“Sie werden für uns Entscheidungen treffen”

Arbeit & Alltag mit Robotern

In Computerspielen oder Science-Fiction-Filmen sind sie wahlweise Feinde, Begleiter oder sogar Partner der Menschen: Roboter. In verschiedensten Zukunftsszenarien säumen sie das Stadtbild zusammen mit Androiden, Flugtaxis und futuristischer Architektur. Das muss nicht zwingend so kommen, sagt Professor Frank Hoffmann vom Institut für Roboterforschung an der TU Dortmund. Aber eins ist sicher: Künstliche Intelligenz und die Digitalisierung werden unsere Arbeit, unseren Alltag und unser Leben von Grund auf verändern.

Robotik im Jahr 2020

Bevor wir  in die Zukunft blicken, machen wir eine kurze Bestandsaufnahme: Wo stehen wir gerade? Was kann unsere Technik jetzt schon?

Roboter unterstützen uns dort, wo wir als Mensch an unsere Grenzen stoßen – zum Beispiel erkunden sie für uns die Tiefsee oder bestreiten Missionen im Weltall. Laut Professor Hoffmann kommen die meisten Roboter aber in der Industrie zum Einsatz. Dort arbeiten sie an großen Fertigungen, die über einen langen Zeitraum hinweg immer gleich ablaufen. Beliebtes Beispiel: die Autoproduktion. Dabei schweißen Industrieroboter immer wieder die gleichen Teile in der selben Reihenfolge zusammen. Ein Fließbandjob!

Allerdings ist es sehr aufwändig, solche Roboter in die Produktion einzubinden. Sie müssen gekauft, aufgebaut, eingestellt und regelmäßig gewartet werden. Für kleinere Produktionen würde sich die Anschaffung finanziell nicht lohnen, so Hoffmann –  auch wenn man die Vorgänge durchaus automatisieren könnte. Sie rechnet sich erst ab einer bestimmten Absatz- und Umsatzmenge, also generell eher für große Unternehmen. Was die Fertigung mithilfe von Robotern angeht, ist Deutschland gut aufgestellt. Das liegt laut World-Robotics-Report zu großen Teilen an der starken Automobilindustrie, in der viele Roboter eingesetzt werden.  Der Report wird jedes Jahr von der International Federation of Robotics herausgegeben, einem Zusammenschluss von Robotik-Industrie und Roboter-Forschung. Doch auch, wenn uns Roboter schon bei vielen Fertigungen helfen – die Automatisierung hat ihre Grenzen.

Eine Art menschliche Hand, die serienmäßig produziert wird, wäre ein echter Durchbruch.

Frank Hoffmann ist Professor für Roboterforschung an der TU Dortmund. Sein Institut beschäftigt sich aktuell viel mit sogenannten „Co-Robots“. Das sind kollaborative Roboter, die mit dem Menschen gemeinsam arbeiten können. Die Co-Robots liegen auch im Trend, weil sie sich ohne viel Vorwissen über ein Display programmieren lassen und somit für eine breitere Kundschaft attraktiv sind. Sie können außerdem in derselben Umgebung arbeiten wie ein Mensch, müssen also nicht aus Sicherheitsgründen abgeschirmt werden.

Trotzdem: Auch hier arbeiten Mensch und Maschine meistens noch nicht ganz Hand in Hand. Genau das ist aber das Ziel der aktuellen Forschung. Ein kleines Beispiel: Wie koordiniere ich die Übergabe von Gegenständen von meiner Hand in den Greifarm des Roboters? Wann kann ich loslassen? Im Institut für Roboterforschung auf dem Nordcampus wurde das mit einem blauem Lichtring gelöst. Sobald man dem Greifarm etwas übergibt und er es festhält, läuft in dem Lichtring eine Art Countdown ab, bis er schließlich rot wird. Dann kann man loslassen.

