Streik an Flughäfen: Das steckt hinter dem Tarifstreit

Innerhalb weniger Wochen ist es mehrfach zu Streiks an deutschen Flughäfen gekommen – zuletzt am Dienstag (15. Januar). Der Grund dafür: Das Sicherheitspersonal streikt, weil es mehr Gehalt für seine Arbeit fordert. Doch auf der Gegenseite regt sich nun ebenfalls Protest. Kurt beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.

Wer war vom Streik betroffen?

Betroffen waren acht Airports. Zu teils großflächigen Flugausfällen kam es in Frankfurt am Main, Hamburg, München, Hannover, Bremen, Leipzig/Halle, Dresden und Erfurt. Unmittelbar betroffen von den Arbeitskämpfen, die die Gewerkschaft Verdi initiiert hatte, waren dabei auch nicht bestreikte Airports. Unter anderem mussten in NRWan den Flughäfen Düsseldorf, Köln-Bonn und Münster/Osnabrück Reiserouten annulliert werden.

Warum wird seit Wochen immer wieder gestreikt?

Die Flugsicherheitsassistenten fordern einen höheren Lohn. 20 Euro brutto pro Stunde hat die Gewerkschaft Verdi für die bundesweit 23.000 Beschäftigten im Bereich der Passagier-, Fracht-, Personal- und Warenkontrolle aufgerufen. Teils deutlich darunter befinden sich die Löhne derzeit.

Laut des Bundesverbandes der Luftsicherheits-Unternehmen liegt der Stundenlohn in Sachsen-Anhalt beispielsweise bei 14,70 Euro. In Nordrhein-Westfalen bekommen Flugsicherheitsassistenten 17,05 Euro pro Stunde. Sollten die Forderungen erfüllt werden, würden die Sicherheitsleute 3.200 Euro brutto im Monat verdienen.

Eine  Ausbildung muss man nicht durchlaufen, um Flugsicherheitsassistent zu werden. Fachlich qualifiziert wird das Personal stattdessen im Rahmen von mehrwöchigen Schulungen. Das Aufgabengebiet umfasst die Kontrolle der Reisenden und die Gebäcküberprüfung am Band. Für gewöhnlich. Dienstag verweigerten sie erneut ihren Dienst.

Dabei fielen einige Flüge nicht vollkommen aus, sondern hoben leer ab, also ohne Passagiere, wie ein Lufthansa-Sprecher dem WDR bestätigte. So konnten zumindest nicht bestreikte Folgeflüge bestiegen werden.

Sind der Streik und die Gehaltsforderung angemessen?

Dr. Udo Kirsch von der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) kritisiert das Verhalten von Verdi grundlegend. “Was Verdi hier und häufiger macht, sind keine Warnstreiks, sondern regelmäßige Erpressungsstreiks”, so Kirsch. “Wiederholt wurde der Flugverkehr großflächig lahmgelegt.” Zuvorderst unbeteiligte Passagiere würden dadurch massiv beeinträchtigt, aber auch der Gütertransport und somit die deutsche Volkswirtschaft.

“Ein Streik”, meint er, “darf nur das letzte Mittel im Arbeitskampf sein, wenn Tarifgespräche gescheitert sind. Das ist hier aber nicht der Fall.” Es wäre Zeit, sagt Kirsch, dass beide Seiten verhandeln. Ein Angebot liege den Arbeitnehmern schließlich vor.

Durch die stark wachsende Anzahl der Flüge und Passagiere ist die Belastung wesentlich höher.

Dieses ist den Streikenden und Verdi allerdings noch deutlich zu gering. Martina Sönnichsen, im Bundesvorstand von Verdi tätig, verweist darauf, bislang “kein verhandlungsfähiges” Lohnangebot erhalten zu haben. Kurz vor Weihnachten sei es “nur unwesentlich um 0,2 Prozent erhöht worden, auch danach erfolgte kein neues”.

Der auch von Kirsch als üppig empfundene Gehaltssprung, den Verdi anpeilt, begründet Sönnichsen mit dem massiv zunehmenden Druck, der auf den Sicherheitsleuten laste: “Durch die stark wachsende Anzahl der Flüge und Passagiere ist die Belastung wesentlich höher. Zumal die Arbeitnehmer zu jeder Zeit hochkonzentriert sein müssen.” Den Flugsicherheitsassistenten komme “eine große Verantwortung” zu. Sie sorgten für den reibungslosen Ablauf am Flughafen, schützten vor Gefahren.

Warum übernimmt die Bundespolizei nicht selbst die Sicherung der Flughäfen?

Im Auftrag der Bundespolizei werden zumeist private Firmen verpflichtet, sich um die Koordination der Sicherheitsassistenten zu kümmern. Vornehmlich die Firma Kötter stattet die Flughäfen in Düsseldorf und Köln-Bonn aus. Der Grund: Die Polizei selbst verfügt über zu wenig Personal, beschäftigt immer weniger Kontrollkräfte.

Im Frühjahr 2015, so heißt es in einem Forschungsbericht des Instituts Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen, lag der Anteil bei nur knapp 7 Prozent.

Ist eine Einigung im Tarifstreit in Sicht?

Martina Sönnichsen aus dem Verdi-Bundesvorstand kann das nicht abschätzen. Weitgehend unklar ist die Situation vor der fünften Verhandlungsrunde, die am 23. Januar stattfinden wird.

Schon im September 2018 begannen die Gespräche zwischen den verschiedenen Parteien. Eine Lösung indes fehlt. “Wir hoffen”, sagt Sönnichsen, “dass unser Signal jetzt verstanden wurde und die Arbeitnehmer auf uns zukommen.”

Drohen weitere Streiks?

Weitere Streiks schließt Verdi nicht aus. Wann und wo diese stattfinden könnten, ist aber unklar. Auch, wenn der Dortmunder Airport bisher nicht betroffen war, ist es bei weiteren Streiks möglich, dass er als Ausweichflughafen genutzt wird.

Dann müssten sich auch Reisende ab Dortmund auf längere Wartezeiten einstellen. Grundsätzlich wird daher empfohlen, sich rechtzeitig vor dem Abflug über den aktuellen Status des Fluges zu informieren und mehr Zeit für die Abfertigung einzuplanen.

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