Wie Frauen in der Arbeitswelt richtig durchstarten

Ute Zimmermann und Friederike Höher kennen sich mit geschlechtsspezifischen Missständen in der Arbeitswelt aus. Ute Zimmermann leitet das Graduiertenzentrum und die Stabstelle für Chancengleichheit, Familie und Vielfalt der TU Dortmund. Friederike Höher ist Business Coachin in Dortmund. Sie weiß, an welchen Stellen es am häufigsten hakt: Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Selbstzweifel und Mikropolitik, also organisationsinterne Machtspiele. Die Expertinnen geben Tipps, wie Frauen im Beruf erfolgreich sein und bleiben können.

  1. Ein unterstützendes Umfeld aufbauen – sowohl im Privaten als auch im Job

Frauen leisten mehr Care-Arbeit als Männer. Durchschnittlich 52,4 Prozent mehr jeden Tag waren es 2019, heißt es in einem Bericht der Bundeszentrums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das sind 87 Minuten Unterschied. Daran muss sich etwas ändern, sagt Ute Zimmermann: „Frauen müssen lernen, sich mit Menschen zusammenzutun, die sie in der Selbstständigkeit unterstützen. Die häuslichen Aufgaben müssen gleich verteilt werden.“

Auch in Festanstellungen sollten Frauen darauf achten, diese Unterstützung zu bekommen. Viele Firmen bieten zum Beispiel eine Kinderbetreuung, flexible Arbeitszeiten oder Homeoffice. Frauen sollten auf solche Angebote achten, wenn sie einen Arbeitsplatz wählen, sagt Friederike Höher.

Wenn Frauen auf diese Unterstützung zählen können, könnten sie auch mit Kind fest im Job bleiben. Zimmermann sagt: „Wenn man Führungsaufgaben will, dann muss man auch in dem Metier bleiben. Wenn man Familie und Karriere will, dann darf frau sich nicht mit einem Jahr Elternzeit aus der Karriere katapultieren.“

  1. Weg vom Trugbild der „perfekten Mutter“

Auch junge Männer sähen sich zunehmend damit konfrontiert, Beruf und Familie zu vereinbaren, sagt Friederike Höher. Dennoch würden sich vor allem Frauen diesem Druck aussetzen. Damit müsse Schluss sein: „Wir müssen weg von diesem Bild, das viele noch verinnerlicht haben: Dass ich die perfekte Mutter sein muss. Dass ein Kind immer im Mittelpunkt stehen und alles andere dahinter zurücktreten muss.“

  1. Mentoring-Programme in Anspruch nehmen

Um die Karriere voranzutreiben, ist es laut Zimmermann und Höher wichtig, ein Netzwerk aufzubauen. Dafür bieten sich vor allem Mentoring-Programme an. Diese setzen auf den Austausch von Kompetenz und Erfahrung: Erfahrene Personen geben ihr fachliches Wissen an Anfänger*innen weiter.

Solch ein Programm gibt es auch an der TU Dortmund. Mentoring³ heißt es und ist ein Projekt der Universitätsallianz Ruhr, also der Hochschulen in Dortmund, Bochum und Duisburg-Essen. Wer an Mentoring³ teilnimmt, tritt mit Menschen in Kontakt, die im angestrebten Bereich erfolgreich arbeiten. Sie geben ihr Fachwissen und ihre Erfahrungen an die Trainees weiter. Dazu gibt es verschiedene Workshops und Netzwerktreffen. Ein Durchlauf dauert anderthalb Jahre.

„Über ein Mentoring-Projekt können Frauen in einer ähnlichen Situation voneinander lernen und sich Tipps geben“, sagt Friederike Höher. „Auch im Austausch mit männlichen Kollegen kann das fruchtbar sein.“

  1. An die eigenen Fähigkeiten glauben

„Frauen machen häufiger den Fehler, sich etwas nicht zuzutrauen“, sagt Ute Zimmermann. So würden sie sich nur auf Stellen bewerben, von denen sie denken, mindestens 90 Prozent der Anforderungen zu erfüllen. Männer täten dies schon bei 30 Prozent. „Das hat noch nichts mit Erfolg zu tun, aber damit, sich in den Ring zu schmeißen“, sagt Zimmermann. Sie ermutigt: „Man darf auch Dinge dazulernen, die jetzt schon in der Stellenausschreibung stehen.“

  1. Verhandlungsspielräume selbstbewusst nutzen

Auch Friederike Höher rät zu mehr Selbstbewusstsein. Der Fachkräftemangel mache Unternehmen kompromissbereiter. „Ich möchte Frauen dazu ermutigen, diesen Verhandlungsspielraum auszunutzen“, sagt die Business Coachin. Sie nennt ein Beispiel: Eine Frau, die in ihrem Beruf sehr kompetent ist, bewirbt sich um eine Stelle in Hamburg. Sie lebt aber in einer anderen Stadt, hat dort Familie und möchte nicht umziehen. Trotzdem kann sie es gewährleisten, zu allen wichtigen Terminen in Hamburg zu sein. Höher zufolge ist es wichtig, den Wohnort nicht als Ausschlusskriterium für eine Stelle zu betrachten. Stattdessen sollten Frauen diesen Punkt selbstbewusst ansprechen und mit dem Arbeitgeber verhandeln.

  1. Keine Angst vor Männerdomänen

„Die Arbeit in einer Männer-Domäne bleibt vielleicht wirklich ein gewisses Fremderleben“, sagt Höher. Das sollten Frauen akzeptieren. „Wenn eine Frau in einem solchen Team ist, dann ist sie dort, weil sie gebraucht wird, und nicht, weil sie eine Frau ist. Und weil sie gebraucht wird, hat sie auch Respekt zu erwarten.“

Das Graduiertenzentrum
Das Graduiertenzentrum der TU Dortmund richtet sich an Studierende aller Fakultäten. Wer eine Karriere innerhalb der Hochschule anstrebt, erhält hier Unterstützung. Zum Beispiel, wenn er*sie promovieren will. Angeboten werden unter anderem Workshops für Verhandlungsstärke, Führungsfertigkeiten sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Auch für Studierende, die in Unternehmen arbeiten wollen, gibt es ein Angebot: den Career Service. Dieser ging Anfang diesen Jahres an den Start.

 

Beitragsbild: unsplash/Brooke Lark

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