Duell: Bundesliga abbrechen oder doch weiterspielen?

Die DFL will den Spielbetrieb in der Bundesliga so schnell wie möglich wieder aufnehmen. Ist das für die Politik vertretbar?

Gibt es bald wieder Bundesliga? Ja, wenn es nach der DFL geht. Deren Konzept zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs wurde bereits vom Arbeitsministerium und der Sportministerkonferenz genehmigt. Doch ist das die richtige Entscheidung in Corona Zeiten? Am Donnerstag (30. April) könnten Kanzlerin Merkel und die Ministerpräsidenten eine Entscheidung treffen. Auch KURT hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Autor Nico Ebmeier hält Geisterspiele für alternativlos, während Autor Johan Brockschmidt sich für einen Abbruch stark macht.

 

Johan Brockschmidt findet: Der gesunde Menschenverstand spricht für einen Saisonabbruch!

Tragt einen Mundschutz! Haltet mindestens 1,5 Meter Abstand! Diese Botschaften propagiert die Bundesregierung Tag für Tag. Eine Wiederaufnahme der Bundesliga steht förmlich für die Nicht-Einhaltung dieser Regeln.

Stellen wir uns mal vor, es würde wieder Bundesliga gespielt. Es muss nur ein Spieler, Betreuer oder Linienrichter unerkannt das Coronavirus tragen, um eine Infektionskette auszulösen. Spieler 1 gerät in Kontakt mit Spieler 2 und der mit dem Schiedsrichter, dessen Mutter zur Risikogruppe gehört. Wie diese Ketten funktionieren, ist nun wirklich nichts Neues. Das ist in Zeiten des Coronavirus nicht unmöglich. Und was passiert, wenn dann Spieler 2 positiv getestet wird? Dann müssten beide Teams ausnahmslos in Quarantäne und die Bundesliga liegt wieder lahm. Der Plan ist entweder instabil oder unverantwortlich.

Auch neben dem Platz wird das Infektionsrisiko drastisch erhöht. Hier eine einfache Gleichung: Geisterspiele bedeuten weniger Möglichkeiten, Fußball zu schauen und begrenzter Zugang zur Übertragung bedeutet noch höhere private Massenansammlungen zum Fußballgucken. Dass dort nach dem dritten Pils und dem Tor in der letzten Minute noch an Mundschutz und Mindestabstand gedacht wird, kann selbst der beste Marktschreier nicht verkaufen.

Wenn jemand die Krise übersteht, dann die Bundesligaclubs

Da sind Millionensummen im Spiel! Das ist das große Argument, weshalb die Bundesliga unbedingt weitergehen müsste. Doch grade deshalb sollte der Fußball lahmgelegt werden. Die Millionen von Euros machen es erst möglich, dass die Vereine überleben können. Fußballer würden es im Gegensatz zu Friseuren oder Selbstständigen problemlos überleben ein halbes Jahr kein Gehalt einzustreichen. In allen anderen Bereichen muss improvisiert werden, warum nicht im Fußball? Warum darf kein Hockey, Basketball oder Handball gespielt werden? Diese Vereine kämpfen doch auch ums Überleben. Die Extrawurst wird dem fettesten Hund in den Napf gelegt.

Aston Villas Toptalent Jack Grealish postete ein Video auf Instagram, auf dem er dazu aufruft zu Hause zu bleiben, um andere zu schützen. Abends dann feiert der Mittelfeldmann eine Privatparty. Keine 24 Stunden nach dem Video wird er von der Polizei angehalten. Alkoholisiert rammte er mit seinem Luxusgefährt zwei parkende Autos. Was lehrt uns die Geschichte? Fußballer sind keine Vorbilder, keine Vertrauensträger, die sich an alle Vorschriften halten. Doch das sollten sie sein, besonders in dieser Zeit. Wie kann man Schulkindern glaubhaft vermitteln Abstand zu halten, wenn sich gestern im Fernsehen ihre Idole vollgeschwitzt in die Zweikämpfe warfen? Warum darf man nicht seine Kumpels treffen, wenn auf dem Fußballplatz mehr Körperflüssigkeit ausgetauscht wird als beim Bachelor?

Fußball verbindet die Republik. Doch genau das muss in diesen Zeiten verhindert werden.

 

Nico Ebmeier sagt: Die Fußball-Bundesliga muss trotz Coronavirus funktionieren. Gebt der Gesellschaft etwas Hoffnung!

Auf den ersten Blick klingt dieser Plan völlig verrückt. Während alle restlichen Deutschen in Zeiten von Covid-19 auf einen Sicherheitsabstand achten sollen, sollen sich Fußballer in einem Millionenspiel ist Corona-Gefahr begeben und im schlimmsten Fall das Leben ihrer Familie riskieren. Ja, das klingt nicht nur verrückt, ist es aber auf den zweiten Blick nicht mehr.

Die Deutsche-Fußball-Liga (DFL) stellte zuletzt einen umfassenden Plan vor, wie es doch mit dem geliebten runden Leder weitergehen könnte. Die Spieler werden vollständig von der Außenwelt isoliert und am laufenden Band von Ärzten untersucht. Eine Ansteckungskette ist nahezu ausgeschlossen. Wir reden hier von Vollprofis, die ihren Körper zu 100 Prozent kennen und wissen, sobald es ihnen nicht gut geht. Die Pläne der DFL sind umfassend, sie sind diskutiert und durchdacht worden und genau das ist das, was Mut machen sollte. Mut machen, dass sich am Ende dieser Saison – wann auch immer das sein wird – ein sportlich faires Bild in der Bundesliga-Tabelle wiederspiegelt.

Bundesliga-Abbruch wegen Coronavirus wäre das Aus für viele Vereine

Denn hier geht es um Existenzen. Es macht einen finanziellen Unterschied im zweistelligen Millionen-Bereich, ob ich nun auf Platz 7 oder 8 in der Tabelle stehe. Ob ich gerade so an der Champions League vorbei rutschte oder mein Ziel doch erreiche. 16 Mannschaften in den höchsten beiden deutschen Spielklassen meldeten an, im Falle von Nichtzahlungen der ausstehenden TV-Gelder in Insolvenz-Gefahr zu geraten. Mit am stärksten betroffen ist der FC Schalke 04. Ein Abbruch der Bundesliga-Saison könnte also einen Zwangsabstieg der Königsblauen in die Regionalliga bedeuten und das gilt es sicherlich unbedingt zu verhindern.

Spätestens als auch der Deutsche-Basketball-Bund einen umfassenden Plan zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs vorlegte, war Erleichterung zu spüren. Denn: Sport gibt Freiheit und Freiheit gibt Hoffnung. In den USA ist aktuell zu merken, was es bedeutet, zu lange isoliert zu sein. Trotz ist die Folge. Sport befreit und lässt die Gesellschaft gerade während des Coronavirus an eine bessere Zukunft glauben. Und diesen Glauben kann der Fußball als Sportart Nummer 1 besser als jede andere Beschäftigung tragen. Das Risiko einer Corona-Verbreitung ist da, aber ich finde, das Risiko ist es wert.

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