Kommentar: Autofahrer können noch lange kein Motorrad fahren!

Motorrad.Motorrad fahren mit einem normalen Autoführerschein – wenn es nach Verkehrsminister Andreas Scheuer geht, ist das die Zukunft. Klingt auch erstmal ganz nett, aber je länger ich darüber nachdenke, desto unverantwortlicher und gefährlicher finde ich die Idee, die unser Herr Verkehrsminister da auf den Weg gebracht hat. Ein Kommentar.

Nach Scheuers Entwurf soll man künftig mit einem Führerschein der Klasse B auch Leichtkrafträder fahren können, anstatt dafür erst noch einen extra Schein machen zu müssen. Es würde nur drei Kriterien geben, die man erfüllen muss, um mit dem Führerschein für vier Räder, auch zwei Räder fahren zu können: Über 25 Jahre alt sein, seinen Führerschein mindestens fünf Jahre besitzen und fünf 90-minütige Übungsstunden absolvieren.

Was sind Leichtkrafträder?
Zu den Leichtkrafträdern gehören Zweiräder der Klasse A1, die einen Hubraum mit bis zu 125 Kubikzentimeter und maximal 15 PS haben. Mit ihnen kann man meistens so um die 100 km/h fahren.

Nur weil ich ein Auto beherrschen kann, kenne ich mich nicht mit Motorrädern aus

Kurt Autorin Annika Scholz

Für mich ist dieser Entwurf einfach nur gefährlich und die drei Einschränkungen eher ein Witz. Mit 17 habe ich meinen B-Führerschein gemacht, also ganz schlicht und einfach für Autos. Wenn es damals nach mir – und nicht nach meinem Geldbeutel – gegangen wäre, dann hätte ich den Motorradführerschein sofort mitgemacht. Von daher müsste mir der neue Entwurf ja eigentlich ganz gut passen, aber ganz ehrlich: Nur weil ich einen Führerschein für ein Auto habe und, denke ich, nicht die schlechteste Autofahrerin bin, sehe ich mich auf keinen Fall in der Lage, ein Motorrad zu fahren.

In 450 Minuten lernt man nicht mit einem Motorrad umzugehen

Ein paar Jahre Fahrerfahrung sind sicherlich vorteilhaft, um die Verkehrswelt besser zu verstehen und sicherer im Verhalten zu sein, aber eben nur aus der Auto-Perspektive. Zum Vergleich: Ein Veterinärmediziner hat zwar dasselbe Grundstudium wie ein Humanmediziner, ist jedoch auf Tiere spezialisiert. Und nur weil er weiß, wie man einen Hasen operieren kann, würde keiner auf die Idee kommen, ihn einen Menschen operieren zu lassen. Ähnlich ist es mit dem Auto- und Motorradfahren. Man hat zwar das selbe Grundwissen im Hinblick auf Verkehrsregeln und ist auf den gleichen Wegen unterwegs, aber deshalb kennt ein Autofahrer sich nicht mit der Technik des Motorrads aus, der Art und Weise wie man es fahren muss, oder weiß, in welchen Situationen Motorradfahrer ganz besonders achtsam sein müssen. Und dieses Wissen bekommt man auch nicht in 450 Minuten Übungszeit.

In diesem Sinne äußerten sich auch viele Fahrlehrer. Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) kritisiert, dass den Motorradfahrern ohne einen speziellen Führerschein die technische Kompetenz fehle, so ein Kraftrad zu fahren.

Eine Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer

Motorrad fahren ist einfach ziemlich gefährlich. Man ist bestenfalls durch einen Motorradanzug und einen Helm geschützt. Anders als bei einem Auto gibt es kein Blech oder Airbags, die einen wenigstens noch etwas schützen. Bei einem Unfall ist man dem Geschehen im wahrsten Sinne des Wortes hautnah ausgeliefert. Und Unfälle passieren deutlich schneller, wenn Fahrer nicht mit ihrem Fahrzeug umgehen können, weil sie in 450 Minuten nicht lernen konnten, ihr Motorrad zu beherrschen und zu verstehen. Genau dies fürchtet auch die Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands (BAND), die aus diesem Grund auch scharfe Kritik an dem Entwurf geäußert hat.

