Zeit ist Geld – im wahrsten Sinne. Wofür also die knappe Freizeit verwenden? Wir lesen, spielen und schauen für euch – nach zwei Stunden hören wir auf. Entweder, weil wir fertig sind oder weil die Zeit um ist. Heute geht’s nach draußen – in zwei Stunden möchten wir mit dem Semesterticket so weit wie möglich reisen. Der Wecker ist gestellt, los geht’s.
Für die meisten Studierenden macht das NRW-Semesterticket vor allem den Alltag leichter. Die Wege zur Uni, die Fortbewegung in der Stadt und bestenfalls noch die Familienbesuche, werden dadurch um einiges flexibler und vor allem: günstiger.
Die Studierenden in NRW sind beim Semesterticket im Vergleich besonders privilegiert. Sie können grundsätzlich durch das gesamte Bundesland fahren und in die meisten angrenzenden Bundesländer noch mindestens eine Station. Wer sein Ticket im VRR-Gebiet (Verkehrsbund Rhein-Ruhr) ausgestellt bekommen hat, hat noch mehr Glück: Denn der VRR erlaubt nicht nur, zu bestimmten Bedingungen andere Fahrgäste mit dem eigenen Ticket mitzunehmen – er deckt auch noch zusätzliche Streckenabschnitte im Nordwesten des NRW-Netzes ab.
Auf die Idee, das volle Potenzial dieses Tickets auch für Städtetrips oder Kurzurlaube zu nutzen, sind wir nie gekommen – bis jetzt. Also setzen wir uns die Challenge: In zwei Stunden so weit es geht mit dem Semesterticket fahren.
Die Vorbereitung
Als erstes müssen wir ein geeignetes Ziel finden. Unsere Anforderungen: Knapp erreichbar in zwei Stunden, möglichst attraktiv und möglichst weit weg von unserem Startpunkt Dortmund. Als erstes schauen wir uns deshalb die äußerten Punkte des NRW+VRR-Streckennetzes an. Das sind von Nord nach West Rahden, Lüchtringen, Daaden und Venlo.
Da die ersteren drei Orte (die wir im Einzelnen zunächst auf der Landkarte und anschließend bei Google suchen mussten) primär für ihre Spazierwege und ihr Nutzvieh bekannt sind, fällt die Wahl schnell auf Venlo in den Niederlanden. “Historische Gebäuden und malerischen Plätze” sowie eine “grüne Umgebung” verspricht die Stadt – mal sehen, ob sie das halten kann.
Die Fahrt
Alle Verbindungen, die uns der Bahn-Navigator für die Reise nach Venlo rausgesucht hat, liegen knapp über zwei Stunden. Die gilt es zu schlagen. Also recherchieren wir uns auf eigene Faust eine Strecke zusammen, die von Dortmund nach Mühlheim, dann nach Viersen und schließlich bis nach Venlo führen soll. Alle Umsteigezeiten liegen unter zehn Minuten, die gesamte Fahrt dann eine Stunde und 50 Minuten. Knapp, aber schaffbar.
Als wir am Samstagmorgen, bereits leicht angefroren, auf dem Bahnsteig in Dortmund eintreffen, blinken auf der Anzeigetafel schon zehn Minuten Verspätung. Drei mehr, als wir für den Umstieg in Mülheim eigentlich zur Verfügung haben. Als der Regionalexpress dann fast eine Viertelstunde zu spät in den Bahnhof einfährt, starten wir den Timer – ohne zu wissen, ob die Fahrt jetzt überhaupt noch Sinn ergibt.
Aber wenn man sich bei der Bahn auf eine Sache verlassen kann, dann wohl auf ihre Unpünktlichkeit. Im Internet verfolgen wir, wie unser Anschlusszug sich ebenfalls mehr und mehr verspätet. So tut sich am Ende ein knappes Zeitfenster auf, in dem wir aus dem Zug direkt in den gegenüber einfahrenden Anschlusszug steigen und fast sofort weiterfahren können. Beim nächsten Halt in Viersen spielt sich genau dieselbe Situation ab – dieses Mal ist die Unpünktlichkeit also auch unser Glück.
Als wir schließlich in den Bahnhof von Venlo einfahren, sind abzüglich der ersten Verspätung keine drei Minuten mehr auf der Uhr. Wir haben es geschafft.
Vor Ort
Die Innenstadt von Venlo beginnt unmittelbar hinter dem Museum für moderne Kunst, gegenüber des Bahnhofs und wurde bereits dreimal als beste Innenstadt der Niederlande (bei mittelgroßen Städten) ausgezeichnet.
Sobald wir in der Fußgängerzone angekommen sind, sehen wir so gut wie keine Neubauten mehr zwischen den vielen alten und bunt gestrichenen Häusern. Vor allem das Renaissance-Rathaus, das wie eine kleine Burg in der Mitte des Marktplatzes steht, ist sehenswert.
Bevor die EU die Zoll- und Währungsschranken abgebaut hatte, gab es fast täglich lange Staus an der deutschen Grenze zu Venlo, weil besonders die besteuerten Waren wie Kaffee und Diesel in Holland viel günstiger waren. Inzwischen haben sich die Preise angepasst, aber die Vielfalt an Läden ist von damals geblieben.
Neben den Standard-Ladenketten, die man in fast jeder Stadt findet, verstecken sich immer wieder kleine Perlen, die es nur in Venlo gibt: Teehäuser und ein riesiger Plattenladen, in dem man beim Musikhören auch Kaffee und Kuchen bekommt. Außerdem sind in der Stadt immer wieder Wochenmärkte, auf denen Obst und Gemüse für sehr wenig Geld verkauft werden.
Seit 2013 ist Venlo auch wieder für Kiffertouristen attraktiv geworden. Seitdem dürfen Coffeeshops in der Stadt pro Person und Tag bis zu fünf Gramm Cannabis auch an Besucher ohne holländischen Pass verkaufen.
Wer an einem Shopping-Tag Lust auf eine Pause hat, kann direkt am Rand der Fußgängerzone die Maas sehen, einen großen Fluss, der hinter de Stadtgrenze in den Nationalpark De Maasduinen fließt. Seit 2013 entsteht am Stadtrand von Venlo zudem das größte Weinanbaugebiet der Niederlande.
Fazit und Tipps
Es lohnt sich definitiv, sich mal ein bisschen in die Streckennetze von NRW und VRR einzulesen und seine Möglichkeiten auszuschöpfen. Für die Reiseroute kann man statt der Bahn-Auskunft auch gut die VRS-Infoseite benutzen, oder einzelne Abschnitte getrennt voneinander recherchieren, um Reisezeit zu sparen.
Grundsätzlich bieten sich deutsche Feiertage für eine Reise in die Niederlande an, weil die Geschäfte in Venlo dann trotzdem geöffnet sind und man zusätzlich noch eine Person auf dem Ticket mitnehmen kann.
Venlo ist als Stadt definitiv einen Besuch wert. Wir wollen aber auf jeden Fall nochmal in der warmen Jahreszeit vorbeikommen, wenn man mehr von den vielen Straßencafés und der Maas hat.
Simons Highlight
Mein Highlight an Venlo war, dass man innerhalb von zwei Stunden in einer komplett anderen Kultur ankommen kann. Und natürlich: Frietjes Speciaal.
Koljas Highlight
Mein Highlight an Venlo waren die alten Häuser. Die Stadt sieht großartig aus. Was die Läden angeht – da hat mich definitiv der Plattenladen überzeugt.