Kommentar: Sebastian Vettel setzt Zeichen gegen Klimawandel – dabei sollte das nicht seine Aufgabe sein

Sebastian Vettel Aston Martin

Der deutsche Formel 1-Rennfahrer Sebastian Vettel setzt schon seit einiger Zeit bei Rennen immer wieder politische Statements. In Ungarn lackierte er 2021 seinen Helm in Regenbogenfarben. Während der Saison 2022 prägt die ukrainische Flagge gemeinsam mit der Friedenstaube seinen Kopfschutz. In Miami setzt er sich für den Klimaschutz ein. Wichtige Statements, die aber vor allem das Handeln der Formel 1 in Frage stellen. KURT kommentiert:

Zum ersten Mal fand am vergangenen Wochenende ein Formel 1-Rennen in Miami statt. Promis, Glamour und Glitzer pur. Im Mittelpunkt: Wieder einmal der deutsche Rennfahrer Sebastian Vettel, der zum wiederholten Male ein Statement für den Umweltschutz setzt – und dabei auch die Formel 1 in die Verantwortung nimmt. Eigentlich nicht die Aufgabe der Fahrer, sondern der Formel 1, die große Töne spuckt und doch wenig Taten folgen lässt.

Die Formel 1 hat eine Ökobilanz, die wahrlich zum Fürchten ist. Grade in Zeiten von Umweltschutz-Organisationen wie “Fridays for Future” und dem globalen Problem des Klimawandels bietet das natürlich eine Menge an Diskussionsstoff. Aber wie viel stößt die Formel 1 denn nun wirklich aus? Im Jahr 2019 betrug der CO2-Ausstoß unglaubliche 256.551 Tonnen. Wow! Zum Vergleich: Im gleichen Jahr hatte eine Person in Deutschland durchschnittlich einen Ausstoß von 7,9 Tonnen.

Der deutsche Rennfahrer und vierfache Formel-1-Weltmeister  Sebastian Vettel setzt deshalb auch immer wieder Zeichen für den Klimaschutz. Zuletzt in Miami. Dort trug Vettel zunächst ein T-Shirt mit der Aufschrift “Miami 2060 – 1st Grand Prix under water. Act now or swim later”. Extra für das Rennen trug er dann auch einen speziellen Helm mit gleicher Botschaft.

Klingt natürlich erstmal sehr ironisch. Klar, ein Mensch, der einen der umweltschädlichsten Jobs hat, macht auf einmal für den Klimaschutz Werbung. Hört sich an wie ein schlechter Witz. Im Netz erhält er dafür auch genügend Kritik. Dennoch macht Vettel hier einen wichtigen Schritt – er nutzt seine Reichweite. Er hat die Möglichkeit, viele Leute zu erreichen und nutzt diese. Dabei muss er sich von Kritikern auch anhören, dass er ja zurücktreten könne, wäre er konsequent. Aber warum? Wo ist der Sinn dahinter? Würde Sebastian Vettel zurücktreten, wäre lediglich jemand anders an seiner Stelle. Der CO2-Ausstoß würde dadurch aber nicht verringert, lediglich übertragen werden. Er wäre also noch da.

Und dann haben wir da irgendeinen neuen Rennfahrer, der dann eben unter anderem Namen die gleiche Verpestung betreibt, aber seine Reichweite nicht nutzt. Denn neue Fahrer müssen sich erst einmal etablieren, bevor sie auch mal anecken dürfen. Da ist doch so ein Vettel, der sich für die Sache einsetzt, deutlich Wirkungsvoller.

Zu wenig Einsatz seitens der Formel 1

Die eigentliche Frage ist doch, wieso muss sich überhaupt ein Fahrer dafür so stark machen? Sollte das nicht von der Formel 1 aus geschehen? Immerhin gibt es ja das Nachhaltigkeitskonzept bis 2030.

Klar, die Formel 1 zeigt Ansätze für eine nachhaltigere Zukunft. Ab 2026 soll beispielsweise mit Öko-Treibstoff gefahren werden. Nur unglücklich, dass die Rennen nach wie vor nur 0,7% der Emissionen ausmachen. Die Logistik und die Reisen machen mit 45 % und 27,7 % den Großteil des ganzen Schauspiels aus. Und grade bei den Reisen sollte sich doch simpel die kleinstmögliche Kilometerzahl machbar sein. Eigentlich will die Formel 1 ihre Rennen auch immer von Kontinent zu Kontinent abhalten, auch um die Teams und Fahrer mit Stress zu entlasten. Ein Blick auf den Rennkalender bringt da allerdings nur Kopfschütteln.

Grade das aktuellste Rennen in Miami wirft da Fragezeichen auf. Das Rennen zuvor fuhren die Boliden in Imola beim Grand Prix der Emilia-Romagna. Jetzt Miami. Danach zurück nach Spanien. Sinn? Fehlanzeige. Eine einfache Möglichkeit die Emissionen zu verringern, wird hier aus nicht ersichtlichen Gründen über Bord geworfen.

Im Juni und im Juli wiederholt sich das Fiasko dann quasi 1:1. Erst das Rennen in Baku, Aserbaidschan, anschließend nach Kanada, um in Anschluss erneut zurück nach Europa zu reisen und in Silverstone zu fahren. Grade diese Übersee-Rennen nur vereinzelt auszutragen, ist verantwortungslos und naiv. Zudem heuchlerisch. Und auch zu Beginn der Saison von Saudi-Arabien nach Australien, um dann nach Imola zu reisen, damit der Saisonabschluss dann wieder im Nahen osten in Abu Dhabi stattfindet. Ebenfalls eine fragliche Rennansetzung.

Große Ankündigungen, aber wenige Taten

Es sind doch so einfache Lösungen, um zumindest der Kampagne etwas Glaubwürdigkeit zu schenken. Dass die Formel 1 im Nachhaltigkeits-Ranking der FIA (Internationaler Automobilverband) nach der Formel E auf dem zweiten Rang steht, ist dann doch überraschend. Allerdings wird auch dort vor allem hervorgehoben, dass sich die Formel 1 das Ziel setzte, bis 2030 klimaneutral zu sein. Richtige Taten lassen aber noch auf sich warten.

Zur Nachhaltigkeit zählt zudem nicht nur die Umwelt. Nachhaltigkeit setzt sich aus den Faktoren Ökologie, Ökonomie und Soziales zusammen. Und bei einem weiteren Blick auf den Rennkalender ist die Formel 1 im Punkt Soziales kläglich gescheitert. Bahrain, Saudi-Arabien, Aserbaidschan, Ungarn, Abu Dhabi. Alles Staaten, in denen Menschenrechte teils nicht beachtet sind oder mit Füßen getreten werden.

Die Formel 1 hat also noch einige Baustellen, an denen sie arbeiten muss. Da ist sind die Statements von Sebastian Vettel grade recht, denn diese richten sich nicht nur an die Gesellschaft, sondern auch wahrscheinlich auch an die Formel 1 direkt. Ein wichtiger Denkanstoß, den die Rennserie auch braucht, ansonsten dürfte die Kritik an dem Sport wohl immer lauter und deutlicher werden. Es bleibt abzuwarten, ob den Worten der Formel 1 nun auch endlich Taten folgen werden. Nur zu warten, bis die Kritik – die in Person von Vettel nun auch schon aus den eigenen Reihen kommt –  noch lauter wird, reicht da nicht.

 

Beitragsbild: randomwinner by Pixabay

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