Ein großes Forschungsfeld betrifft aktuell auch die lernenden Roboter. Die Idee hierbei: Roboter sollen kein Wissen mehr einprogrammiert bekommen, sondern auf intuitive Art und Weise dazulernen – wie ein Mensch: abschauen und nachmachen. „Klassische Programmierung über Texteingabe ist out“, sagt Hoffmann. Er erklärt, wie Roboter lernen – zum Beispiel dadurch, dass sie einen Pfannkuchen in einer Pfanne wenden: „Wie sollte man das programmieren? Einfacher ist es, wenn ein Trainer dem Roboter die Bewegung vorführt und er sie so lange wiederholt, bis er es kann – wie ein Mensch.“ Das passiert in Roboter-Trainingsräumen, die mit Kameras und Motion-Tracking-Systemen ausgestattet sind. Der Roboter erhält so zum Beispiel Daten darüber, wo sich die Pfanne und die Hände des Menschen im Raum befinden und wie er sie bewegt, um den Pfannkuchen zu wenden. Dabei müssen dem Roboter möglichst viele unterschiedliche Bewegungen vorgemacht werden, damit er sie später auch bei größeren oder kleineren Pfannen anwenden kann und nicht nur mit einem bestimmten Gerät in einem bestimmten Umfeld.

Professor Hoffmann, was war der erste Roboter, den Sie gebaut haben?
Gegen Ende der 80er habe ich aus eigenen Baumitteln einen Roboter mit Schrittmotoren und einem kompletten PC drauf gebaut. Der wog 15 Kilogramm und fuhr im Kriechtempo durch die Gegend. Der Motor war schneckenlangsam! Früher musste man als Forscher den ganzen Roboter selber bauen. Heutzutage gibt es dafür schon fertige, sogenannte „Turtle Bots“.

Diese neue Art der Instruktion kommt aber noch nicht bei allen Robotern zum Einsatz. „Die umständliche Programmierung ist einer der Flaschenhälse, deretwegen Roboter oft nicht eingesetzt werden“, so Hoffmann. Durch die Co-Robots soll sich das ändern. Aber auch der Kosten-Nutzen-Faktor und fehlende Feinmotorik stellen aktuell große Hürden für den Einsatz von Robotern dar. Zwar gibt es schon Arm-Prothesen, die sehr dosiert gesteuert werden können. Allerdings ist der Markt dafür eher klein und die Prothesen selbst sehr teuer.

Dabei ist technisch schon allerhand möglich. Von einem sogenannten „Exoskelett“, mit dem sich gelähmte Patienten wieder bewegen oder Lagerarbeiter entlastet werden können, bis hin zur künstlichen Retina, die bei bestimmten Erkrankungen als künstliches Auge an die Nerven „angeschlossen“ werden kann. So richtig massentauglich sind diese zwar nicht – müssen sie aber auch gar nicht sein, denn die Zielgruppe für solche speziellen Prothesen sei nicht so groß wie die für Industrieroboter. Dabei wäre eine Art Handprothese für den industriellen Markt ein Durchbruch, sagt Frank Hoffmann. In der Robotik wird das Meiste mit einem Zwei- oder Drei-Finger-Greifer gemacht. Eine Art menschliche Hand würde ganz neue Möglichkeiten bringen, meint Hoffmann. Allerdings sei sie heutzutage noch sechsmal so teuer wie ein normaler Roboter.

So werden die meisten feinmotorischen Arbeiten doch meistens noch von Menschen durchgeführt. Könnte jeder die Roboter kaufen und bedienen, wäre eine Zukunft, wie sie uns in Filmen und Serien gezeigt wird, um einiges wahrscheinlicher. Auch wenn durch immer mehr Haushalte die Staubsauger-Roboter rollen, bleiben die meisten Roboter doch eher teure Gadgets für Technik-Geeks, so Hoffmann. Was uns aber in näherer Zukunft noch erwarten könnte, zeigen wir euch in einer kleinen Zeitreise.

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Mehr von Inga Heidl
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