftbefehls ins Exil nach Belgien floh, taucht der Politiker vor allem in den spanischen – hin und wieder aber auch in deutschen und anderen europäischen Medien – auf.
Noch immer verfolgt der Katalane seine Vision von einem unabhängigen Katalonien – und macht auf sämtlichen Kanälen darauf aufmerksam. Ob auf seinem Instagram- oder Twitter-Account oder in den internationalen Medien: Puigdemont gibt nicht auf, für die Unabhängigkeit Kataloniens zu kämpfen. So sagte er beispielsweise vergangene Woche im russischen Fernsehsender “Russia Today”, es gebe “kein göttliches Gesetz, das dem einen Staat ein Recht auf Unabhängigkeit zugesteht, dem anderen nicht”. Auch auf seinem Twitter-Account kommentiert er das tagesaktuelle Geschehen in seiner Heimat Katalonien – und steht dabei in engem Kontakt zu seinem Nachfolger Quim Torra.
Einzug ins Europaparlament?
Ganz aus der Politik zurückgezogen hat er sich also nicht, eher im Gegenteil. Denn im Frühjahr kandidierte er sogar, gemeinsam mit seinem ehemaligen Vize, Oriol Junqueras, bei der Europawahl. Beide wurden ins Parlament gewählt – antreten konnte seinen Sitz jedoch keiner. Puigdemont, weil er sich dafür persönlich in Madrid hätte akkreditieren müssen und Junqueras, weil er aufgrund der Anklage der spanischen Regierung in Untersuchungshaft saß und nun sogar zu 13 Jahren Haft verurteilt wurde. Dass Puigdemont das undemokratisch findet, brachte er auf Twitter zum Ausdruck und wandte sich im November direkt an die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen:
Dear @vonderleyen, I followed your speech in the European Parliament from my home office, not from my European seat. I was elected by more than a million people. When you mention the rule of law, I suppose you refer a case like this. Please finish with the double standard!
— Carles Puigdemont (@KRLS) November 27, 2019
Junqueras hatte sogar vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen geklagt und hofft nun auf parlamentarische Immunität. Am Donnerstag soll das Gericht entscheiden, ob die Immunität von Abgeordneten mit ihrer Wahl beginnt oder mit ihrem Amtseid. Diese Entscheidung könnte auch Auswirkungen für Puigdemont haben. Denn sollten die Richter zugunsten Junqueras entscheiden, hätte er durch die Immunität ebenfalls die Chance, doch noch ins Parlament einzuziehen. Dann könnte der Politiker nämlich weder verfolgt noch festgehalten werden. Auch der europäische Haftbefehl sei dann nicht länger gültig. Doch auch, wenn das Gericht sich gegen die Immunität entscheiden sollte, wird eine Entscheidung über den Aufenthaltsstatus Puigdemonts und eine mögliche Auslieferung erst im Februar erwartet – man wolle erst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs von dieser Woche abwarten.
Bis zu einer Entscheidung wird Puigdemont also nichts anderes übrig bleiben, als in Belgien zu bleiben und abzuwarten. Denn sollte er die spanische Grenze übertreten, droht ihm eine sofortige Festnahme sowie eine lange Haftstrafe. Bereits seit zwei Jahren besteht dort ein Haftbefehl gegen den Separatistenführer.
Die Katalonien-Krise: Was bisher geschah…
Beitragsbild: Emilia Knebel, KURT