Nach dem Bachelor folgt der Master – Pflicht oder Unsicherheit?

Der Bachelor – das “Turbo-Studium”: drei Jahre studieren, danach in das Berufsleben. Eher Wunschdenken. Zumindest einer aktuellen Studie zufolge wollen sich nur zwölf Prozent der Studierenden an deutschen Hochschulen mit dem Bachelor-Abschluss einen Job suchen. 

Komisch, denn nach der Bologna-Reform sollte der Bachelor eigentlich Regelabschluss für Studierende sein. An den Universitäten und Fachhochschulen zeigt sich jedoch ein gänzlich anderes Bild: Die Untersuchung der Universität Maastricht zeigt, dass vier von fünf Nachwuchsakademikern einen Master oder einen noch höheren Abschluss machen möchten. Dazu wurden deutschlandweit 41.000 Studierende befragt.

Bologna-Reform
Die Bologna-Erklärung wurde im Jahr 1999 von den europäischen Bildungsministern vereinbart. Demnach sollte bis 2010 ein gemeinsamer Hochschulraum geschaffen werden, der Europa zusammenwachsen lässt.

Die bedeutendste Maßnahme in Deutschland war 2002 die Umstellung des Diplom-Studiums auf ein zweistufiges, international bekanntes Studiensystem – der Bachelor und der Master. Auch neue Studienfinanzierungsmöglichkeiten wurden geschaffen.

Darüber hinaus müssen neue Studiengänge durch Agenturen akkreditiert und in regelmäßigen Qualitätsprüfungen standhalten. Die Qualitätssteigerung gehört neben kürzeren Studienzeiten, höheren Erfolgsquoten, internationaler Konkurrenzfähigkeit und Mobilität für die Studierenden zu den Kernzielen der Bologna-Reform. 

“Viele Studierende sind der Meinung, dass der Bachelor für die Jobsuche zu wenig ist und hängen den Master an”, bestätigt Matthias Jaroch, Sprecher des Deutschen Hochschulverbands in Bonn. Der Gedanke sei gar nicht so falsch – im Master könne man sich vertieft mit dem Fach auseinandersetzen. Das würde die Chance erhöhen, einen Job zu finden.

Dr. phil. Matthias Jaroch vom Deutschen Hochschulverband. Foto: Till Eitel/eyetill.com

Wir wollen eine bestmögliche wissenschaftliche Ausbildung für die Studierenden!

Außerdem sei auch ein Auslandaufenthalt in der kurzen Studienzeit kaum möglich – trotz der Änderung von Hochschulen, die Regelstudienzeit ausdehnen zu können. Und dabei sei die Europa-Mobilität eines der wichtigsten Ziele der Bologna-Reform gewesen. Der Hochschulverband fordert daher den Master als Regelabschluss.

Die Wirtschaft ist in diesem Punkt auf einer Wellenlänge mit dem Hochschulverband. Eine Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) ergab, dass mehr als die Hälfte aller befragten Unternehmen mit den Fähigkeiten eines Bachelor-Absolventen unzufrieden sind. Besonders die geringe Anwendungsorientierung sowie fehlende persönliche und soziale Kompetenzen werden kritisiert.

Bologna-Reform nicht vollständig finanziert

Als größtes Problem sieht Jaroch die Finanzierung. Die Reform sollte damals dazu beitragen, kleinere Lerngruppen zu schaffen – dazu brauche man ausreichend Lehrpersonal: “In NRW ist das Verhältnis von Studierenden zum Lehrpersonal 1 zu 90 – die schlechteste Quote bundesweit.”

Problemorientiertes Lernen benötige mehr Lernbegleiter, sagt auch Christiane Konegen-Grenier vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln und zuständig für die Hochschulpolitik. Durch die Abschaffung der Studiengebühren fehle den Hochschulen schlicht das Geld.

In einem anderen Punkt muss sie allerdings widersprechen: “Auch mit dem Bachelor haben Studierende gute Berufschancen. Der Abschluss wird gut akzeptiert. Außer in der Forschung und vielleicht als Finanzmathematiker in einer Bank – da ist ein Master nötig.” Im Ergebnisbericht zur Unternehmensbefragung 2014 des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln werden Bachelor-Absolventen tatsächlich gute Chancen eingeräumt:

Die kurze Studienzeit sei nicht das Problem der Reform, meint Konegen-Grenier. Da problemlos Semester angehängt werden können, seien Praktika und Auslandsaufenthalte möglich.

Allerdings sei die Zweistufigkeit des Studiensystems nicht gut umgesetzt – die eigentliche Idee gehe verloren. “Nach dem Bachelor-Abschluss sollten die Studierenden direkt in die Praxis. Nach ein paar Jahren Erfahrung sollten sie dann bei Interesse oder für die berufliche Weiterbildung den Master machen – berufsbegleitend.” Neben der flexiblen Arbeit in Vollzeit stünden Seminare abends und am Wochenende an.

Christine Konegen-Grenier vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Foto: IW Köln

Lediglich 5,3% der Studiengänge an den öffentlichen Hochschulen in Deutschland sind berufsbegleitend.

Und diese seien meist zu teuer – momentan gebe es wohl Überlegungen, diese preiswerter zu gestalten aber noch hielten sich die Preise. Einige Unternehmen nehmen sogar Geld in die Hand und unterstützen ihre Bachelor-Mitarbeiter. Die Mehrheit der Studierenden hängt jedoch aufgrund ihrer Unsicherheit nach dem Bachelor direkt einen Master dran.

TU Dortmund bietet gespaltenes Bild

Für Marion sind die Jobchancen ein überzeugendes Argument, aber Vivien ist sich gar nicht sicher, ob sie überhaupt Lust hat, so lange zu studieren.

Die Entscheidung, nach einem Bachelor-Abschluss noch einen Master anzuhängen, ist letztendlich jedem Studierenden selbst überlassen. Studiert man nicht gerade ein Fach im Bereich Forschung oder will später als Analyst bei einer Bank oder Versicherung arbeiten, kann man sich auch selbstbewusst mit einem Bachelor bewerben – vorausgesetzt man hat genug praktische Erfahrungen.

Beitragsbild: Daniel Ullrich/flickr.com, lizenziert nach CC.

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