Der Raum im All wird knapp: Das Problem mit Weltraumschrott

Ein Satellit des Raumfahrtunternehmens SpaceX in der Luft.

“Krieg der Sterne”: Viele denken dabei an Jedi-Ritter, leuchtende Laser-Schwerter, das galaktische Imperium und Bösewicht Darth Vader. Das Weltall ist aber nicht nur auf der Kinoleinwand Schauplatz für Auseinandersetzungen. Ganz ohne Weltraumschlacht und intergalaktische Verbündete verlegten vor genau 60 Jahren die beiden Mächte USA und UdSSR ihr Kräftemessen ins All.

Es ist der Beginn faszinierender Forschungen und bewegender Exkursionen im Kosmos − aber auch der eines immer größer werdenden Problems: Weltraumschrott. Es herrschte Kalter Krieg zwischen den beiden Staaten, als die Sowjetunion im Rennen gegen die USA am 12. April 1961 einen Meilenstein in der Raumfahrtgeschichte erreichte: Der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin flog als erster Mensch ins Weltall.

Da die Sowjets schon 1957 mit Sputnik 1 den ersten künstlichen Erdsatelliten ins All schickten, sahen die USA sich im Zugzwang, investierten enorm in Raumfahrtprojekte, um dann 1969 schließlich als erste Nation auf dem Mond zu landen. Die seit Beginn des Raumfahrtzeitalters bestehende Dominanz der zwei Mächte bei der Erforschung des Weltalls, endete erst im Jahr 1998 mit Beginn des Aufbaus der internationalen Raumstation ISS (International Space Station).

Entwicklungen im All: Private Unternehmen und Weltraumtourismus

Auch abseits von Forschungen der Raumfahrtbehörden gibt es neue Entwicklungen. Bereits 2001 reiste der amerikanische Unternehmer und Multimillionär Dennis Tito für mehrere Tage ins All − und zahlte dafür rund 20 Millionen Euro. Eine “Dragon-Raumkapsel” des privaten Raumfahrtunternehmens SpaceX flog im Zuge der ersten bemannten Raumfahrt eines privat entwickelten Raumschiffs von Mai bis August 2020 zur ISS. Das Unternehmen möchte in nicht allzu ferner Zukunft Menschen sogar zum Mars schicken.

Über 2.000 Satelliten schweben mittlerweile im All. Sie dienen der Kommunikation, der Beobachtung des Klimas, wissenschaftlichen, wirtschaftlichen oder technologischen Interessen. Und es werden immer mehr. So will SpaceX bis Anfang 2022 mindestens 1.600 weitere Satelliten ins All befördern, um weltweit flächendeckendes Internet zu gewährleisten. Trotz vieler Errungenschaften birgt die Forschung im Weltraum jedoch ein zentrales Problem. Je mehr menschengemachte Technologie in die Umlaufbahnen gelangt, desto größer wird auch die Menge an Weltraumschrott.

Satellitenfeind Nr. 1: Der Weltraum-Schutt

Der Müll im All hat viele Gesichter. Ausgediente oder funktionsuntüchtige Satelliten, Reste von startenden Raketen oder Werkzeug, welches Astronauten bei ihrer Arbeit versehentlich hinterlassen haben. Auch Lackteile oder Isolierstücke von Raumfahrzeugen oder Reste von Kühlmitteln gelten als “Space Debris”, also Weltraum-Schutt. Den Müll gibt es bereits seit Beginn des Raumfahrtzeitalters. Als Problem erkannt worden ist er für lange Zeit jedoch nicht. Wo sich Raumfahrtorganisationen und -unternehmen vorrangig auf technologisch-wissenschaftlichen Fortschritt oder militärische Machtdemonstrationen fokussierten, geriet die wachsende Anzahl an Weltraumschrott in den Hintergrund.

Mittlerweile lassen sich die laut ESA (European Space Agency) rund 8.000 Tonnen Schrott im Weltall jedoch nicht mehr ignorieren. Denn der Müll ist nicht mehr nur ein Problem, sondern regelrecht zur Gefahr geworden: Schon mit einer Größe von nur zehn Zentimetern kann er Millionen Euro teure Satelliten zerstören.

