Einsamkeit wird oft mit älteren Menschen assoziiert. Doch auch die jüngere Generation ist davon immer stärker betroffen – nicht nur zu Hochzeiten der Pandemie.
Mitte Oktober 2020 – das Coronavirus grassiert, verstärkte Kontaktbeschränkungen drohen, die Uni findet wenn möglich aus dem Homeoffice statt. Zu dieser Zeit fühlt sich die Hälfte aller 18-24-Jährigen einsam, das ergibt eine Studie des Meinungsforschungsinstituts YouGov. Doch auch in den zwei Jahren darauf legen weitere Studien nahe: Einsamkeit ist zu einer der prägendsten Erfahrungen junger Menschen geworden.
Bei Studierenden könnte sich das Gefühl von Einsamkeit manifestieren, glaubt Anna Lips, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozial- und Organisationspädagogik der Universität Hildesheim. Soziale Kontakte seien ein hochrelevanter Faktor des Studierens.
Im Rahmen der Studienreihe Stu.diCo der Universitäten Hildesheim und Münster hat Lips von Juni 2020 bis Juli 2022 untersucht, wie sich die Pandemie auf den Studienalltag auswirkt. „Für viele Studierende war es nicht nur schwer, Kontakte zu knüpfen“, sagt Lips. „Auch bereits bestehende Kontakte aufrecht zu erhalten stellte eine Herausforderung dar.“ Zwar nahm das Gefühl von Einsamkeit bei den Studierenden mit der Rückkehr zur Präsenzlehre an den Universitäten ab. Doch auch im Juli 2022 stimmten noch insgesamt über die Hälfte aller Befragten zu, sich „eher“ oder „voll“ beziehungsweise „teils/teils“ einsam zu fühlen.
Außerdem gaben 37 % der Studienteilnehmer*innen an, Personen zu vermissen, bei denen sie sich wohlfühlen. „Die Pandemie hat unser zwischenmenschliches Miteinander verändert“, sagt Anna Lips.
Die Forscherin hat auch an der Studienreihe JuCo mitgearbeitet, die unter anderem Einsamkeitserfahrungen junger Menschen zwischen 15 und 30 Jahren während der Pandemie betrachtet. Laut dem dazugehörigen Bericht kann Einsamkeit entstehen und sich verfestigen, wenn Menschen „vorübergehend oder dauerhaft ihre sozialen Bedürfnisse nach Kontakt und Zugehörigkeit nicht erfüllen können.“ Dabei ist die Qualität sozialer Kontakte meist wichtiger als die Quantität.
Junge Menschen unter 30 Jahren leiden am stärksten unter Einsamkeit während der Pandemie. Das belegen aktuelle Daten des sozioökonomischen Panels, einer repräsentativen Befragung deutscher Privathaushalte. Doch Einsamkeit wird nicht nur durch die Pandemie begünstigt. Diana Kinnert, Autorin des Buches „Die neue Einsamkeit“, hält etwa das neoliberale Wirtschaftssystem für mitschuldig. Dieses setze auf Wettbewerb statt Gemeinschaft und führe so zur Vereinzelung der Gesellschaft. Auch die sozialen Medien können jungen Menschen das Gefühl geben, einsam zu sein: viele Freunde in der virtuellen Welt bedeuten nicht unbedingt viele Freunde im echten Leben, und scheinbar perfekte Lebensdarstellungen auf Instagram und Co. können das Selbstwertgefühl mindern.
Laut der Studie JuCo ist außerdem nur wenig erforscht, wie einsam sich Menschen fühlen, die regelmäßig soziale Kontakte pflegen. Denn einsam kann man auch in Gesellschaft sein, zum Beispiel wenn Beziehungen oberflächlich sind und eine innere Verbundenheit mit anderen Menschen fehlt. Dann fühlt man sich schneller nicht zugehörig und weniger gut aufgehoben.
Das können Betroffene tun
Ihr fühlt euch von Einsamkeit psychisch belastet? Dann gibt es diverse Hilfsangebote, auch speziell für unter-25-Jährige:
Außerdem helfen vielleicht ein paar Tipps von Studierenden, wie man leichter Leute kennenlernt:
Foto: KURT/Katarina Machmer