Statt Getreide bekommen einige Küken in Deutschland seit Kurzem ein alternatives Futtermittel. Ein deutsches Start-Up züchtet für den Nachwuchs im Hühnerstall lebendige Würmer. Und die haben auch eine wichtige Funktion für die menschliche Ernährung.
Ein Düsseldorfer Start-Up möchte dafür sorgen, dass Hähnchenfleisch weniger Antibiotika enthält. Dafür züchtet es Würmer ohne Krankheitserreger und verfüttert diese an die Küken. So will es die Gesundheit der Tiere verbessern.
Das Start-up führt so einen natürlichen Prozess fort: Ein Huhn frisst Würmer. So ist es in der Natur. Dort gibt es aber auch Krankheitserreger, gegen die viele Landwirt*innen Antibiotika verwenden. Je öfter sie diese Medikamente einsetzen, desto mehr Resistenzen entwickeln sich auch bei Menschen. Schließlich landet das Fleisch der Tiere bei uns auf dem Teller.
„Wir sind eine besonders natürliche Lösung“
Die Würmer von Corbiota sollen helfen. Das erzählt Pascal Heithorn, Co-Gründer und Kommunikator des Start-ups: „Wir schauen, dass wir etwas für die Ernährung des Huhns und gleichzeitig etwas für seine Bewegung tun. Wir haben also quasi eine All-In-Lösung.“ Die Würmer sollen die Küken agiler, stärker und vor allem gesünder machen. Dadurch verbessere sich auch das Tierwohl, versichert Heithorn. Laut Angaben des Unternehmens wachsen die Küken durch das Füttern schneller und vor allem die Ausschussrate beim Schlachten sinkt signifikant. Das steigere auch den Vorteil für Mäster in der konventionellen Hühnerproduktion erheblich.
Mehr Aufwand für den Mäster
Die Würmer vermehren sich in der Produktionsstätte von Corbiota von selbst und legen Kokons, aus denen nach wenigen Wochen neue Würmer schlüpfen. Diese werden dann so ernährt, dass sie alle Mikroorganismen in sich tragen, die dabei helfen, die Gesundheit der Hühner zu verbessern. Dann verschickt Corbiota die Würmer in einem Gemisch mit Futter an den Mastbetrieb. In diesem Substrat sind die Würmer zwei bis drei Wochen haltbar. So beschreibt es Heithorn. „Das Gute ist, dass sich ein Regenwurm in der Dunkelheit, wenn er in Ruhe gelassen wird, am wohlsten fühlt“, sagt der Gründer.
Ungefähr alle acht Wochen bekommen die Landwirt*innen eine Lieferung mit Würmern. Etwa genauso lange dauert ein Mastzyklus bei den Hühnern. Die Mastbetriebe müssen die Würmer in den ersten fünf Lebenstagen der Küken täglich verfüttern. Und das nach aktuellem Stand noch per Hand. Das ist laut Heithorn kein großes Problem: „Der Hühnermäster macht sowieso Kontrollgänge in seinem Stall, deswegen ist das nicht so wahnsinnig aufwändig.“ Corbiota teste außerdem gerade, ob sich die Fütterung von fünf Tagen auf einen Tag reduzieren lasse. Eine automatisierte Lösung statt der händischen Fütterung sei zu teuer: „Das würde sich für einen Mäster mit zehntausend Hühnern nicht lohnen. Da müsste man mit deutlich größeren Ställen sprechen.“
Hühner sind erst der Anfang
Corbiota hat deutschlandweit aktuell ungefähr zehn Kund*innen und darf das Futtermittel offiziell verkaufen. Das Start-up testet die Wurm-Methode weiterhin. Zusätzlich zu den Ställen, in denen Küken die Würmer bekommen, gibt es einen Kontrollstall mit Hühnern, die herkömmliches Futter bekommen. „Wir schauen anhand der Exkremente, wie sich die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Huhn verändert hat“, erklärt Heithorn.
In diesem Jahr will die Firma weiter wachsen. Geplant sind der Aufbau einer zweiten, größeren Forschungsfarm, die Ausweitung in Deutschlands Nachbarländer und vor allem Fortschritte in der Anwendung mit anderen Tieren. „Es gibt schon erste vielversprechende Tests mit Puten und Schweinen“, sagt Heithorn.
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