Immer mehr Menschen wollen nachhaltig kochen. Auch in der Gastronomie spielt Nachhaltigkeit eine Rolle. Doch die Umstellung stellt viele Restaurants vor eine Herausforderung.
Wenn wir Zuhause kochen, versuchen viele von uns dabei so nachhaltig wie möglich zu sein. Wir ernähren uns vegetarisch, vegan oder achten zumindest auf die artgerechte Haltung der Tiere. Wir kaufen Produkte, die nicht durch die halbe Welt geflogen sind, sondern regional erzeugt wurden oder versuchen auf Plastik zu verzichten. Doch wenn wir nicht selber kochen, sondern essen gehen, sieht es anders aus. Im Restaurant nachhaltig essen zu wollen, kann uns vor große Herausforderungen stellen.
Initiative für Nachhaltigkeit in der Gastronomie
Genau diesen Gedanken hatten auch Matthias Tritsch, Grafiker und Hobbykoch, und der gelernte Koch Marcus Ramster. Deshalb haben sie die Initiative “Greentable” gegründet, die sich für mehr Nachhaltigkeit in der Gastronomie einsetzt und Restaurants dabei unterstützt.
Für Greentable bedeutet Nachhaltigkeit noch viel mehr als den Kunden frisches Essen zu servieren. Gemeinsam mit Fachleuten aus der Gastronomie, des Umweltschutzes und der Ernährungswissenschaft haben sie eigene Kriterien entwickelt, nach denen sie die Nachhaltigkeit von Restaurants einschätzen und bewerten. Es gibt drei Oberkategorien: Die Beschaffung, die Umwelt und die Gesellschaft. Restaurants, die zur Initiative Greentable gehören, erfüllen mindestens 50 Prozent der Kriterien.
Das Schreiners in Bochum schreibt Nachhaltigkeit groß
Das Restaurant Schreiners in Bochum ist von Greentable als nachhaltiges Restaurant ausgezeichnet. Für Chef Andreas Schreiner war schon vor der Eröffnung klar, dass er nachhaltig arbeiten möchte. Seiner Meinung nach können Gastronomen in Sachen Nachhaltigkeit eine Vorbildfunktion erfüllen. Sie stehen in der Öffentlichkeit und können ein Statement setzen, das bei den Leuten ankommt. Indem sie etwa sagen: „Wir machen das, das ist gut und ihr könnt das auch!“
Er kritisiert, dass es in Deutschland sehr viele Restaurants gebe, die zu viele Lebensmittel – insbesondere Fleisch – kaufen und so viele Abfälle produzieren. Wenn jeder Gastronom sich an die eigene Nase packen und auf mehr Nachhaltigkeit achten würde, wäre der Umwelt viel Gutes getan, findet Schreiners.
Regionale Produkte verwenden, Abfall vermeiden
In seiner Küche verwendet Andreas Schreiner Produkte, die regional erzeugt und nicht aus anderen Ländern importiert wurden sowie der Saison entsprechen. Erdbeeren im Winter sucht man bei ihm vergeblich – genauso wie Kartoffel- und Gemüseschalen. Er erklärt: „Wenn ich ein Kilo Kartoffeln oder Möhren kaufe, dann verwerte ich auch ein Kilo. Aus den Kartoffelschalen mache ich Stärke und aus Gemüseschalen kann man noch eine wunderbare Bouillon machen.“
Im Schreiners ist das nur ein Schritt, um den Abfall von Lebensmitteln zu verringern. Es bietet verschiedene Portionsgrößen und nachhaltige Resteboxen an. Das Fleisch kommt aus artgerechter Haltung und der Fisch aus nachhaltigem Fischfang. Das bedeutet zum Beispiel, dass nicht der Fisch verwendet wird, der auf der anderen Erdhalbkugel heimisch ist oder die Arten, von denen es nicht mehr viele Fische gibt.
Besonders groß geschrieben wird die Transparenz, sagt Schreiners. Das erste, das man beim Betreten des Restaurants entdeckt, sind Broschüren. In ihnen wird ganz genau erklärt, wo das Schwein, der Fisch und das Huhn herkommen und was es mit dem Ziegenkäse auf sich hat. Und wer fragt, der erfährt haargenau, wo die Gurken und Kartoffeln eigentlich gewachsen sind.
Nachhaltigkeit bedeutet Aufwand
Als Schreiners sein Restaurant damals eröffnet hat, war für ihn ganz klar: Er will Nachhaltigkeit groß schreiben. Doch so geht es längst nicht allen Betrieben im Gastronomiebereich. Weil Nachhaltigkeit auch Aufwand bedeutet. Produkte müssen anders beschaffen werden, in Sachen Abfall muss umgedacht werden. Das alles hat Auswirkungen auf die Preise.
Genau darin liege die größte Herausforderung, wie Matthias Tritsch, einer der Gründer von Greentable, erklärt. Weil die Menschen in Deutschland günstige Lebensmittelkarten gewohnt seien. Wir würden Lebensmittel in Supermärkten zu Preisen bekommen, die weit unter dem Wert liegen, die sie eigentlich wert seien. Dieser Preisdruck aus dem Supermarkt wirke sich auch auf Restaurants aus.
Ja zur Nachhaltigkeit, nein zum Preis
Dazu komme eine weitere Schwierigkeit – der Konsument, wie Matthias Tritsch erklärt. Einmal an günstige Preise gewöhnt, erwartet er diese immer wieder. Nachhaltige Gastronomie bedeute aber einen höheren Einkaufswert für die Gastronomen, die die Preise für Mahlzeiten weitergeben. Matthias Tritsch weiß, dass Gastronomen, die auf Nachhaltigkeit umstellen, Angst haben, ihre Kunden zu verlieren. Sie befürchten, dass ihre Gäste nicht bereit sind, die höheren Preise zu bezahlen.
Eine Angst, die Andreas Schreiner zwar nachvollziehen kann, die er aber selbst nicht kennt. Er hat bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Gäste, die bei ihm Essen, reagieren absolut positiv und sind rundum zufrieden. Etwas höhere Preise nehmen sie für besseres Essen und eine nachhaltigere Gastronomie gerne in Kauf sagt Schreiner und erklärt: „Wir bekommen von unseren Gästen jeden Tag Glückwünsche, dass wir es so machen, wie wir es machen. Und die sind auch bereit neue Dinge mit uns auszuprobieren. Wichtig ist einfach nur, es ihnen zu erklären.“ Transparenz und Kommunikation sind für ihn der Schlüssel.
Der Wechsel in die Nachhaltigkeit – am besten jetzt
Andreas Schreiner ist froh, diesen Weg gegangen zu sein. Die nachhaltige Gastronomie ist für ihn ein richtiger und auch wichtiger Schritt. Er ist sich sicher, dass Nachhaltigkeit auch in Zukunft noch viel gefragter sein wird und für Gastronomen spätestens jetzt der passende Zeitpunkt gekommen ist, die Nachhaltigkeit in den Fokus zu stellen.
Beitragsbilder: Annika Scholz