Vor allem bringen unsichere Fahrer nicht nur sich selbst in Gefahr, sondern auch alle anderen Verkehrsteilnehmer. Ein Motorradfahrer, der sein Fahrzeug nicht beherrscht, kann nicht nur ein Auto in einen Unfall verwickeln, wo die Fahrer durch Airbags und jegliche Technik gut geschützt sind, sondern auch Fahrradfahrer oder Fußgänger. Neben materiellen Schäden oder Verletzungen kann dies aber auch zu psychischen Traumata führen. Vor allem dann, wenn die Motorradfahrer von anderen Verkehrsteilnehmern angefahren oder verletzt werden, obwohl diese gar nichts dafür können, sondern die Motorradfahrer Fehler gemacht haben.

Leichtkrafträder und Motorräder – der Grad ist schmal

Für mich besteht in diesem Fall auch kein Unterschied zwischen Leichtkrafträdern und “richtigen” Motorrädern. Klar haben sie weniger PS, aber um die 100 Km/h können die meisten Maschinen trotzdem fahren. Und bei solchen Geschwindigkeiten muss man zu 100 Prozent wissen, was man tut. Klar muss man das auch schon bei niedrigeren Geschwindigkeiten, aber je höher die Geschwindigkeit ist, desto leichter verliert man die Kontrolle über sein Fahrzeug. Und das kann verheerende Folgen haben, wo wir wieder beim Punkt mit den Unfällen wären. Der Unterschied zwischen Leichtrafträdern und Motorrädern ist schmal und daher kann ich einfach nicht verstehen, warum man für das eine keinen speziellen Führerschein braucht und für das andere schon. Wie kann es sein, dass so ähnliche Fahrzeuge so verschieden eingeschätzt werden?

Ziele gut, Umsetzung mangelhaft

Mit dem Gesetzesentwurf möchte das Verkehrsministerium eigentlich die Mobilität – vor allem in ländlichen Gebieten – fördern und gleichzeitig auch klimafreundlicher werden. Das finde ich nicht nur gut, sonder auch sehr wichtig. Die Umsetzung hingegen würde ich eher als mangelhaft bewerten. Klar kann so Mobilität geschaffen werden, aber darf das auf Kosten der Sicherheit geschehen? Meiner Meinung nach nicht. Und klar, klimafreundlicher als dicke Autos sind die Leichtkrafträder vielleicht schon, aber das wären sie auch, wenn man vorher noch einen Führerschein macht.

