In den vergangenen 12 Monaten sind in Dortmund drei Menschen bei Fahrradunfällen gestorben. Fahrradverbände fordern jetzt Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrradsicherheit.
Ich stürze mich auf dem Fahrrad in das Verkehrschaos der Nordstadt. Gefühlt ist hier immer Rush Hour. Auf der Schützenstraße beginne ich meine Tour. Auf dem Fahrradweg fühle ich mich ziemlich sicher – bis ich die Mallinckrodtstraße überqueren will.
Die Autos und ich auf meinem Fahrrad haben parallel grün. Ein paar Meter bevor ich auf die Straße fahren will, biegt ein Auto nach rechts ab – und fährt über den Fahrradweg. In dem Moment wird mir bewusst, wie wichtig der Schulterblick von Autofahrern wirklich ist. Das war knapp. Ein paar Sekunden später und das Auto hätte mich erwischt.
Auf der anderen Straßenseite steht ein weißes Fahrrad. Es ist das vierte Ghost Bike in Dortmund und erinnert an einen Radfahrer der genau an dieser Stelle ums Leben gekommen ist. Die Kreuzung der Schützenstraße wirkt wirklich gefährlich. Ein paar Minuten später und ich bin mitten im dichten Verkehr direkt auf der Mallinckrodtstraße. Die Autos und LKW verunsichern mich. Ich versuche jedes Fahrzeug im Blick zu haben und steh ganz schön unter Strom. Hoffentlich sind die Autofahrer genauso aufmerksam wie ich und achten auf Fahrradfahrer wie mich.
Forderungen der Radverbände nach drei tödlichen Unfällen
In den vergangenen 12 Monaten endeten in Dortmund drei Fahrradunfälle tödlich. Unter den Opfern war auch ein Kind. Fahrradverbände und Initiativen sind der Meinung, dass diese Unfälle hätten verhindert werden können. So haben der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrradclub), VCD, VeloCityRuhr und weitere Vereine gemeinschaftlich einen offenen Brief mit sechs Forderungen an die Stadt Dortmund gestellt.
Die Verbände fordern getrennte Grünphasen für abbiegende Autos und geradeaus fahrende Fahrradfahrer. Zusätzlich sollen bei allen Sanierungen künftig die Radwege an Kreuzungen breiter werden. Radfahrer seien bei zu schmalen Wegen zu schwer zu sehen. Fahrbahnen sollen mit einer nicht rutschigen Farbe markiert werden.
Alternative Fahrradstraßen in der Nordstadt
Eine Alternative zu stark befahrenen Straßen könnten neu ausgebaute Fahrradstraßen sein. In der Nordstadt gäbe es mehrere direkte und verkehrsarme Parallelstraßen zu den Hauptstraßen, die sich ausbauen lassen würden. “So könnte ein großer Teil des Radverkehrs sicher, direkter und schnell über die Nebenstraße abgewickelt werden”, fordern die Verbände in einer Pressemitteilung. “Die Einrichtung einer Fahrradstraße darf sich nicht auf das Anbringen eines Fahrradstraßenschilds beschränken. Sie muss an die Erfordernisse des Radverkehrs angepasst werden.” Dazu gehören beispielsweise verbesserte Kreuzungen und Straßenbeläge.
Zusätzlich sehen die Verbände es als dringend notwendig die Hauptstraßen sicher zu gestalten. Nicht nur an der Kreuzung Schützenstraße, auch an den Kreuzungen der Uhlandstraße, Leopoldstraße, Bornstraße und Brunnenstraße mit der Mallinckrodtstraße sollen die Forderungen umgesetzt werden. Aber: „Nicht nur die kreuzenden Straßen der Mallinckrodtstraße benötigen eine Anpassung der Fahrradsicherheit“, so Peter Fricke von VeloCityRuhr. Auch andere Kreuzungen müssen verbessert werden. Aber die Mallinckrodtstraße und ihre Kreuzstraßen wurden ausgewählt, weil in dem Bereich die tödlichen Unfälle passierten und der Bedarf dort am größten sei.
Pilotprojekt “Grüne Welle” in 2019
In der Zukunft soll ein Pilotversuch der Stadt Dortmund den Radfahrern mehr Sicherheit geben und das Rad fahren in der Stadt attraktiver gestalten. Planer des Dortmunder Tiefbauamtes prüfen eine grüne Welle für Fahrräder. Eine Vorlage zur grünen Welle wird derzeit erarbeitet und berechnet, um es anschließend der Politik vorzulegen. 2019 könnte das Pilotprojekt starten.
Auf die Forderung der Verbände, die Ampelschaltung anzupassen kann die Stadt Dortmund nur bedingt eingehen. „Eine Veränderung der Ampelschaltung, sodass Fußgänger und Radfahrer gleichzeitig Grün haben und der KFZ-Verkehr steht, ist nicht uneingeschränkt umsetzbar“, sagt Pressesprecherin der Stadt Dortmund Katrin Pinetzki.
Änderung der Ampelphase nur bedingt umsetzbar
Die Befürchtung sind Chaos und lange Staus. Die Ampelphasen könnten außerdem nicht von heute auf morgen umgestellt werden. An nicht so stark belasteten Kreuzungen sei es aber gegebenfalls denkbar. Jede Kreuzung bräuchte prinzipiell eine individuelle Planung. „Bei der Ampelplanung steht die Sicherheit der Radfahrer und Fußgänger grundsätzlich an vorderster Stelle“, sagt Pinetzki. Die geforderte farbliche Markierung sei bereits begonnen worden. Bis 2020 sollen weitere 26 Kreuzungen markiert werden.
Ob den Verbänden diese Maßnahmen ausreichen, ist fraglich. Bis dahin sollte meiner Meinung nach auf der Mallinckrodtstraße noch viel passieren. Ich werde das Fahrradfahren in der Stadt weiterhin meiden.