Der Golfsport steht häufig in der Kritik dafür, dass er nicht nachhaltig genug wäre. Auch deswegen beschäftigen sich Golfclubs in Deutschland zunehmend mit dem Thema Umweltschutz. Einer davon ist der Royal St. Barbara’s Golfclub in Dortmund. Gemeinsam mit der Initiative GolfBiodivers soll der Platz umweltfreundlicher werden.
Das Golf-Cart schaukelt beträchtlich. Man könnte meinen, Clubpräsident Dirk Renkhold fällt in der nächsten Minute aus seinem Sitz. Der sattgrüne Boden, über den Renkhold fährt, besteht in diesem Teil des Platzes fast nur aus kleinen Hügeln. Hinter den Hügeln hat Dirk Renkhold allerdings wieder freie Fahrt, denn hier fängt eines der Greens an. So nennen Golfer*innen die kurz gemähte Wiese, die jeweils den Zielbereich der 18 Bahnen kennzeichnet. Um eine Bahn zu beenden, müssen die Sportler*innen den Ball auf dem Green in das dortige Loch schlagen. Diese Löcher sind mit roten Fahnen markiert und liegen meist mittig auf dem Green.
Auf dem Golfplatz ist vor allem Vogelgezwitscher zu hören. Die Vögel selbst sind nicht zu sehen, denn sie haben sich in den angrenzenden Waldrand verzogen. Ohne die roten Fahnen, die gelegentlich durch die Luft fliegenden Golfbälle und das Cart könnte der Platz als zu groß geratener Park durchgehen.
Experimentieren für die Natur
Nur die gemähten Greens, die auf dem Platz verteilt sind, verraten, dass die Fläche nicht allein der Natur überlassen wird. Diese sehen fast so aus, als hätte sie jemand mit einem Lineal gezogen. Knapp die Hälfte der 70 Hektar des Royal St. Barbara’s Golfplatzes werden kultiviert, also für den Sport genutzt. Die andere Hälfte dient als Ausgleichsfläche, auf der sich die Natur entwickeln kann. Diese 35 Hektar sind ungefähr so groß wie die Hälfte des Westfalenparks. Die Betreiber*innen wollen die Ausgleichsflächen produktiv für die Natur gestalten. Wie das am besten gelingt, ist je nach Golfclub unterschiedlich und benötigt Forschung und vor allem Fachwissen.
Deswegen gibt es unter anderem die Initiative GolfBiodivers. Die wird angeleitet von Renaturierungsökologe Professor Johannes Kollmann von der Ludwig-Maximilians-Universität München. GolfBiodivers betreut mehrere Golfplätze, auf denen ein Teil des Platzes als Experimentier-Fläche genutzt wird. Mit dem Golfclub zusammen baut die Initiative zum Beispiel verschiedene Pflanzen an oder stellt Insekten-Hotels auf. Diese und andere Aktionen sollen den Golfplatz für die Natur produktiver machen. Außerdem werden die Flächen nicht bespielt.
Das Klima hat auch einen Einfluss auf den Platz
Auch der Golfclub Royal St. Barbara’s nimmt an dem Projekt teil und stellt dafür seinen Platz zur Verfügung. Die Initiative hat ihn in eine Kontrollfläche eingeteilt, in der sie nicht aktiv eingreift und in eine Aufwertungsfläche. Dort werden auf ungefähr drei Hektar verschiedene Vegetationsumbauten vorgenommen. So wie Streuwiesen, Buschläufe und Blühstreifen, auf denen vorher ausgebrachte Samen wachsen können.
Mehr für das Klima zu tun, habe nicht nur Vorteile für die Natur, sondern auch für den Platz selbst, erklärt Clubpräsident Dirk Renkhold. Denn nach Extremwettern, die vermehrt durch den Klimawandel auftreten, sei es schwer, Golf zu spielen. „Bei starkem Regen entsteht auf unserem Platz Staunässe, das heißt, wir laufen eigentlich nur durch Pfützen”, sagt er.
Bewässerung aus dem Körnebach
Nach einer kurzen Fahrt über die Greens und durch ein paar Waldflecken hält Dirk Renkhold das Cart an einer unscheinbaren Gasse aus wild gewachsenen Sträuchern an. Der Rasen hier ist nicht gemäht und auf dem feuchten Boden sind Radspuren zu sehen. Ins Auge fällt sofort der Gully im grün-braunen Gras, der nicht wirklich zum Park-Ambiente passen will, und der grüne Metallzaun am Ende der Gasse. Dirk Renkhold geht zum Zaun und lugt hinüber. Circa zehn Meter tiefer fließt die Körne.
Das Wasser des großen Baches stellt ein schönes Grundrauschen her und hat wichtige Vorteile für den Club. Denn die Körne ist die Wasserzufuhr für die Bewässerungsanlage des gesamten Golfplatzes. „Dadurch verbrauchen wir kein Trinkwasser und das Regenwasser vom Platz läuft direkt wieder zurück in die Körne”, erklärt Renkhold.
