Studierende müssen keine Überflieger sein, um ein Stipendium zu bekommen. Wer ein paar einfache Tipps beachtet, findet leichter ein passendes Förderprogramm. KURTs Stipendien-Knigge hilft.
Tipp 1: Sich die Bewerbung zutrauen
Ein verbreiteter Irrglaube ist, dass nur Einserkandidatinnen und -kandidaten ein Stipendium bekommen. Tatsächlich setzen die meisten Stiftungen keine Bestnoten voraus. Bei der Stiftung der Deutschen Wirtschaft reicht es zum Beispiel, wenn sich die Noten im oberen Drittel des jeweiligen Leistungsspiegels bewegen. Beim Stipendium der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung genügt es, wenn die Leistungen besser sind als der Durchschnitt des Studienfachs.
Ein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,5 muss kein Ausschlusskriterium sein.
Außerdem berücksichtigen die Stiftungen in der Regel den fachlichen Kontext. “Die Note Zwei ist in einigen Fächern das Beste, was man erreichen kann, während sie in anderen Fächern tatsächlich einer ‚guten Leistung‘ entspricht“, sagt Ulrike Magarin von der Stipendienberatung der TU-Dortmund. Zudem würden bei vielen Stiftungen auch die Lebensumstände betrachtet. „Auch ein Abitur mit einem Notendurchschnitt von 2,5 muss kein Ausschlusskriterium sein. Einige Schülerinnen und Schüler kümmern sich intensiv um ihre jüngeren Geschwister oder müssen zum Lebensunterhalt der Familie beitragen, das heißt sie haben weniger Zeit, um sich auf die Schule zu konzentrieren.“
Studierende sollten einfach mal ihr Glück versuchen. 2016 finanzierten nur fünf Prozent der Studenten und Studentinnen in Nordrhein-Westfalen ihr Studium mithilfe eines Stipendiums.
Tipp 2: Passende Suchmaschinen nutzen
Die Auswahl an Stipendien ist riesig, in Deutschland gibt es aktuell etwa 2500. Orientierung bietet beispielsweise die Online-Suchmaschine „Stipendienlotse“ des Bildungsministeriums. Dort lässt sich das Angebot über Kriterien wie das Studienfach, den Standort der Hochschule oder den angestrebten Abschluss (Bachelor, Master, Promotion) filtern. Tauchen unter den Ergebnissen die 13 Begabtenförderungswerke oder das Deutschlandstipendium auf, sollten Studierende sich diese zuerst anschauen.
Die Begabtenförderungswerke sind die 13 größten Stipendiengeber in Deutschland. Stipendiatinnen und Stipendiaten erhalten monatlich bis zu 744 Euro Unterhalt und 300 Euro Büchergeld. Neben der finanziellen Förderung bieten die Begabtenförderungswerke kostenlose Weiterbildungen an, zum Beispiel Seminare zur beruflichen Orientierung. Auf Netzwerktreffen können Stipendiatinnen und Stipendiaten Kontakte knüpfen.
Das Deutschlandstipendium fördert Studierende mit 300 Euro im Monat. Das ist zwar deutlich weniger als bei den Begabtenförderungswerken. Dafür müssen Stipendiatinnen und Stipendiaten keine Gegenleistungen erbringen. Die Begabtenförderungswerke erwarten oft Semester- oder Jahresberichte.
Tipp 3: Kleine Stipendien prüfen
Kommt keins der Begabtenförderungswerke infrage, bieten sich Stipendien kleinerer Stiftungen an. Deren Kriterien unterscheiden sich zum Teil deutlich von den großen Stiftungen. Die Dr.-Arthur-Pfungst-Stiftung fördert finanziell bedürftige Studierende. Das Stipendium der Erich-Müller-Stiftung richtet sich an angehende Ingenieurwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler. Die “aktion luftsprung” unterstützt Studierende mit chronischen Erkrankungen.
Die kleinen Stipendien werden allerdings nicht in jeder Datenbank aufgeführt. Entsprechend aufwendig ist die Recherche. Ulrike Magarin von der TU Dortmund empfiehlt, sich direkt an die Beratung der jeweiligen Hochschule zu wenden, wenn keins der großen Stipendien infrage kommt.
Tipp 4: Auf das Profil der Stiftung achten
Es ist zwar sinnvoll, sich parallel für mehrere Stipendien zu bewerben. Wer aber Einheits-Massenbewerbungen verschickt, hat kaum Aussicht auf Erfolg. Die Stipendiengeber legen Wert darauf, dass sich Bewerberinnen und Bewerber im Motivationsschreiben mit ihren Zielen auseinandersetzen. Sie müssen überzeugend begründen können, warum sie ins Profil der Stiftung passen.
