Die zweite Impfkampagne in Deutschland hat begonnen. Die Hoffnung: Auch die letzten hartnäckigen Impfgegner*innen noch zu überzeugen. Emma leistet schon seit längerem Überzeugungs- und Aufklärungsarbeit. Ihr eigener Freund hat sich aktiv gegen die Corona-Impfung entschieden.
Impfen hilft. Das steht auf dem grün-blauen Plakat, das Bundeskanzler Olaf Scholz in die Kamera hält. Die neue Impfkampagne der Bundesregierung ist gestartet. Nachdem die letzte Kampagne auf Promis und hochgekrämpelte Ärmel setzte, besteht die neue nun aus einem einfachen Slogan und einem 7-Punke-Programm mit Argumenten fürs Impfen. Schlicht und ohne Bilder. Dafür soll sie neben Deutsch auch in den Sprachen Arabisch, Englisch, Russisch und Türkisch ausgespielt werden, teilte das Bundesgesundheitsministerium mit.

Erarbeitet wurde die Kampagne von den beiden Agenturen Scholz&Friends und Cosmonaut&Kings. Die Resonanz in den Sozialen Medien fällt ambivalent aus. “Die Bundesregierung investiert 60 Millionen Euro und am Ende kommt dieser Slogan heraus – Impfen hilft” twittert die ZDF-heute Show. Laut einer Anfrage der Linken-Fraktion Mitte Januar, flossen mindestens 28 Millionen Euro des “Corona-Aufklärungs-Budgets” in die neue Impfkampagne. Auch ein Vergleich mit Impfkampagnen in anderen Ländern wird gezogen. In der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte-d’Azur zeigen die Plakate sich küssende Menschen, darunter der Spruch: “Ja der Impfstoff kann erwünschte Nebenwirkungen haben”. Neben diesem Plakat wirkt die deutsche Kampagne tatsächlich ziemlich blass und emotionslos.
Impfkampagne
Frankreich vs. DeutschlandSelbst Schülerzeitungen sind aufregender gestaltet. pic.twitter.com/qwxipFP3Q0
— 𝕓𝕣𝕚𝕖𝕤𝕚 🍀 |🪝 (@be_a_queen) January 26, 2022
Beginnen soll die Kampagne in den Sozialen Medien und im Radio. Später sollen Zeitungsanzeigen und Außenwerbung hinzukommen. Mitte Februar soll es dann im Fernsehen losgehen. Vor allem Bürger*innen, die bisher von den verschiedenen Informationsaktivitäten nicht erreicht wurden, sollen laut Olaf Scholz angesprochen werden. Auch die letzten Impfskeptiker*innen sollen so überzeugt werden. Die Aktion soll die Impfbereitschaft maßgeblich steigern.
Die Meinungen über die Effektivität von Impfkampagnen sind unterschiedlich. Doch wer Impfskeptiker*innen im eigenen Umfeld hat, kann sich selten auf die Kampagnen der Regierung verlassen. Ob auf den Plakaten nun Promis mit Pflastern oder neutrale Schriftzüge zu finden sind: Die Diskussionen und Auseinandersetzungen müssen im privaten Raum geführt werden.
Diskussionen auf Augenhöhe
So geht es auch Emma (*). Ihr Freund ist nicht geimpft und diese Tatsache spielt in ihrer Beziehung mittlerweile eine immer größere Rolle. “Es gibt deutlich mehr Streits und Diskussionen als früher. Vor allem, weil man viel schneller an seine Grenzen stößt, da man nicht auf einen Nenner kommt. Es hat im Großen und Ganzen schon einen negativen Einfluss auf die Beziehung genommen und es ist nicht immer ganz einfach damit umzugehen.”
Für sie ist es vor allem wichtig, bei dem Thema auf Augenhöhe zu diskutieren.”Man muss seinen Partner trotz anderer Meinung ernst nehmen und respektieren und auch die Argumente anhören. Nicht alles ist sinnlos nur weil es eine andere Meinung ist. Viele Standpunkte von meinem Freund kann ich sehr gut verstehen, aber sie sind für mich keine ausschlaggebenden Gründe sich nicht impfen zu lassen. Meiner Meinung nach muss man zwischen System und Medizin unterscheiden. Natürlich kann man das System der Regierung in vielen Dingen kritisieren, aber trotzdem kann eine Impfung sinnvoll sein.” Bei einer Sache ist sie sich jedoch sicher: Sich gegenseitig zu etwas zu drängen, treibe einen nur weiter auseinander.
Die richtigen Argumente finden
Während den Diskussionen bringe sie vor allem die medizinischen und wissenschaftlichen Gründe für eine Impfung auf. Auch der solidarische und soziale Aspekt sei für sie wichtig.Im Internet gibt es viele Seiten, die einem helfen sollen mit den Argumenten von Impfgegner*innen umzugehen und diese zu entkräften. Auf Instagram und Twitter wurden zur Weihnachtszeit zum Beispiel Beiträge, zum Umgang mit Impfgegner*innen am Esstisch geteilt.
Emma ist der Meinung, dass die Kampagnen der Regierung vor allem bei den überzeugten Ungeimpften nicht auf Gehör stoßen werden. “Das Vertrauen in die Regierung ist einfach weg. Alles was von dort kommt wird diese Art von Impfgegner*innen nicht mehr umstimmen.” Hartnäckige Impfgegner*innen würden ja nicht mal mehr auf die Argumente von Menschen hören, die sie lieben.
Die Hoffnung bleibt
Diese Unstimmigkeiten seien oft schwer auszuhalten und gestalten die Diskussionen innerhalb der Beziehung oft nervenaufreibend. “Man sucht sich eben nicht aus, wen man liebt”, meint Emma. “Ungeimpft zu sein macht einen auch nicht zu einem schlechten Menschen. Ich muss die Entscheidung meines Freundes akzeptieren aber nicht gut finden.” Für sie trotz alledem klar: “Ich werde nicht aufhören, zu versuchen, die Sinnhaftigkeit und Wichtigkeit einer Impfung zu erklären.” “Man sollte immer irgendwie versuchen eine Grundlage zu schaffen, auf der man über solche Dinge sprechen kann. Ich sag mal so: Die Hoffnung stirbt zuletzt.”
Auch wenn viel Geld in die Kampagne der Regierung investiert wurde, so bleibt es doch fragwürdig ob sie die erwünschten Effekt erzielen wird. Die meisten Resonanzen darauf bleiben verhalten. Und so werden es wahrscheinlich weiterhin Menschen wie Emma bleiben, die die entscheidende Aufklärungsarbeit hinter verschlossenen Türen leisten. Ohne großes Budget oder bunte Plakate.
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