Grund dafür ist die ungeheure Schnelligkeit, mit der die Müllteile sich in den Umlaufbahnen bewegen. Bei einer Geschwindigkeit von zehn bis 14 Kilometern pro Sekunde sind sie schneller als eine Gewehrkugel. Treffen sie auf einen Satelliten, können sie diesen schwer beschädigen oder vollständig zerstören. Durch diese Zerstörung entstehen wiederum neue Trümmerteile, die ihrerseits auf Satelliten oder Weltraumschrott treffen können und durch weitere Kollisionen die Mülldichte im All erhöhen.

Der Kessler-Effekt
Diese Zunahme an kleinen und größeren Müllteilen im Weltall wird “Kessler-Effekt” genannt. Bereits 1978 warnte der amerikanische Astronom Donald J. Kessler vor einer Kettenreaktion an Kollisionen im All, welche die Raumfahrt aufgrund der Zunahme an Weltraumschrott für zukünftige Generationen gefährlicher machen würde.

Neben solchen Kollisionen stellen Explosionen ein sogar noch größeres Problem im Weltraum dar. Satelliten und andere Raumfahrzeuge haben eine begrenzte Nutzungsdauer. Oftmals ist aber unklar, was nach Ablauf ihrer Zeit mit ihnen passieren soll. Die Raumfahrzeuge beherbergen meistens jedoch noch übrig gebliebene Energie in Form von Treibstoff oder Batterien. Batterieausfälle führen dann häufig zu Explosionen im All, durch welche ebenfalls neue Trümmerteile entstehen.

Ausweichmanöver häufen sich: Der Platz wird eng im All

Dass Weltraumschrott ein ernst zu nehmendes Problem darstellt, ist spätestens seit dem Jahr 2009 bekannt. Damals entging die Crew der ISS nur knapp einem tragischen Unglück. Die Bodenstation warnte die Besatzungsmitglieder vor einer möglichen Kollision mit einem Stück Weltraumschrott. Raumstation und Trümmerteil rasten mit einer Geschwindigkeit von 50.000 Kilometern pro Stunde aufeinander zu. Die Crew rettete sich in Rettungskapseln, für ein Ausweichmanöver reichte die Zeit nicht aus, denn das Stück Schrott drohte in nur wenigen Minuten einzuschlagen. Aber die Astronauten hatten Glück: Das Trümmerteil flog an der ISS vorbei, ohne diese zu treffen. Der Vorfall hätte tödlich ausgehen können.

“Seit dem Ereignis haben wir mit einer Verdopplung der Ausweichmanöver im All zu tun.”

Einen Monat zuvor kam es bereits zu einer Satellitenkollision zwischen einem aktiven und einem nicht aktiven Satelliten. Resultat waren rund 3.000 neue messbare Trümmerteile, die als Weltraumschrott andere Raumfahrzeuge gefährdeten. Die Kollision ereignete sich in der Nähe einiger aktiver Satelliten der ESA.

“Seit dem Ereignis haben wir mit einer Verdopplung der Ausweichmanöver im All zu tun”, sagt Holger Krag, Leiter des ESA-Programms für Weltraumsicherheit, in einem Interview mit dem WDR. “Angesichts der stetigen Zunahme des Weltraumverkehrs müssen wir Technologien entwickeln und bereitstellen, die Präventionsmaßnahmen für Weltraummüll ausfallsicher machen”, erläutert Krag auf der Website der ESA.

Nachhaltige Weltraum-Forschung durch leere Tanks und Satelliten-Friedhöfe

Die europäische Raumfahrtbehörde arbeitet an Technologien zur Vermeidung von Kollisionen und plant für 2025 die weltweit erste Mission zur Beseitigung von Müll im Weltall. Die IADC (Agency Space Debris Coordination Committee) hat internationale Richtlinien für eine nachhaltige Erforschung und Nutzung des Weltalls entworfen. Nachhaltig entsorgte Raketen, geleerte Batterien- und Treibstofftanks und eine “Friedhofsbahn” für ausgediente Satelliten, auf welcher diese nicht mehr mit anderen Satelliten oder Trümmerteilen kollidieren können, sollen helfen, das Problem Weltraumschrott in den Griff zu kriegen.

Gelingt das nicht, wird die Mülldichte im All irgendwann zu hoch, was verheerende Folgen für die Raumfahrt hätte: Die Erdumlaufbahn kann dann vorerst keine neuen Satelliten oder Raumfahrzeuge mehr aufnehmen.

Beitragsbild:  SpaceX on Unsplash

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