Energiekrise im Gewächshaus: Wie bleibt es hell?

Regionales Gemüse, das im Winter auf dem Teller landet, kommt oft aus dem Gewächshaus. Doch die verbrauchen viel Energie. Da die Strompreise gestiegen sind, profitieren die Betriebe, die am effizientesten sind. Wer sparen will, fängt oft bei der Beleuchtung an.

Tomate, Paprika oder Gurke: Viele Deutsche essen auch im Winter gerne Gemüse. Und das muss nicht aus dem Süden kommen. Einige Sorten werden als heimisches Wintergemüse in Deutschland angebaut, manche davon in großen Gewächshäusern. Doch gerade die haben wegen der Energiekrise besonders hohe Stromrechnungen. Einige der Pflanzen, die Landwirt*innen dort im Winter anbauen, brauchen nicht nur beheizte Luft, sondern auch viel Licht. Mehr Licht, als von der Sonne aufgrund der kurzen Tage verfügbar ist. Ein Beispiel sind Wintertomaten. Bei ihnen können die hiesigen Produzent*innen die Temperaturen nicht einfach senken oder das Licht dimmen.

Allerdings gibt es bei Gewächshäusern große Effizienzunterschiede. Professor Wolf Lorleberg vom Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen in Soest sagt: „Richtig schwer getroffen werden große Gewächshausbetriebe, die noch die alten Beleuchtungsanlagen haben.“ Besonders energieaufwendig seien Quecksilberdampf- oder Halogenleuchten. Und die gebe es noch in vielen Betrieben: „Solche älteren, konventionellen Gewächshäuser sind nach wie vor in großem Umfang vorhanden“, so Lorleberg.

LED statt Natrium-Hochdrucklampen

Tomaten aus heimischen Gewächshäusern könnten teurer werden. Foto: pixabay.com/davehan2016

In Deutschland wurde Gemüse 2020 laut dem Bundesinformationszentrum für Landwirtschaft auf etwa 1.300 Hektar im Gewächshaus angebaut. Das ist gerade einmal ein Prozent der gesamten Anbaufläche für Gemüse in Deutschland. Eine Rechnung zeigt, wieso nur so wenige Betriebe diese Anbaumethode wählen: Pro Quadratmeter liegt der jährliche Energiebedarf bei circa 350 Kilowattstunden – und das schon bei einer Solltemperatur von 16 Grad. Mit dieser Menge an Energie kann eine Person nach Zahlen des Bundes der Energieverbraucher fast 60 Mal warm duschen. Lorleberg betont: „Gewächshäuser sind große Investitionen, die schnell in den Millionenbereich gehen können.“

Start-Ups versprechen, zumindest bei der Beleuchtung, Sparpotenzial von bis zu 50 Prozent. Das Bundesinformationszentrum für Landwirtschaft beziffert die Einsparungsmöglichkeiten mit 30 Prozent zwar etwas geringer, aber immer noch hoch. Zum Beispiel bei Betrieben, die von den weit verbreiteten Natrium-Hochdrucklampen auf LED-Technik umsteigen.

Forschung sucht optimale Lichtspektren

Natürliches Sonnenlicht gibt es in den Wintermonaten nur wenig und kurz. Foto: Fabian Neuenzeit

Ein Zukunftsmarkt, denn aus moderner Beleuchtung entstehen weitere Vorteile. Wenn Produzent*innen beispielsweise Ultraviolett-Licht nutzen, sorgt die elektromagnetische Strahlung in geringer Wellenlänge für eine desinfizierende Wirkung. So können Landwirt*innen Pflanzenkrankheiten bekämpfen und vorbeugen, ohne Chemikalien einzusetzen. Moderne Beleuchtung kann daher auch in anderen Bereichen die Kosten senken und den Gewinn steigern, wie verschiedene Start-Ups versprechen.

Die Wellenlänge von UV-Licht ist mit weniger als 400 Nanometern kleiner als das Lichtspektrum, das für das menschliche Auge sichtbar ist. Dass die Gewächshäuser für uns Menschen trotzdem hell leuchten, liegt daran, dass Pflanzen noch eine weitere Art von Licht brauchen. Denn Photosynthese funktioniert nur mit Licht aus photosynthetisch-aktiver Strahlung. Dieses Licht mit einer Wellenlänge von bis zu 700 Nanometern ist das für uns sichtbare Licht.

Auch Lieferengpässe verhindern schnellen Umstieg

Welche Lichtspektren für verschiedene Pflanzenarten die richtigen seien, das werde aktuell von verschiedenen Unternehmen erforscht, sagt Lorleberg. Ziel ist es, den Pflanzen genau so viel Energie zu geben, wie sie brauchen, und das mit der Art Licht, in der die Energie zum maximalen und schnellsten Wachstum führt.

Doch für diesen Winter hat Lorleberg eine düstere Prognose: „Wenn es ganz hart auf hart kommt, werden einige Gewächshäuser über die ganze kalte Jahreszeit stillgelegt werden müssen.“ Heimische Wintertomaten könne es nicht mehr zu den gewohnten Preisen geben. Schon wegen der weltweiten Lieferengpässe sei es für die Betreiber*innen nicht möglich, in kurzer Zeit auf energiesparende Beleuchtung umzusteigen.

LED auch für Klimaschutzziele
Für Gewächshaus-Betreiber*innen, die beispielsweise auf moderne LED-Technik umsteigen wollen, gibt es vom Land NRW ein Energieeffizienzprogramm mit Zuschüssen für Investitionen. Denn neben der Senkung des Energieverbrauchs steht eine weitere politische Intention dahinter: die Umsetzung der Klimaschutzziele für die Landwirtschaft. Der Deutsche Bauernverband schreibt in seiner „Klimastrategie 2.0“: „Dazu gehört unter anderem die Umrüstung von Stall- und Gewächshausbeleuchtung auf LED.“

Und: Von einem Investitions-Boom könne im Moment ohnehin nicht die Rede sein. Ob am Ende tatsächlich Produktionskapazitäten gedrosselt werden müssen, sei bisweilen unklar. „Das ist vom Witterungs- und Energiepreisverlauf abhängig“, sagt Lorleberg.

 

Beitragsbild: Fabian Neuenzeit

Ein Beitrag von
Mehr von Fabian Neuenzeit
KURT – Das Magazin: Alpakas, Inflation und Radfahren in Dortmund
Margit und Stefan Spiekermann sind Besitzer einer Alpakafarm im Sauerland. Der Alltag...
Mehr
Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert