Kommentar: TU-Schaukästen sind kein privater Twitterfeed

Der Statistik-Professor Walter Krämer hat wohl schon vor Wochen politisch motivierte Aushänge in der TU Dortmund aufgehängt. Aktuell hängen in seinem Schaukasten unter anderem ein Zitat von Adolf Hitler zum Rauchen, eine verunglimpfende Zeichnung von Greta Thunberg und ein Zitat von Ex-AfD-Vize Hans-Olaf Henkel zum Verhältnis von Demokratie und Islam.

Schaukästen der Universität sind kein Ort für politische Meinungsäußerungen. Und schon gar nicht für Aussagen die eine ganze Religionsgemeinschaft diffamieren. Der AStA hat dazu in der vergangenen Woche eine Stellungnahme veröffentlicht. KURT hatte am 6. Dezember zuerst über die Aushänge berichtet. Nachdem die TU die Aushänge auf Anfrage nicht kommentieren wollte, meldete sich nun doch die Rektorin Ursula Gather zu Wort. Sie selbst missbillige in aller Deutlichkeit, dass in Schaukästen der TU Dort­mund Zitate von Hitler ausgehängt werden. Verbieten könne die Universität die Aushänge aber nicht, da sie von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

TU Dortmund reagiert spät

Für das späte Statement der Rektorin war offenbar erst die Berichterstattung mehrerer Medien nötig. Auch der AStA hatte das Rektorat zuvor kontaktiert. Das hatte daraufhin lediglich dafür gesorgt, dass der Schriftzug „Rauchen gegen Rechts“ über dem Zitat von Adolf Hitler aufgehängt wurde. Ein Versuch die Studierendenschaft ohne großes Handeln ruhig zustellen. Doch der Versuch ist zum Glück gescheitert.

Nun geht die TU offenbar in die Kommunikationsoffensive. Das Statement der Rektorin ist auf der TU-Webseite oben angepinnt. Auf Twitter verweist die TU unter kritischen Post auf das Statement. Doch die Aushänge sind weiterhin im Schaukasten zu finden. Professor Krämer will der Aufforderung des AStAs, die Aushänge abzuhängen, nicht nachkommen. Dass die Universität das akzeptiert, ist schwach.

An einer Universität, die für Diversität und Vielfalt steht, kann es nicht sein, dass Statistik dazu genutzt wird, um Aussagen aus dem rechten Spektrum zu legitimieren. Doch die Reaktion ist typisch für den Umgang von Universitäten mit rechtem Gedankengut. Sie scheuen sich, aktiv Stellung gegen Rechts zu beziehen. Auch wenn Universitäten der Neutralität verpflichtet sind, dürfen sie keinen diskriminierenden und rassistischen Aussagen Platz bieten.

Aushänge stehen nicht im Zusammenhang zur Forschung

Mit seiner Forschung bewegt sich Professor Krämer in der Wirtschafts- und Sozialstatistik. Den Bezug der Aushänge zu seiner Arbeit muss man erst mal suchen. Das Henkel-Zitat, dass es kein demokratisches, muslimisches Land gäbe, nennt Krämer im Kurt-Interview das beste Beispiel für einen statistischen Signifikanztest. Mit so einem Test wird geprüft, ob es einen Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen gibt.

Das zum Beispiel das Land Indonesien als Demokratie anerkannt ist, widerlegt die zitierte Aussage schon. So eindeutig wie suggeriert, fällt das Ergebnis gar nicht aus. Einem Wissenschaftler wie Krämer sollte das bewusst sein. Aber das scheint egal, solange die Aussage die eigene populistische Ansicht unterstützt.

Aber davon abgesehen, ist das wohl der Einzige der kritisierten Aushänge, bei dem eine Verbindung zur Statistik erkennbar scheint. Die Karikatur von Greta Thunberg und das Zitat von Adolf Hitler unterstützen hingegen bloß die politischen Ansichten Krämers. Doch wir reden hier nicht von dem privaten Twitter-Profil Walter Krämers, sondern von einem offiziellen Schaukasten in der TU Dortmund.

Es braucht Regeln

Es braucht Regeln für Aushänge, auch wenn die Aussagen durch die Meinungsfreiheit gedeckt sind, ist ein Schaukasten der Universität kein dafür geeigneter Ort für die Äußerung. Die Schaukästen sind offizielle Orte für Bekanntmachung der Universität. Wenn dort politische Aussagen auftauchen, kann der Eindruck entstehen, die TU würde diese generell unterstützen.

Dass dies nicht der Fall ist, zeigt die aufgekommene Diskussion und die Statements des AStA und der Rektorin Gather. Ein weiteres ProblemSchaukästen sind ein schlechter Ort für Diskussionen. Solch provokante Aussagen, wie Krämer sie verbreitet, müssen diskutiert werden. Bei Veranstaltungen oder Posts im Internet ist eine Diskussion möglich, doch mit einem Schaukasten lässt es sich in der Regel eher schlecht diskutierten.

Regeln für die Aushänge in Schaukästen sind der TU-Pressestelle nicht bekannt. Doch die wären hier gefragt. Die Universität sollte politische Aushänge ohne Zusammenhang zu Forschung untersagen. Dabei ist es egal, ob die Aushänge Greta Thunberg kritisieren oder die Aussagen von AfD-Politikern und -Politikerinnen. Schaukästen sind kein geeigneter Ort für politische Meinungsäußerungen und sollten nicht zum Offline-Twitter-Profil von Professoren und Professorinnen werden. Die Universität ist nun gefordert, solche Reglungen auf den Weg zu bringen.

Beitragsbilder: Karsten Wickern und Nathan Niedermeier 

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