Entsprechend sollte sich das Motivationsschreiben inhaltlich an den Auswahlkriterien der Stiftung orientieren. Parteinahen Stiftungen ist es wichtig, dass Bewerberinnen und Bewerber ihre politischen Grundwerte teilen. Bei konfessionellen Stiftungen wie dem Avicienna-Studienwerk und dem Cusanuswerk spielt aktiv gelebter Glaube eine große Rolle. Der Stiftung der Deutschen Wirtschaft ist Interesse an wirtschaftlichen Zusammenhängen wichtig.
Tipp 5: Genug Zeit für die Bewerbung einplanen
Wer sich für ein Stipendium bei einem Begabtenbeförderungswerk bewirbt, braucht in der Regel ein Gutachten über das gesellschaftliche Engagement und mindestens ein ausführliches Fachgutachten einer Dozentin oder eines Dozenten. „Wenn ein Professor im Forschungssemester ist oder gerade viel zu tun ist, kann das eine Weile dauern“, sagt Stipendienberaterin Magarin.
Eine weitere Herausforderung ist, sich im Motivationsschreiben möglichst gut zu verkaufen, ohne einen überheblichen Eindruck zu hinterlassen. Das gelingt oft nicht auf Anhieb. Daher sollten Bewerberinnen und Bewerber ihren Text mehrfach gegenlesen lassen und überarbeiten. Viele der Begabtenförderungswerke verlangen zusätzlich einen ausführlichen Lebenslauf, der als Fließtext geschrieben werden muss.
Die Bewerbung für ein Stipendium nimmt also – zumindest bei den großen Stiftungen – viel Zeit in Anspruch. Wer sich für ein Stipendium der Begabtenförderungswerke bewirbt, sollte mindestens zwei Monate vor Fristende anfangen. Bei kleineren Stiftungen ist die Bewerbung oft weniger aufwendig. In der Regel genügen ein tabellarischer Lebenslauf, ein Motivationsschreiben und eine Zeugnis-Kopie.
Studienanfängerinnen und -anfänger mit einem guten Abitur sollten sich möglichst zu Beginn ihres Studiums bewerben. Denn viele Stiftungen fördern Studierende nur bis zu einem bestimmten Semester. „Einige Personen starten im Studium richtig durch, da ist es besser, sich vielleicht erst im dritten, vierten Semester zu bewerben, wenn das Abitur nicht so gut war“, sagt Beraterin Magarin.
Tipp 6: Jedes gesellschaftliche Engagement einbringen
Der ausführliche Lebenslauf sollte vollständig sein: Jedes gesellschaftliche Engagement sollte darin auftauchen, sei es noch so klein. Dazu zählt auch Betätigung in der Hochschulpolitik oder in der Fachschaft.
Die Form des Engagements ist nicht entscheidend. „Wir bewerten nicht, ob unsere Geförderten nun im Fußballverein die Juniorenmannschaft trainieren, ein Familienmitglied pflegen oder sich bei Amnesty International einbringen“, heißt es etwa bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes.
Tipp 7: Auf die Auswahlverfahren vorbereiten
Bei den großen Stiftungen durchlaufen Bewerberinnen und Bewerber ein mehrstufiges Verfahren. Auswahlkommissionen sieben zunächst unter den Bewerbungen aus. Wer in die nähere Auswahl gekommen ist, wird meistens zu einem persönlichen Gespräch eingeladen.
Dieses orientiert sich am Lebenslauf. Bei der Studienstiftung des Deutschen Volkes stehen Fragen im Zentrum wie: Werden die notwendigen Leistungen mitgebracht, und auch die Leistungsbereitschaft? Wofür setzt die Person sich ein? Was treibt sie außerhalb des Studiums an und um?
Kaum ein Lebenslauf ist perfekt und schnurgerade – und gerade das kann eine Bewerbung auch sehr interessant machen.
Auch im Auswahlgespräch müssen Bewerberinnen und Bewerber überzeugend begründen, warum sie ins Profil der Stiftung passen. Die Begabtenförderungswerke wollen wissen, was Studierende sich von ihren Weiterbildungsangeboten versprechen, um ein rein finanzielles Interesse auszuschließen.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung empfiehlt, sich im Auswahlgespräch nicht zu verstellen. Das bedeute, auch zu Lücken im Lebenslauf zu stehen: „Kaum ein Lebenslauf ist perfekt und schnurgerade – und gerade das kann eine Bewerbung auch sehr interessant machen. Offenheit und Ehrlichkeit ist immer die beste Lösung.“
Einige Stiftungen führen nicht nur Gespräche mit den Bewerberinnen und Bewerbern, sondern wählen zusätzlich anhand der Leistungen in Auswahltests, Gruppendiskussionen, Kurzvorträgen oder in Aufsätzen aus.
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