Schummriges Licht. Dichtes Gedränge. Ein Schubser von links, ein Schubser von rechts. Menschenmengen, die sich durch die kleinen Gänge zwischen den schön dekorierten Marktständen quetschen – wer auf den Weihnachtsmarkt geht, weiß von vornherein, dass es eng und voll werden kann. Ein wahres Paradies für Taschendiebe. Als Besucher bekommt man da schnell mal ein mulmiges und unwohles Gefühl – versichert sich lieber drei Mal, ob die Geldbörse geschlossen und die Tasche doppelt verriegelt ist.
Wie alle Großveranstaltungen sei auch der Weihnachtsmarkt ein beliebter Ort für Diebstahl, bestätigt Kim Ben Freigang, Pressesprecher der Polizei Dortmund. “Die Naivität mancher Menschen, die mit offener Tasche oder dem Handy sichtbar in der Hosentasche rumlaufen, lädt förmlich zum Diebstahl ein.” Man müsse sich aber von dem Gedanken lösen, dass Taschendiebe nur an Glühweinbuden oder anderen Marktständen aktiv sind. Denn gerade rund um den Weihnachtsmarkt – am Bahnhof, in der U-Bahn oder in kleinen Seitenstraßen – können die Diebe lauern.
Wirklich weihnachtlich klingt das nicht mehr. Aber wie viel ist dran am Krimi-Wahn? Wie schlimm ist die Kriminalität auf Weihnachtsmärkten wirklich? KURT hat bei einigen Marktstandbesitzern auf dem Dortmunder Weihnachtsmarkt nachgefragt, welche Erfahrungen sie schon mit Kriminalität gemacht haben und wie sie sich selbst und die Besucher vor Taschendieben schützen.
Marcel arbeitet am Glühweinstand „Hansa-Treff“ auf dem Hansamarkt. Richtige Überfälle hat er noch nicht mitbekommen, höchstens mal kleinere Auseinandersetzungen. „Aber es ist halt das Typische, wenn getrunken wird und jemand auch angetrunken ist, dass es auch mal zu kleinen Streitigkeiten oder so kommt, aber das hält sich trotzdem alles im Rahmen.“ In den letzten 20 Jahren habe es vielleicht drei Prügeleien gegeben. Marcel sieht die Lage relativ gelassen: „Ich bin das ganze Jahr über auch auf anderen Veranstaltungen, da kommt das viel öfter vor als hier auf dem Weihnachtsmarkt.“ Von Diebstählen hat er persönlich noch nichts mitbekommen. Ein Weihnachtsmarkt sei aber nicht der einzige Ort, an dem Diebstahl häufig vorkommt: „Überall wo viele Menschen sind, ist das ja für Trickbetrüger eine leichte Sache.“ Um es den Trickdieben nicht noch leichter zu machen weist Marcel seine Kunden und auch andere Besucher auf offene Taschen oder Ähnliches hin.
Am Schmuckstand, an dem Birgit arbeitet, gehört Diebstahl fast schon zum Alltagsgeschäft. „Geklaut wird hier oft, vor allem, wenn die Leute Rucksäcke anhaben – hintendrauf. Das sehe ich hier bei mir am Stand, wenn die von hinten dran gehen, krieg ich das schon mit, wenn die Leute ihre Taschen auf einmal nach vorne holen: Auf. Kaputt. Rausgeholt.“ Aber nicht nur die Besucher werden beklaut. Trickdiebe lassen hier am Stand auch mal gerne einen Ring oder einen Schal mitgehen. Am Alter oder Aussehen könne man die Diebe nicht erkennen: „Man steckt da nicht drin. Ich kann den Leuten ja nur vor den Kopf schauen. Man weiß nie, wer dahintersteckt. Das kann eine alte Oma im Rollator sein, die klaut. Das habe ich alles schon erlebt. Das glaubt man einfach gar nicht.“ Wann die meisten Diebstähle passieren, könne man so gar nicht sagen. Ob morgens um zehn Uhr beim Aufmachen oder aber auch spät abends, kurz vor Feierabend ist ganz unterschiedlich.
Julia vom Stand „Herrnhuter Sterne“ wurde im letzten Jahr selber schon einmal ausgeraubt: Während eine Person sie ablenkte, hat eine andere Person die Kasse geplündert. Mittlerweile kennt Julia das Vorgehen mancher Trickdiebe: „Und zwar laufen hier ab und zu Grüppchen rum. Man weiß, dass die vorher schon ausspähen, bei welchen Personen man es am besten macht, in welchen Situationen man es am besten macht, wie man die am besten ablenken kann.“ Auch in diesem Jahr gab es schon einen auffälligen Besucher, der ihr als möglicher Trickbetrüger aufgefallen ist: „Wir sind auch dieses Jahr ganz offensichtlich schon wieder ausgespäht worden von jemandem, der einen Vorwand benutzt hat, dass er einen 50 Euro Schein für eine ganz kleine Ware, sehr klein wiederhaben wollte, um schön in die Kasse zu gucken und zu gucken, wie geht sie auf, wo ist sie und alles und es war doch sehr deutlich.“ Abgesehen von dem Raub im eigenen Stand hat sie noch keine Diebstähle bei den Besuchern mitbekommen. Trotzdem hat sie immer auch ein Auge auf ihre Kunden und gibt ihnen Zeit, um ihr Portemonnaie wegzustecken und sich in Ruhe zu sortieren.
Sechs Tipps von der Polizei für einen sicheren Weihnachtsmarktbesuch
- Das Wichtigste ist wachsam zu bleiben. Es passt das Sprichwort „Vorsicht ist besser als Nachsicht“. Bei Menschen die Euch besonders nahekommen oder stark anrempeln solltet Ihr besonders vorsichtig sein.
- Besondere Vorsicht ist bei den Diebstahl-Hotspots geboten: Rolltreppen, U-Bahnen und Einkaufszentren sind beliebte Orte der Trickdiebe. Passt gerade hier auf!
- Verteilt Eure EC-Karten, Geld und Papiere möglichst auf verschiedene Taschen. Besonders gut eignen sich dabei Jackeninnentaschen.
- Wichtiger Tipp gerade für Frauen: Haltet Eure Handtaschen möglichst nah am Körper – verschlossen und mit dem Verschluss zum Körper hin.
- Weniger ist mehr! Nehmt nur so viele Wertsachen zum Weihnachtsmarkt mit wie nötig. Alles, was ihr nicht dabeihabt, kann auch nicht geklaut werden.
- Last, but not least: PIN-Nummer und EC-Karte niemals zusammen in eine Tasche packen. Einfach den PIN merken und Ihr habt einen Risikofaktor weniger.
Neben den Markstandbesitzern und den Besuchern selber hat natürlich auch die Polizei immer ein Auge auf das Geschehen des Weihnachtsmarktes. Sowohl Mitarbeiter der Polizei als auch des Ordnungsamtes sind im Einsatz. Zusätzlich steht am Standort Alter Markt/ Westenhellweg die “Mobile Wache”.
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