Trinkwasser sei allerdings in Deutschland eh nicht das Mittel der Wahl, um Golfplätze zu bewässern, erklärt Johannes Kollmann. Das sei schlichtweg zu teuer. „Allerdings ist nicht klar, ob Golfanlagen in Notlagen nicht doch Trinkwasser verwenden. Bei Umfragen zu dem Thema kamen bisher keine belastbaren Zahlen heraus,” gibt Kollmann zu bedenken.
Wasser für die Gänse und für den Golfplatz
Dirk Renkhold passiert in seinem Cart auf dem Weg über den Platz mehrere Teiche. Am Ufer wachsen verschiedene Grasarten, auf dem Wasser schwimmen Seerosen und Gänse. Aus einem der Teiche schießt immer mal wieder eine Fontäne heraus, an einem anderen wurde eine kleine Brücke für die Spieler*innen gebaut. Neben den Teichen liegen Kescher, falls einer der Bälle ins Wasser fällt. „Die Teiche sind der Speicherort für das Wasser aus der Körne. Denn vor allem die Greens müssen ständig bewässert werden“, sagt Renkhold.
Die Bewässerungsmethode im Royal St. Barbara’s Golfclub ist eine Methode, die auch Petra Himmel kennt. Sie hat die Website Golf Sustainable gegründet. Diese Website sammelt Informationen und stellt Recherche-Ergebnisse zu dem Thema Golfsport und Umwelt bereit. Petra Himmel spielt selbst seit über 20 Jahren Golf und hat unter anderem für die Süddeutsche Zeitung über den Sport berichtet. Sie sagt: „Golfclubs verbrauchen viel weniger Wasser, als das noch vor ein paar Jahren der Fall war.“
Auch Professor Kollmann sieht, dass es bei den Golfclubs ein Interesse am Wassersparen gibt. „Allerdings bleibt das Problem, dass Greens im Sommer jeden Tag bewässert werden müssen, damit sie grün bleiben“, erklärt Kollmann. Diese grüne Farbe ist für den Royal St. Barbara’s Golfclub im Notfall auch mal zu vernachlässigen. Der Clubpräsident Dirk Renkhold sagt, dass Golfspieler*innen auch auf braunem Rasen spielen könnten: „Sie müssten sich einfach damit arrangieren.” Auf der dann trockenen und dadurch glatten Oberfläche rolle der Ball sogar besser.
Sümpfe statt Teiche?
Die Strategie des Golfclubs Royal St. Barbara’s, das Wasser in Teichen zu sammeln, führt laut Kollmann dazu, dass diese einen schwankenden Wasserstand haben. Dadurch sei die Teichufervegetation für Tiere und Pflanzen oft nicht spannend genug, also weniger produktiv für den Fortbestand. Denn laut Kollmann fühlen sich Tiere und Pflanzen in diesen schwankenden Wasserständen nicht wohl. Besonders Niedrigwasser im Sommer ist problematisch für sie.
Kollmann empfiehlt Moore statt Teiche: „Moore oder Sumpflandschaften sind für Tiere und die Umwelt generell interessanter. Der Club hätte auch etwas davon, weil in Teichen eine Menge Wasser verdunstet, in einer Sumpflandschaft nicht.“ So würde dann mehr Wasser für die Greens zur Verfügung stehen. Professor Kollmann sieht aber auch, dass die Teiche ein Teil des Landschaftsdesigns ausmachen und ein sportliches Hindernis für die Golfer*innen sind. „Und auch Teiche haben Vorteile. Bäume können besonders gut daneben wachsen”, erklärt er.
Darstellung der Bewässerung trifft oft nicht auf deutsche Golfplätze zu
Ideal wäre es aus Kollmanns Sicht, wenn Golfplätze mit Bewässerungsnetzen arbeiten oder eine Bewässerung im Wurzelbereich installieren würden. Das sei allerdings teuer und die Technologie sowieso noch nicht ausgereift. Kollmann sagt auch, dass schon etwas erreicht wäre, wenn pflegeleichtere Gräser gepflanzt würden. „Dann ist der Platz weniger durstig”, erklärt er. Außerdem könne man beispielsweise graues Wasser in den Toiletten oder in den Waschbecken verwenden. Graues Wasser ist verschmutztes Wasser, das vorher die Industrie oder die Landwirtschaft genutzt hat und das deshalb in anderen Bereichen nicht mehr verwendet werden kann.
Petra Himmel ist der Meinung, dass die Bewässerung von Golfplätzen oft falsch dargestellt wird: „Oft werden Zahlen genannt, die auf amerikanische Wüstenplätze zutreffen, aber eben nicht auf deutsche Golfplätze.” Auf den deutschen Anlagen würde meist Grundwasser, Fließwasser – wie beim Golfclub Royal St. Barbara’s – oder gespeichertes Regenwasser verwendet.
Biodiversität im Golfsport
Neben einem der Teiche stehen ein paar Golfer*innen. Sie schwingen ihre Schläger durch die Luft und treffen zielsicher die kleinen weißen Bälle vor ihnen. Die fliegen dann über den grünen Platz in Richtung des roten Fähnchens in knapp 100 Metern Entfernung und landen nah an einem groß gewachsenen Baum, neben dem ein Golf-Cart geparkt ist. Der Baum ist umgeben von nicht gemähtem Gras und Wildblumen.
