Fischerei und Fischzucht sind nicht immer nachhaltig. Deshalb spezialisiert sich das Wiener Start-up Revo auf veganen Fisch aus dem 3D-Drucker. Ein Experte für Meeresökologie sagt: Die Idee sei gut. Das Meer weiter nachhaltig zu nutzen, mache dennoch Sinn.
Lachs gehört zu den beliebtesten Speisefischen in Europa. Die Nachfrage nach Fisch hat sich seit 1961 pro Kopf mehr als verdoppelt, das hat die Food and Agriculture Organization of the United Nations (FAO) herausgefunden. Ein Großteil dieser Fische stammt aus Aquakulturen. Das Start-up Revo aus Wien geht einen anderen Weg. Der Lachs von Revo besteht aus Erbsenprotein, Algenextrakt, Leinsamen- und Rapsöl sowie Gewürzen. Seit 2021 verkauft das Unternehmen Räucherlachs, marinierten Lachs und verschiedene Aufstriche, allesamt vegan.
Das Unternehmen wirbt mit einer besonders ressourcenschonenden Herstellung, die nach eigenen Angaben 86 Prozent CO2 und 95 Prozent Frischwasser einspart – verglichen mit der Zucht von herkömmlichem Lachs. 8000 Lachse will Revo so bereits symbolisch gerettet haben. 2021 hat allein Norwegen 1,4 Millionen Tonnen Lachs exportiert. Im Vergleich dazu ist die Zahl von Revo verschwindend gering. Für das Unternehmen ist jedoch jeder gerettete Fisch ein Erfolg, sagt der Geschäftsführer Robin Simsa. Seine Einstellung ist klar: „Wenn man so konservativ argumentiert, braucht man überhaupt nicht anfangen, etwas Neues anzustoßen.“
Konstruiertes Problem oder falsche Ursache?
Revo suggeriert auf der Homepage, dass Fischverzehr und Überfischung zusammenhängen, beides würde zum Aussterben ganzer Arten führen. „Dieser Argumentation kann ich nichts abgewinnen“, sagt Reinhold Hanel, Leiter des Thünen-Instituts für Fischereiökologie in Bremerhaven. „Der Großteil der Fischereiprodukte, die in Deutschland verkauft werden, stammt aus zertifizierter Fischerei oder aus Aquakulturen, also aus Aufzucht unter kontrollierten Bedingungen. Die Überfischung einzelner Fischbestände oder Arten ist also kein grundsätzliches Argument, um auf Fisch zu verzichten“, sagt Hanel, „sondern es geht für Verbraucher darum, ihre Kaufentscheidung sehr bewusst zu treffen.“
Überfischung bleibe ein weltweites Problem, das aber regional unterschiedlich stark ausgeprägt sei. Dies gelte auch für einige Wildlachsbestände, die aber vor allem unter Lebensraumverlust und der globalen Erwärmung litten. „Aquakultur bietet einige Vorteile gegenüber der Fangfischerei, ist aber wie jede Form der Lebensmittelproduktion nicht völlig frei von Umweltwirkungen“, sagt Hanel. Aus diesem Grund stehen vor allem Lachszuchten teilweise in der Kritik. Mit Umweltwirkungen gemeint sind hier vorallem Parasiten, die Zuchtlachse auf Wildlachse übertragen können oder Futterreste und Ausscheidungen, über die zu viele Nährstoffe ins Wasser gelangen. Laut Hanel werde aber an Lösungen gearbeitet.
Zu viele Erdenbewohner*innen haben Hunger
Die Botschaft von Revo lautet: „Fische sind unsere Freunde, denen wir erlauben wollen, frei im Meer zu schwimmen. Wie der Film „Free Willy“ in Real Life!“ Dem hält Reinhold Hanel entgegen: „Wir haben im November 2022 eine Weltbevölkerung von acht Milliarden Menschen erreicht. Daher können wir Fisch als nachhaltig nutzbare Nahrungsquelle keinesfalls ausschließen.“
Im Sommer 2022 warnte die FAO vor einer sich zuspitzenden Lebensmittelknappheit auf der Welt. „Lebensmittel aus dem Meer und aus Binnengewässern sind in vielen Teilen der Welt essentielle Grundnahrung. Ein Verzicht wäre daher unvorstellbar.“, erklärt Hanel. Aus ethischen Gründen auf Fisch und Fleisch zu verzichten, findet der Experte absolut nachvollziehbar. Menschen entschieden sich aus sehr unterschiedlichen Gründen für eine vegetarische oder vegane Ernährung, aber global gesehen fehlten oft rein pflanzliche Alternativen.
Kein Verzicht, nur mehr Alternativen
Laut Hanel sind Unternehmen wie Revo dennoch wichtig. „Neue Lebensmittel, wie veganer Fisch, bieten Verbrauchern Alternativen.“ Insgesamt den Anteil an tierischen Produkten zu reduzieren, liege im Trend. „Lachs aus nachhaltiger Zucht und vegane Fischalternativen können meiner Meinung nach einwandfrei koexistieren“, sagt er. Auf Nachhaltigkeit achten, könnten Konsument*innen indem sie Meeresprodukte mit entsprechenden Labels kaufen. Im Grundsatz sind Reinhold Hanel und Robin Simsa sich also einig. Hanel schließt mit: „Jeder solle sich so ernähren dürfen, wie er möchte.“ Und Simsa betont: „Wir wollen keinen Verzicht predigen, sondern Alternativen schaffen.“
Beitragsbild: Revo Foods GmbH/Nike Farag