Weltraumkommando: Bundeswehr verteidigt im All

Die Bundeswehr verteidigt Deutschland nun auch im Weltraum. Denn das All ist inzwischen von entscheidender strategischer Bedeutung. Warum ein aktiver Schutz von Satelliten so wichtig für die Sicherheit ist.

Ein Weltraumkommando für die Bundeswehr — das klingt spektakulär und nach Science-Fiction. Am Dienstag (13.07.) stellte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die neue Einheit offiziell in Dienst. Von Uedem in Nordrhein-Westfalen soll sie in enger Zusammenarbeit mit dem Kommando Cyber- und Informationsraum Satelliten überwachen und schützen. Auch Aktivitäten anderer Staaten im Weltall und potenziell gefährlichen Weltraumschrott  soll das Kommando beobachten.

„Dass es jetzt ein Weltraumlagezentrum in Deutschland gibt, ist richtig und wichtig für die militärische, aber auch zivile Entwicklung der Raumfahrt“, sagt Arne Sönnichsen vom Forschungsnetzwerk SichTRaum (Sicherheits- und Technikprozesse im Weltraum). Das All ist schon längst unerlässlicher Bestandteil der kritischen Infrastruktur: Ohne die rund 3400 Satelliten ginge inzwischen nicht mehr viel.

Verteidigung der kritischen Infrastruktur

„Diese Satelliten bieten Funktionen, die für die Menschen auf der Erde ganz entscheidend sind: Kommunikation, Navigation, Meteorologie“, sagt Prof. Dr. Götz Neuneck vom Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. Für eine stabile Verbindung sind beispielsweise TV- und Kommunikationssatelliten zuständig, aber auch Wetter-, Navigations-, und Erdbeobachtungsatelliten sind von enormer Bedeutung für den Alltag. „Menschen sind immer stärker abhängig von kritischer Infrastruktur im Weltraum. Wenn Satelliten ausfallen, bekommen die Menschen keine Signale, Bilder, Daten mehr.“ Auch für das Militär sind Satelliten unerlässlich. Etwa 25 Prozent aller Satelliten würden militärisch genutzt, sagt Neuneck. Sie werden etwa bei der Raketenabwehr, der Früherkennung von feindlichen Raketenstarts und zur Kommunikation der Streitkräfte eingesetzt.

Dass Deutschland im Weltraum operationsfähig bleibt, sei angesichts dieser Bedeutung äußerst wichtig, sagte Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer bei der Indienststellung. Damit werde der Schutz von Satelliten-Infrastruktur zur Kommunikation, Navigation und Meteorologie zur Aufgabe des Militärs. Kramp-Karrenbauer betonte aber auch, dass Weltraumoperationen für Deutschland immer defensiv seien.

Deutschland im internationalen Konfliktfeld

Während Deutschland einen Beobachtungsposten initiiert, entwickeln andere Staaten wie die USA „Counter-Space-Technologies“. Mithilfe von Antisatellitenraketen (ASAT-Raketen) soll es möglich werden, Ziele in der Umlaufbahn gezielt anzugreifen. Damit, so die Militärs, wolle man sich und seine Satelliten verteidigen. „Natürlich wird es nicht ausgesprochen, aber damit könnte man auch zurückangreifen“, sagt Sönnichsen. „Jeder rüstet Verteidigungstechnologien auf, aber irgendwer muss sie aktiv benutzen, wenn alle sich verteidigen wollen.“

Im Weltraumvertrag von 1967 einigten sich die Großmächte und zahlreiche andere Staaten darauf, dass der Weltraum allen Staaten zur friedlichen Nutzung zur Verfügung stehen soll. Kernwaffen oder andere Massenvernichtungswaffen dürfen nicht im All stationiert oder eingesetzt werden. Auch militärische Übungen auf dem Mond und anderen Himmelskörpern wurden verboten. „Man stelle sich nur vor, es würden nukleare Waffen um uns herum kreisen“, sagt Neuneck. Selbst für die USA und die Sowjetunion war dies undenkbar. Bis heute ist der Weltraumvertrag einer der wichtigsten Verträge für eine sichere Nutzung des Weltraums.

Für garantierten Frieden reiche dies aber nicht aus: „Es ist erlaubt, Waffen im Weltall zu stationieren oder vom Boden aus Satelliten anzugreifen”, sagt Neuneck. Die Volksrepublik China und die USA haben bereits ihre eigenen Satelliten abgeschossen. Dass Staaten potenziell fremde Satelliten angreifen können, ist daher ein reales Sicherheitsrisiko. Sollten tatsächlich Satelliten zerstört werden, „könnte das ein Auslöser sein für einen echten Krieg auf der Erde“, sagt Neuneck. „Das ist eine Lücke im internationalen Weltraumrecht, die bis heute nicht geschlossen ist.“

Eine Verkehrsordnung für den Weltraum

Das Weltall als Gemeinschaftsraum gleicht einem politischen Spannungsfeld, auf dem alle großen Nationen mitspielen wollen. Das geht nicht ohne Regeln. Dr. Jürgen Altmann, Vorsitzender des Forschungsverbunds Naturwissenschaft, Abrüstung und internationale Sicherheit, sieht etwa Deutschland und Europa in der Verantwortung, internationale Debatten über Gesetze im Weltall voranzubringen: „Es müsste eine internationale Regelungsbehörde geben, etwa unter der Aufsicht der UN, die unter anderem Lizenzen vergibt oder die Anzahl der Satelliten begrenzt“, sagt Altmann.

Außerdem brauche es Verkehrsregeln wie beispielsweise Abstandsregelungen zu Satelliten. Der Wissenschaftler nennt etwa einen Mindestabstand von einigen Dutzend Kilometern zwischen Satelliten. Wichtig sei aber vor allem ein internationales Verbot von Weltraumwaffen. Zwar hat die Abrüstungskonferenz in Genf ein Mandat, darüber zu verhandeln —  aus politischen Gründen und wegen grundsätzlicher Auffassungsunterschiede wichtiger Mitgliedsstaaten sei die leider seit Jahrzehnten gelähmt.

Immerhin auf eins konnten sich die Staaten bisher einigen: Die Himmelskörper können nicht einem einzelnen Staat angeeignet werden, sondern sie gehören der gesamten Menschheit.

Teaser-und Beitragsbild: Canva

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