Tausende Kilometer von zu Hause entfernt, mitten im Eis und mit 24 Stunden Sonne – so verbringen die Forscher auf der Forschungsstation Neumayer III ihr Weihnachtsfest. Die Einrichtung des Alfred-Wegener-Instituts für Polar- und Meeresforschung befindet sich in der westlichen Antarktis und ist ganzjährig besetzt, auch über die Feiertage. Ursula Schlager ist Geophysikerin auf Neumayer III und lebt dort bereits seit einem Jahr. Es ist ihr erstes Mal – sowohl auf der Station als auch in der Antarktis. Per Satellitentelefon erzählt sie, wie die Feiertage auf der Forschungsstation ablaufen.
Frau Schlager, wie fühlt es sich denn an, Weihnachten so weit weg von zu Hause zu verbringen?
Natürlich vermisst man Familie und Freunde, aber man tauscht das natürlich gegen eine ganz besondere Umgebung und ein besonderes Erlebnis ein. Man lernt ganz viele neue Menschen und Freunde kennen. Und wenn ich die zu Hause sehr vermisse, dann telefoniere ich mit ihnen, das hilft dann auch. Im Moment ist es aber nicht einsam, denn gerade in der Sommersaison sind ganz viele Wissenschaftler da.
Wird denn auch über die Feiertage geforscht?
Ja, die Daten müssen jeden Tag erhoben werden. Ich betreue mit einem Kollegen das geophysikalische Observatorium. Wir beschäftigen uns einerseits mit Seismologie, das heißt wir werten täglich Daten zu Erdbeben aus. Wir können sogar herausfinden, wo genau diese stattgefunden haben. Die Daten gehen dann ins nationale Datenarchiv nach Potsdam und in weltweite Erdbebenkataloge ein. Auf der anderen Seite machen wir Messungen des Erdmagnetfeldes.
Und die Polargebiete eignen sich besonders für die Erhebung solcher Daten?
Einerseits geht es natürlich darum, das weltweite Netz abzudecken, um eine bessere Datenqualität zu haben. Andererseits hat sich gezeigt, dass zum Beispiel gerade auf Beben in der South-Sandwich-Region (Gebiet um eine Inselkette im subantarktischen Südatlantik)* andere Erdteile besonders sensibel reagieren.
Sie waren ja schon letztes Jahr über Weihnachten auf der Station. Gab es eine Feier?
An Heiligabend gab es ein schönes Abendessen. Als Vorspeise gab es Kürbissuppe, dann Gans mit Klößen und Rotkohl und zum Abschluss einen Nachtisch. Im Anschluss haben sich alle in der Lounge versammelt. Die ist wie eine Art großes Wohnzimmer mit Kicker, Billardtisch und einer Bar. Da haben wir den Abend dann ausklingen lassen. Am Tag vorher haben Kollegen einen Plastik-Weihnachtsbaum aufgestellt und geschmückt. Am Vormittag von Heiligabend war noch normale Routine, am Nachmittag hatte man dann aber Zeit, sich für das Abendessen schön zu machen.
Gibt es denn schon Pläne für dieses Jahr?
Ich habe gefragt, aber die gibt es wohl noch nicht. Das wird immer spontan entschieden. Schließlich gibt es auch jedes Jahr einen anderen Koch und es hängt davon ab, worauf der Koch Lust hat. Und natürlich auch, worauf die Menschen hier spontan Lust haben. Schließlich wechselt auch die Belegschaft jedes Jahr.
Kommen denn auch Päckchen von Angehörigen bis in die Antarktis?
Geschenke kommen eher nicht. Wenn, dann nehmen die Leute sie anfangs im Koffer mit. Schließlich ist es wichtiger, dass uns die Sachen erreichen, die wir für Wissenschaft und Technik brauchen und damit ist das Schiff dann normalerweise schon voll. Man hat allerdings die Möglichkeit, hier in der Werkstatt etwas zu basteln, das machen auch manche. Allerdings wäre es dann bei 40-50 Wissenschaftlern schon wieder schwierig, jedem etwas zu machen.
Ist es denn schön, eine Garantie für weiße Weihnachten zu haben oder hängt einem der Schnee irgendwann zum Hals heraus?
Es ist sogar sehr schön, eine Garantie für weiße Weihnachten zu haben. Immer wenn man rausschaut, sieht es total schön aus und der Himmel leuchtet in den wunderschönsten Farben. Die Sonne ist schließlich den ganzen Tag über dem Horizont, da wird man dann auch nicht so schnell müde.
Kommt überhaupt Weihnachtsstimmung auf, wenn die Sonne den ganzen Tag nicht untergeht?
Das schon, aber nicht wie zu Hause, sondern auf eine ganz andere Art und Weise. Das ist aber auch gut so, denn dann vermisst man sein Zuhause nicht so und kann das Fest hier auf ganz andere Art und Weise genießen. Wir machen es uns dann unter den Forschern schön, nehmen uns ein bisschen mehr Zeit.
Was war denn Ihr schönster Weihnachtsmoment bis jetzt?
Das war ehrlich gesagt gestern Abend. Da haben wir die spontane Entscheidung getroffen, Kekse zu backen. Zuerst wollten wir eigentlich nur so zwei Sorten machen, aber dann ging das immer weiter und jeder wollte noch etwas ausprobieren und am Ende haben wir dann ganz viel gemacht.
Auf Weihnachten folgt ja Silvester. Feiert man das auf der Station auch?
Ja, eigentlich so ähnlich wie Weihnachten. Vormittags herrscht ganz normaler Alltag, dann wird abends angestoßen und durchgefeiert. Der nächste Vormittag ist dann in der Regel auch frei, damit man mal ein bisschen ausschlafen kann. Anschließend gibt es einen schönen Brunch.
*Anmerkung der Redaktion
Beitragsbild: Daniel Noll, Neumayer III
Neumayer III-Station: flickr.com/World Meteorological Organization, lizenziert nach CC BY-NC-ND.
Karte: Darstellung: Sarah Sievert, Karte: geo.dianacht.de, lizenziert nach CC BY 3.0.