Anschlag in Halle bewegt auch die Menschen im Ruhrgebiet

Es war eine Nachricht, die ganz Deutschland schockiert hat. Am Mittwochmittag schoss ein Mann vor der Synagoge in Halle an der Saale um sich. Dabei tötete er zwei Menschen. Uri-Robert Kaufmann, Leiter des jüdischen Kulturinstitutes an der Alten Synagoge in Essen, weiß, dass Antisemitismus auch in ganz anderen Formen auftreten kann.

Kaufmann hat von dem Amoklauf in Halle zunächst nichts mitbekommen. Am höchsten Feiertag im Judentum, Jom Kippur, fastete er bis zum Abend. Erst gegen kurz nach 20 Uhr erfuhr er von dem Anschlag.

Seit 2011 leitet Kaufmann das jüdische Kulturinstitut in Essen. Auch er hatte bereits mit antisemitischen Anfeindungen zu kämpfen – und geht dagegen vor.

Uri-Robert Kaufmann, Leiter der jüdischen Kulturgemeinde an der Alten Synagoge in Essen. Foto: privat

Nach einem Angriff eines libanesischen Clans vor 19 Jahren wurde die Alte Synagoge mit Panzerglasscheiben versehen. “Es fahren auch regelmäßig Polizeistreifen bei uns vorbei. Und seit gestern wird die Alte Synagoge 24 Stunden von der Polizei überwacht”, sagt Kaufmann. Doch nicht immer zeigt sich Antisemitismus in Form von Gewalt wie beim Anschlag vom Mittwoch.

Antisemitismus nicht immer mit Gewalt verbunden

“Viele Kinder haben Probleme in der Schule, wenn die Mitschüler erfahren, dass sie jüdisch sind. Deshalb halten viele Kinder ihre Religion geheim”, erklärt der Institutsleiter. Auch kommt es immer wieder zu Beleidigungen oder anderen antisemitischen Taten. So wurde die Alte Synagoge in Essen Anfang des Jahres von Unbekannten mit Graffiti bemalt.

“Dieses markante und bekannte Gebäude sprüht man nicht zufällig an. Da war jemand am Werk, der die Alte Synagoge gezielt treffen und verunstalten wollte”, sagte Kaufmann damals der “Westdeutschen Allgemeinen Zeitung”.

Auswirkungen in Dortmund

Auch an den Menschen in Dortmund ist das Attentat in Halle nicht spurlos vorbeigegangen. Am Mittwochabend trafen sich rund 80 Menschen zu einer friedlichen Spontandemonstration an der Katharinentreppe am Hauptbahnhof. Die Demonstration lief unter dem Motto “Rassismus und Antisemitismus sind tödlich”.

Der Dortmunder Polizei sind keine Anzeichen auf Pläne für einen ähnlichen Anschlag in Dortmund bekannt. Dennoch wurden die Sicherheitsmaßnahmen für jüdische Einrichtungen in Dortmund und Lünen erhöht, teilte uns ein Polizeiprecher mit.

Zentralrat der Juden in Deutschland kritisiert Polizei

Für den mangelnden Schutz hatte der Zentralrat der Juden in Deutschland die Polizei scharf kritisiert. Eine Funkstreife vor Ort hätte nicht alles verhindern können, sagte der Vorsitzende Josef Schuste. Aber sie hätte vielleicht den Täter abschrecken können.

Vor der Synagoge in Halle hatte es zuvor nur unregelmäßige Polizeistreifen gegeben. Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht sagte, dass die Synagoge zwar in einem Sicherheitskonzept mit eingebunden war, es aber keine konkreten Hinweise auf einen Tötungsdelikt mit antisemitischem Hintergrund gegeben hatte.

Was ist in Halle passiert?

Am Mittwoch hatte ein Mann mit selbstgebauten Sprengsätzen versucht, in die Synagoge in Halle einzudringen. Dort lief ein Gottesdienst zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Anschließend erschoss er vor der Synagoge zwei Menschen. Der mutmaßliche Täter Stephan B. hatte seinen Amoklauf live gestreamt. Der 27-Jährige wurde später von der Polizei in seinem Wohnort bei Eisleben in Sachsen-Anhalt festgenommen. Unklar ist noch, ob B. alleine gehandelt hat oder ob es Komplizen gab. Die Polizei geht allerdings von einer Einzelntat aus. Am Donnerstag waren auch Bundesinnenminister Horst Seehofer und Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haselhoff für eine Pressekonferenz und eine Mahnwache in Halle vor Ort.

Beitragsbild: Hurk auf Pixabay, lizenziert mit Pixabay license

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