Landwirtschaft, Nahrungsmangel, Windräder: Viele Vogelarten sind gefährdet. Das alarmiert Expert*innen. Wie besorgniserregend ist die Entwicklung?
Auf den deutschen Feldern gibt es immer weniger Vögel. Laut Informationen des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) sind 43 Prozent der deutschen Brutvogelarten gefährdet. „Es sind sehr viele Arten betroffen. Ganz besonders betroffen sind in unserer Region Feldvögel und Fernzieher, die bei uns brüten, aber in Afrika überwintern”, sagt Erich Kretzschmar, Vogelexperte beim Dortmunder NABU. In ganz Europa ist der Vogelschwund ein Problem. Eine britische Studie hat ergeben, dass es 1980 noch 600 Millionen Vögel mehr in Europa gab als heute. Das sei ein Rückgang um 18 Prozent. Doch woran liegt das?
Vögel sind Teil eines Netzes
Es betrifft auch uns, wenn es weniger Vögel gibt. Sie haben einen wichtigen Platz im Ökosystem. Vögel verbreiten Samen und fressen Insekten. Außerdem seien sie Teil eines großen Geflechts. „Wir sprechen von einem sogenannten Netz, zum Beispiel ein Nahrungsnetz. Jede Art ist ein Knoten in diesem Netz und wenn man den Knoten aufschneidet, wird das Netz immer löchriger. Bis es eben kein Netz mehr ist, sondern völlig zerfällt“, sagt Kretzschmar. Die Gründe für den Vogelschwund seien vielseitig, unterschiedliche Faktoren greifen ineinander. Vor allem eine Ursache nehme den Vögeln immer mehr Lebensraum.
Landwirtschaft ist Hauptfaktor
Die Landwirtschaft ist laut Kretzschmar ein großes Problem. Die sei in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter ausgebaut worden. Viele Vögel fänden deshalb keine Brutplätze mehr. Sie haben immer weniger Rückzugsgebiete und Nahrung. Denn auch die Hauptnahrungsquelle der meisten Vogelarten, die Insekten, hätten es schwer. Es herrsche ein großes Insektensterben und darunter leiden die Vögel.
Vogelschwund nicht gleich Vogelsterben
Dass viele Vögel sterben, sei nicht das Hauptproblem, so der Experte. Vor allem würden sich Populationen verringern, weil es immer weniger Jungtiere gebe. Dadurch wirken sich Vogeltode dramatischer aus – beispielsweise beim Vogelzug. Der sei eine natürliche Todesursache für viele Vögel. „Wenn dann aber dazukommt, dass sie zum Beispiel durch das Insektensterben nicht so viele Junge haben, dann ziehen schonmal weniger Vögel“, sagt Kretzschmar. Ein gefährlicher Kreislauf.
Katzen, Windräder und Krankheiten
Neben der Landwirtschaft gebe es noch andere Gründe, die für den Vogelschwund verantwortlich sind. Hauskatzen töten in Deutschland laut dem World Wildlife Found bis zu 200 Millionen Vögel im Jahr. Dass es immer mehr Windräder gibt, bedrohe vor allem einzelne Raubvogelarten, was große Auswirkungen auf die Bestände habe. Neue Krankheiten könnten zwar viele Vögel töten, oft erhole sich der Bestand danach aber wieder. Auch Unfälle im Straßenverkehr, an Glasscheiben oder mit Stromleitungen töten einige Vögel. Hier gilt aber ebenfalls: Solange es genug Jungtiere gebe, wären Populationen nicht in Gefahr.
Aufgeräumte Gärten als Lösung?
So schwierig es ist, die Gründe für den Vogelschwund auszumachen, so schwierig ist es auch, Lösungen zu finden. Erich Kretzschmar glaubt aber, dass auch Einzelpersonen dem entgegenwirken können. „Leute, die einen Garten haben, sollten auf Pestizide im Garten verzichten. Sie sollten den Garten nicht so aufgeräumt haben und sollten heimische Pflanzen haben“, sagt der Vogelexperte. Es sei wichtig, sich umweltbewusst zu verhalten.
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