Diese Diversität sei ebenfalls wichtig, sagt Renaturierungsökologe Kollmann. Denn bei Monokulturen wie den Greens können zum Beispiel leichter Pilzkrankheiten auftreten. Unter anderem deswegen sind alle Golfplätze in Deutschland dazu verpflichtet, Ausgleichsflächen zu haben. Laut Petra Himmel haben die meisten Golfanlagen eine reine Spielfläche von circa 30 bis 40 Prozent, auf der restlichen Fläche kann sich die Natur entwickeln. Teilweise hängt von diesen Ausgleichsflächen sogar ab, ob der Platz eine Genehmigung bekommt. Kollmann erklärt, dass die Vereine auch gerade deswegen stark an mehr Biodiversität auf dem Platz interessiert sind: „Vieles wird in den Clubs selbst auch deswegen bewegt, weil sie Angst vor den Behörden haben.”
Golf kann auch für mehr Biodiversität auf den Flächen sorgen
Bei den bisherigen Erhebungen des Projektes GolfBiodivers konnte Kollmann eine positive Entwicklung feststellen: „Auf Golfplätzen ist schon einiges an Biodiversität los.” Zumindest mehr als vor der sportlichen Nutzung. Denn viele der Anlagen werden auf alten Ackerflächen gebaut, wo vorher nur eine Pflanzensorte angebaut wurde. Der Golfclub St. Barbara’s ist auf einem alten Truppenübungsgelände für das englische Militär entstanden.
Die Greens, über die Renkhold in seinem Cart fährt, sind im Gegensatz zu den Ausgleichsflächen nicht produktiv. Kollmann meint: „Das ist eine ökologische Wüste.” Deswegen fokussiert sich die Initiative GolfBiodivers besonders auf die Ausgleichsflächen. Im Royal St. Barbara’s Club bedeutet das, dass der Nutzen für die Umwelt durch einheimische Pflanzen oder eine Streuwiese gesteigert wird, erklärt Dirk Renkhold.
Aber auch der alte Baum, an dem der geschlagene Ball zum Liegen kommt, trägt etwas zu der Biodiversität bei. Diese alten Bäume verteilen sich auf dem gesamten Royal St. Barbara’s Golfplatz und stehen unter Naturschutz. Auf dem Platz werden auch regelmäßig neue Bäume gepflanzt, sagt Renkhold. Als Leiter des Projektes GolfBiodivers sieht Kollmann häufig einen hohen Anteil an Bäumen auf den Golfplätzen. Das habe auch kommerzielle Gründe. Denn die Bäume spenden im Sommer Schatten und die abwechslungsreiche Natur mache das Spiel für die Golfer*innen interessanter.
Golfreisen als ökologische Hürde
Auf Instagram posten Golfer*innen unter dem Hashtag “Golftravel” immer wieder Fotos von Golfplätzen auf der ganzen Welt, die sie anderen empfehlen wollen. Die empfohlenen Golfplätze befinden sich zum Beispiel auf Mallorca, in Schottland, den USA oder Thailand. Auf den Plätzen posieren die Golfspieler*innen dann mit ihrem Golfequipment oder ganz klassisch mitten im Schlag. Dabei befindet sich der Golfschläger meist schon über dem Kopf der Spieler*innen, der Ball ist nur noch ein kleiner Punkt auf dem Foto und der Oberkörper ist in Richtung des Balles verdreht.
Diese Fotos haben aber auch ihren Preis, denn um zu diesen Golfplätzen zu kommen, reisen viele mit dem Flugzeug. Eine Studie der Deutschen Sporthochschule in Köln aus 2018 hat sich den CO2-Fußabdruck von verschiedenen Sportarten angeschaut. Mit einem klaren Ergebnis: Golfreisen machen den Sport sehr emissionsreich. Die Golfer*innen landeten in der Studie auf Platz drei der Sportarten mit dem höchsten CO2-Fußabdruck. Vor ihnen sind nur noch Taucher*innen und Surfer*innen.
Petra Himmel kennt diese Studie. Sie ist der Meinung, dass Golfreisen eines der größten Probleme des Sportes seien. Die Golfer*innen müssten sich mehr mit dem Thema Reisen und den ökologischen Folgen auseinandersetzen. „Das Thema wird im Moment von der Branche nicht gerne thematisiert, weil Reisen eben auch ein Industriezweig sind”, kritisiert Himmel. Clubpräsident Renkhold aus Dortmund sieht Golfreisen ebenfalls kritisch: „Das ist alles Geldmacherei.” Er selbst fährt ein bis zweimal im Jahr in den Golfurlaub, aber nicht nach Thailand oder Südafrika. Ihn zieht es in Länder wie Irland: „Ich bin ein Naturmensch. Ich freue mich, wenn ich an einer Steilküste stehe und Golf spielen kann. Das ist einfach ein Naturerlebnis.”
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