Nach der eher unwilligen Ankündigung des STIKO-Vorsitzenden Thomas Mertens in der Fernsehshow von Markus Lanz passiert es jetzt tatsächlich: Die ständige Impfkommission empfiehlt die Booster-Impfung für alle Personen ab 18 Jahren. Sie soll in der Regel sechs Monate nach dem vollständigen Impfschutz erfolgen. Was heißt das aber konkret? Wer sollte sich wann impfen lassen und wo geht das überhaupt in Dortmund?
Deutschland steckt mitten in der vierten Corona-Welle. Die Infektionen steigen kontinuierlich und Kliniken warnen vor einer Überbelastung. Aktuell liegt die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland bei 336,9 (Stand: 18.11.2021). Auch Dortmund hat mit einer Inzidenz von 209,6 einen weiteren Höchstwert erreicht. Das befeuert die Debatte um Booster-Impfungen.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat sich jetzt in einem Beschlussentwurf für eine Auffrischungs-Impfung für alle Erwachsenen ausgesprochen und weitet damit ihre Empfehlung aus. Bisher galt die Impfempfehlung der Kommission nur für Menschen ab 70 oder mit Immunschwäche sowie für Bewohner*innen von Pflegeeinrichtungen und Pflegepersonal in medizinischen Einrichtungen. Trotz der geplanten ausgeweiteten Empfehlung sei es nach Angaben von STIKO-Chef Mertens aber weiterhin sinnvoll “so weit wie möglich nach absteigendem Alter vorzugehen”. Als junger Mensch stellt sich daher die Frage: Boostern ja oder nein und wann?
Wer hat Anspruch auf eine Booster-Impfung?
Um eine finale Empfehlung der STIKO für junge Erwachsene handelt es sich nach aktuellem Stand nicht. Bisher wurde der Beschlussentwurf Fachkreisen und Bundesländern zur Abstimmung vorgelegt. Änderungen könnten demnach noch initiiert werden. Die Empfehlungen der ständigen Impfkommission sind aber zu keinem Zeitpunkt rechtlich bindend gewesen oder werden es sein, wenn auch Ärzt*innen sich meist an die vorgesehene Priorisierung halten.
Rechtsgrundlage war und bleibt vielmehr die Corona-Impfverordnung von Ende August. Danach hat jeder in Deutschland Anspruch auf eine Dritt-Impfung, der mindestens 12 Jahre alt ist. Allein die von der STIKO empfohlenen Impfabstände müssen dabei eingehalten werden. Nach aktuellem Stand soll die Booster-Impfung in der Regel sechs Monate nach Immunisierung stattfinden. Der neue Entwurf erlaube im Einzelfall aber auch eine Immunisierung nach fünf Monaten, sofern es sich als sinnvoll erweist.
Impfschutz lässt nach – Auch bei jungen Menschen
In den bisher auseinandergehenden Impfempfehlungen spiegelt sich auch die Frage, inwieweit eine dritte Impfung überhaupt sinnvoll für junge Menschen ist. Grundsätzlich steigt die Wahrscheinlichkeit an COVID-19 zu erkranken, je länger die letzte Impfung zurückliegt. Das zeigt unter anderem eine Preprint-Studie der Universität Umea in Schweden. Darin kommen die Forscher*innen zum Ergebnis, dass der Schutz vor einer Corona-Infektion mit der Zeit schwindet. Bei Personen, die mit BionTech/ Pfizer geimpft wurden, ist er demnach nach sieben Monaten fast gar nicht mehr vorhanden.
Die steigende Ineffektivität der Impfstoffe sei dabei besonders bei gebrechlichen und älteren Menschen sowie Risikopatient*innen zu beobachten. Der Immunologe Professor Dr. Carsten Watzl ergänzt: “Gerade bei jungen Menschen reicht der Schutz vor schweren Erkrankungen noch aus”. Letztlich schützen die Impfstoffe aber auch junge Menschen nicht vollständig. So zeigt eine Studie mit Daten aus Israel, dass der Immunschutz über einen Zeitraum von sechs Monaten in allen Altersgruppen nachlässt. Auf lange Sicht würde eine Drittimpfung daher auch für junge Menschen sinnvoll sein, so Professor Watzl.
Studierende und Auszubildende stehen “boostern” positiv gegenüber
Wie junge Menschen einer Drittimpfung gegenüber stehen, zeigt eine nicht-repräsentative Umfrage unserer Redaktion. Von insgesamt 111 Befragten gaben 100 an, ihren Corona-Schutz in der nächsten Zeit auffrischen zu wollen oder es bereits getan haben. Vier Teilnehmer*innen zeigten sich skeptisch und im Hinblick auf die Booster-Impfung. Sieben Personen gaben an, sich in der nächsten Zeit kein weiteres Mal impfen lassen zu wollen.
Booster-Angebot in Dortmund für junge Menschen bisher geringfügig
Ob boostern oder nicht, hängt noch von einem weiteren Faktor ab: die passenden Anlaufstellen. Weiterhin werden die Impfungen gegen COVID-19 überwiegend in Arztpraxen durchgeführt. Wer sich gegen Corona impfen oder boostern lassen möchte, aber noch keinen Hausarzt in Dortmund hat, kann über die kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe Praxen finden, die auch Impfwillige außerhalb ihres Patientenstammes impfen.
Darüber hinaus bietet die „Koordinierende COVID-Impfeinheit“ (KoCI) weitere Impfmöglichkeiten in Dortmund an. Es gibt zwei Impfbusse sowie mobile Angebote an unterschiedlichen Standorten. Im Angesicht steigender Nachfragen plant die Stadt aktuell durch die KoCI weitere Impfstellen zu eröffnen. Konkrete Pläne gäbe es dazu aber noch nicht. Dabei ist zu beachten, dass die Angebote der KoCI den Impfempfehlungen des RKI unterliegen. Sofern die Empfehlung, wie geplant, aber bis auf 18-Jährige ausgeweitet wird, könnten auch jüngere und gesunde Menschen sich dort ihre Drittimpfung holen.
Auch die TU Dortmund plant ein Impfangebot für Studierende. Nach Angaben von Pressesprecherin Eva Prost stehe die Universität aktuell “in Kontakt mit Partnern, die das Impfangebot machen können”. Eine Aktion könne demnach noch in diesem Jahr umsetzbar sein.
Beitragsbild: whitesession/pixabay