Fünf außergewöhnliche Instagram-Hotspots und ihre absurden Geschichten

Verkehrschaos, verzweifelte Anwohner und viel Wirbel im Internet. Schuld daran ist eine Plage der unerwarteten Art: Instagrammer. Mit dem Smartphone im Anschlag machen sie Orte auf der ganzen Welt zum #instanightmare. Hier sind fünf außergewöhnliche Instagram-Hotspots und ihre absurden Geschichten. Eine Glosse.

Auf der Suche nach der perfekten Instagram-Location muss es nicht immer das Insta-Museum für 30 Euro Eintritt sein. Auch ein Spaziergang durch die echte Welt bei frischer Luft kann außergewöhnliche Ideen wecken. Besonders schöne Orte aus aller Welt haben es daher zu einem gewissen Insta-Fame geschafft, was nicht selten für viel Chaos und entnervte Einheimische gesorgt hat. Verkehrschaos, belästigte Anwohner und der Drang, einfach alles “instagrammy” machen zu wollen, zeigt, wie sehr der Selbstdarstellungswahn mit einigen Influencern durchgegangen ist.

Eine kurze Google-Suche nach dem nächsten Reiseziele zeigt keine Ausflugstipps und Restaurantempfehlungen mehr, sondern Artikel nach dem Motto „Die 15 besten Orte, um in London die 4000 Likes-Grenze zu knacken“. Da kann sich jeder mit ein bisschen Fantasie ausmalen, nach welchen Kriterien manche Millennials ihr nächstes Reiseziel aussuchen. Das mag die Kassen der jeweiligen Reiseziele füllen – aber auch nicht für immer. Denn wozu noch aus dem Haus gehen, wenn der Insta-Feed schon einer durchgestylten Weltreise gleicht?

Hier sind fünf berühmte Instagram-Hotspots und ihre absurden Geschichten.

1. Der #superbloom im Süden Kaliforniens

Ein besonders nasser Winter hat dem US-Bundesstaat Kalifornien in diesem Frühling den #superbloom beschert. Und damit das gefühlt größte Verkehrschaos der USA seit Woodstock. Die Felder im Süden des Staates blühen voller schöner Mohnblumen in orange und gelb. Kaum war die erste Knospe aufgegangen, ließen Hunderte in Malibu ihren Grünkohl-Saft stehen und machten sich auf den Weg zu dieser Insta-Megakulisse.

Erst nachdem das Desaster eingetreten war, sah sich die Leitung des Antelope-Tal Naturschutzgebietes doch gezwungen, einige Warnhinweise auszusprechen, berichtet die Neue Züricher Zeitung: „Es ist verboten abseits der Wege wandern zu gehen“ und „bitte landen Sie nicht mit ihrem Helikopter im Blumenfeld“ (kein Scherz) – die üblichen Spaßverderber-Phrasen eben. Vom #instadream zum #poppynightmare. Die Stadt Lake Elsinore entschied sich nach einem Besucheransturm von rund 50.000 Menschen dazu, den Zugang zu den #superbloom-Feldern zu sperren. Wieder verlässt eine Like-Granate die Sphären der Schönen und Erfolgreichen. Tragisch.

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READ ON, IMPORTANT TALK // Wouldn’t it be great to be gifted? It turns out that choices lead to habits. Habits become talents. Talents are labeled as gifts… You are not born this way, you get this way. What are your talents? I used to think I’m not talented. I don’t know how to sing, how to play an instrument, not great a sports and I’m not the best at anything. After one month writing down things I’m good at (*so hard*), I realized I don’t have to be the best at anything to have talents! I worked hard to create habits that turned into talents. I’m a talented photographer. Im a talented content creator. I draw and paint pretty well. I’m a parallel parker rockstar. I have a talent for cooking too. I’m great with kids. I’m a talented writer. And so much more. Take a moment to think about WHAT ARE YOUR TALENTS? Please share below 🙂 📷: @munopia

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2. #ArcdeTriumph und #GiletsJaunes in Paris