Beitragsbild: Cloney on Pixabay

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4 Kommentare

  1. Gerold Heinen
    Motorrad Fahren (A1) Mit PKW Führerschein
    Ich denke da anders drüber! Vielleicht ist das Umdenken für Leute wie die Kritiker von den Fahrschulen, vom TÜV, SPD, Grüne so schwer, das sie anderen es nicht zutrauen mit einem PKW Führerschein ein Leichtkraftrad zu fahren? Der Herr Scheuer macht es genau richtig, wenn alle Mit machen würden, hätten wir lange nicht so viele Diskussionen darüber! Wer Langsam Fährt verbraucht weniger Benzin, Gas, Strom oder Neu Wasserstoff!
    Da kommt ein Tempolimit genau richtig auf der Autobahn!
    16 Jährige Kinder fahren mit 125 ccm. Auf der Autobahn die werden doch von Autofahrer Platt gemetzelt, wenn sie überholen wollen! Es ist eindeutig Schuld des Autofahrers dass sie nicht auf der Autobahn geduldet werden!
    Den Herrn Scheuer so schlecht zu machen, geht gar nicht! Er ist und bleibt unser Verkehrsminister und da gebührt Hochachtung. Ich bin Nach wie vor der Meinung, dass es gut für uns ist, Motorrad mit 11 KW 125 ccm durch zu setzen, wer Als junger Mensch mit den Fahrzeugen groß geworden ist wird gerne auch diese Maschine fahren! Nur schade dass es am 1.04.1980 uns allen gestohlen wurde! Darum wird es jetzt Zeit, den Fehler wieder gut zu machen, jetzt noch der A 1 in der Klasse B integriert wird und die Elektro Autos und E-Motorroller auf den Straßen fahren, sollte sich der CO Wehrt auch reduzieren. Aber dazu muß jeder wirklich Umdenken. Leider sind ja die Hirnlosen Kritiker der Meinung das wir PKW Fahrer keine Motorräder fahren können, da irren sie sich aber gewaltig! Ich persönlich fahre seit meinen 14 Lebensjahren Zweiräder! Ich bin Zweirad Mechaniker und durfte mit 15J. 1975 Motorräder Probe fahren, Hallo ich lebe noch! Heute möchte ich eine 125 ccm fahren und darf es nicht weil es nicht mehr Vorgesehen ist mit der KL. 3 eine 125 fahren zu dürfen, Ich kann sie fahren darf aber nicht! Es wird Höchste Zeit das Die EU anfängt als EU zu fungieren, Österreich, Italien, Belgien und viele mehr haben den A1 schon ein Jahrzehnt in dem Auto Führerschein. Wann ist Deutschland Europa oder bleibt Deutschland Bundesrepublik wenn dem so ist, sollte Deutschland raus aus der EU und die Deutsche Mark wieder Einführen! Es kann doch nicht sein das wir Deutsche Erfinder in allen Rubriken Weltmeister in allen Dingen Sind denn noch zu Dumm Motorrad zu fahren. Das kann doch nicht der ernst der Kritiker sein!
    Die Klasse B ist im Theoretischen, das gleiche wie der Motorrad schein, die anderen bezogenen Fragen der Klasse 1 A, werden gelernt und das Praktische Fahren wird auch erlernt für den PKW Fahrer! Dann hat er die gleiche Ausbildung bekommen wie ein Motorrad Fahrer! Geht das vielleicht auch in den Köpfen des Kritikers hinein? Ich Persönlich habe ein 125 ccm Roller mit 7 PS das Fahrzeug ist mit 82 KM/H angegeben, damit würde ich über Land von WHV nach Jever Fahren oder nach Wangerland um meine Dinge zu erledigen!
    Das Fahrzeug verbraucht 2,5 l auf 100 km Ich möchte den Roller Fahren und habe mir den extra fertig gemacht mit TÜV und Reparatur. Jetzt liegt es bei euch, wann ich es fahren darf!
    Ich würde mich auch sehr über eine Rückmeldung freuen wie das jetzt Entschieden wird! Dazu gebe ich meine
    E Mail Adresse: geroldheinen48@yahoo.de bekannt und verbleibe mit freundlichen Gruß

    Gerold Heinen
    Der Wangerländer aus WHV

  2. says: Lisbeth Maler

    Jedes Mal, wenn ich gesagt habe, dass ich eine Motorrad-Fahrschule besuchen möchte, wurde mir gesagt, dass ich doch einfach einen Autoführerschein machen kann. Da wäre das Motorradfahren ja schon mit drin. Allerdings stimmt es schon, dass man zwar dasselbe Grundwissen im Hinblick auf Verkehrsregeln hat, aber die Technik doch eine völlig andere ist.

  3. says: Hans Koch

    Ich bin selber Motorrad- und Autofahrer und finde, die vollkommen andere Fahrphysik eines Motorrades gegenüber einem Auto muss unter Anleitung erlernt und im Straßenverkehr eingeübt werden, alles andere Schwachsinn. Allerdings dürften dafür fürs erste 8-10 offizielle Fahrstunden durch kompetente Lehrer reichen. Alles andere kann man ohnehin, wie beim Autofahren, nur durch eigene Erfahrung und Praxis erlernen.
    Ich bin leidenschaftlicher Motorradfahrer. Und mit eine Eigenschaft dieses Fahrzeuges ist eben, dass man keine schützenden Bleche und Knautschzonen um sich hat und somit der harmloseste Umfaller zu Verletzungen führt. […] Dessen muss man sich als Nutzer dieser Fahrzeugklasse bewusst sein und dementsprechend vorausschauend und in Topverfassung fahren. Unsicherheitsgefühle oder gar ein kleiner Kater vom Vortag sind da nicht drin.

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