Sie sehen sich in ihrer Existenz bedroht: Mit mehr als 500 Traktoren haben sich Bauern aus Nordrhein-Westfalen am frühen Montagmorgen auf die Straßen begeben, um gegen die Agrarreform der Bundesregierung erneut zu protestieren. Laut WDR, wollen sie über mehrere Städte im Land fahren, unter anderem auch in Dortmund.
Bereits im Oktober haben die Landwirte zum ersten Mal für Wirbel und Unruhe auf den Straßen gesorgt, in Form eines Protests, der sich an die Pläne der Bundesregierung für mehr Naturschutz und auch Schutz des Grundwassers vor Nitrat gerichtet hat. Es solle auch ihrer Ansicht nach einen erkennbaren und aufsteigenden Trend zum ,,Bauern-Bashing” geben und diesem wollen sich die Demonstranten entgegenstellen.
Erster Treffpunkt war Bonn, an dem sich die Protestierenden um sieben Uhr versammelt haben. Mit einer Staffelfahrt Hunderter Traktoren sollen sie in Etappen unter anderem über Bonn, Köln, Düsseldorf und Dortmund bis nach Bielefeld fahren. Die Demonstration finde an einem Tag vor einer großen Sternfahrt in Berlin statt.
Neue Änderungen in der Landwirtschaft
Die Auslöser für die Proteste seien die neuesten Agrarpläne der Bundesregierung. Hierbei geht es unter anderem um den Tier-, und Naturschutz sowie dem Schutz des Grundwassers vor Nitrat, das durch Überdüngung in den Boden gelangen solle. Bekanntlich habe Deutschland mit zu hohen Nitratwerten im Grundboden schon seit Jahren zu kämpfen, sodass Strafzahlungen bis zu 850.000 Euro täglich von der Seite der EU-Komission anvisiert werden, solange keine entsprechenden Maßnahmen von der Bundesregierung vorgenommen werden. Aus diesem Grund sei eine Verschärfung der Düngeverordnung in Planung. Somit solle es in Gebieten mit hoher Nitratbelastung um 20 Prozent weniger gedüngt werden. Das gelte aber auch für Böden, die aufgrund ihrer Beschaffenheit, grundsätzlich viel Dünger vertragen würden, sodass die Unterteilung in stark belastete und weniger belastete Gebiete für die Landwirte nicht nachvollziehbar sei und für Aufregung sorge, berichtet der WDR.
Zusätzlich kommen neue Regeln zum Insektenschutz, die in der Zukunft den Einsatz von Pestiziden in Schutzgebieten und in der Nähe von Gewässern deutlich einschränken sollen. Die sogenannten Direktzahlungen, die die Landwirte im Rahmen des EU-Agrarförderungsprogramms erhalten, sollen künftig auch an die Teilnahme an Umweltprogrammen angefügt werden.
Schlechtere Ernte, weniger Geld
Vor diesem Hintergrund kommen viele Landwirte ins Schwitzen, da ihre Existenz dadurch künftig in den Sternen stehen könnte. Noch stärkere Einschränkungen bei der Düngung würden nämlich zu schlechteren Ernten und gleichzeitig zu geringeren Einnahmen der Bauern führen. Die Landwirte befürchten, dass die Insekten dementsprechend in die Anbauprodukte, wie zum Beispiel Gemüse, eindringen könnten. Das hätte zur Folge, dass es den Verkauf der Produkte verhindern würde. Wie der Deutsche Bauernverband dem WDR mitgeteilt hat, könnten die Regeln zum Insektenschutz dazu führen, dass bundesweit die Landwirtschaft schätzungsweise auf mehr als 2,3 Millionen Hektar, nur noch mit ,,erheblichen Einschränkungen” möglich sei. Das dürfte den Landwirten nicht entgegenkommen, falls sich die Schätzungen bewahrheiten sollten.
Viele Bauern fühlen sich von der Regierung missachtet, und würden daher gerne bei der öffentlichen Debatte zu diesem Thema mitwirken und Mitspracherecht an den politischen Entscheidungen haben. ,,Wir würden gerne ein Teil davon sein, da wir praktisch eine zentrale Rolle bei der ganzen Geschichte spielen, denn wir sorgen nämlich dafür, dass wir Lebensmittel haben”, so die Landwirtin Meike Schulzbroers gegenüber dem WDR.
Der Agrarwissenschaftler Horst-Henning Steinmann von der Universität Göttingen ist der Meinung, es müssten sich Vertreter aller Gruppen an einem Tisch zusammensetzen, wie zum Beispiel die Landwirte, Verbraucherschützer, Umweltschützer und Handelsvertreter. ,,Wir müssen die Landwirte davon überzeugen, dass sie bereits mit überschaubaren Maßnahmen viel für den Erhalt und Verbesserung der Vielfalt tun können. Die Verbraucher sollten aber auch daran beteiligt sein und sich dabei auch fragen, ob sie für die Agrarprodukte die richtigen Preise zahlen.”
Zukunft steht völlig offen
In der Vergangenheit hatten die Landwirte oft die Möglichkeit, die Entscheidungen und Regelungen, rund um das Thema Umweltschutz, zu beeinflussen. Nichts desto trotz sinke mittlerweile die öffentliche Akzeptanz für die Landwirtschaft, die ausschließlich auf steigende Erträge ausgerichtet seien. Daher sei noch offen, wer sich am Ende durchsetzen wird – die Bauernlobby oder die Umweltbewegung.
Dortmunder Verkehr leicht beeinträchtigt
Die Trecker-Demos verliefen im Dortmunder Stadtgebiet weitestgehend problemlos ab. Gut 170 Trecker haben heute drei verschiedene Routen in Dortmund befahren. Die Trecker-Konvois kamen jeweils aus Unna, Hagen und Bochum angereist. Sie trafen um 14 Uhr zu einer Zwischenkundgebung auf den Parkplätzen E1/E2 am Remydamm aufeinander. Im Anschluss haben sie sich um 14:30 Uhr auf den Weg nach Hamm über die B1 gemacht. Die Auffahrt von der B54 auf die B1 wurde kurzzeitig gesperrt, sie sei aber laut der Polizei Dortmund ab 14:40 Uhr wieder befahrbar. Um 15:30 haben die Demonstranten vollständig das Dortmunder Stadtgebiet verlassen, postet die Polizei Dortmund auf ihrem offiziellen Twitter-Account.
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