Tränengas wabert durch die Luft, laute Pfiffe, Schreie. Gleichzeitig: „Bitte lächeln“, „nochmal von der anderen Seite“ und „jetzt spring mal in die Luft“. Während auf der Ost-Seite des Arc de Triumphs die Gelbwesten Paris in chaotische Zustände versetzen, knipsen Social-Media-Wütige auf der anderen Seite des Pariser Wahrzeichens, was das Zeug hält. Ob sie der beißende Geruch nach brennenden Autoreifen nicht stört? Ob sie die Polizeiblockade vor dem Trimphbogen einfach per Photoshop rausschneiden? Egal! Hauptsache Instagram weiß Bescheid, dass man in Paris war und dieses süße Kleid anhatte. Und wer lässt sich schon von Außentemperaturen von elf Grad oder den Gelbwesten von einem der wichtigsten Shots in #instaparis abhalten? Auch der Verkehr auf dem kreisrunden Platz und der Champs-Elysee scheint die wenigsten zu stören. Todesmutig posieren die Instagrammer zwischen den heranrauschenden Autos.

3. Die Kunterbunte #RueCremieux in Paris

Nicht weit entfernt überlaufen weitere Instagrammer die Rue Crémieux. Eine traumhafte und malerische kleine Straße mit Kopfsteinpflaster, bunten Hausfassaden und stuckverzierten Balkonen. Barretmütze, Blumenstrauß und Verlobung wären nur halb so schön, wenn sie nicht vor dieser Kulisse im Internet geteilt würden. Dass auf dieser Straße auch tatsächlich Menschen wohnen und abnorme Mieten für ebendiese Kulisse zahlen, die andere für ihren Insta-Fame einfach umsonst nutzen, ist völlig egal. Die Anwohner wollen sich gegen die Massen wehren, wie erfolgreich das sein wird, ist allerdings fraglich.

Instagrammer, die in den Hauseingängen eines pinken Hauses Yoga-Übungen vorführen befinden sich zwar an der Grenze zum Hausfriedensbruch, aber eine Straße kann man ja nicht vor dem Fotografiertwerden beschützen. Es sei denn natürlich, man benutzt einen Zaun, der den Bereich abriegelt – so wohl auch der Plan der Anwohner. Von der Instagram-Geiselhaft zum Open-Air Gefängnis.

 

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Les parents de Cassandra avaient depuis longtemps abandonné l’idée de lui expliquer comment fonctionnait une sonnette. #ruecremieux #clubcremieux

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4. Die berühmte #Kirschblüte auf der Bonner Heerstraße

Wer trotz alledem nicht auf seinen nächsten #instafame verzichten will, braucht gar keine Sicherheitskräfte schmieren und in kein Flugzeug steigen! Denn selbst das beschauliche Städtchen Bonn hat es auf die renommierte Insta-Hitliste geschafft. Die blühende Kirschblüte auf der Heerstraße in der Bonner Altstadt steht dem #superbloom in nichts nach und schafft romantische Kulissen für Babyfotos, Verlobungen oder einfach spontanes Durch-die-Luft-springen und #lovinglife.

Die Stadt Bonn begrüßt die kostenlose Werbung. „Wenn Besucher aus aller Welt kommen und ihre Fotos um die Welt schicken, finden wir als Stadt das natürlich toll,“ sagt eine Sprecherin des Presseamts. „Allerdings natürlich nur, wenn keine Verkehrsregeln missachtet und andere Menschen behindert werden.“

5. Zutritt nur für Influencer: Wandmalerei auf der #MelroseAve in LA

Eine Wandmalerei in der US-Stadt Los Angeles wurde kurzerhand für Nicht-Influencer gesperrt. Per Security-Guard wurde der Zutritt für denjenigen gewährt, die mehr als 20.000 Follower haben oder einen verifizierten Account bei Twitter. Die Aktion sorgte für reichlich Unmut unter den Instagrammern, berichtete die Plattform Vice. Kurze Zeit später gaben die Macher der Wandmalerei dem enormen Druck aus dem Internet nach und öffneten die Foto-Location für die Öffentlichkeit.

Beitragsbild: “Mountainside Siesta” by Kevin Roland

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