Meinungsäußerungen von Professoren – Was ist erlaubt?

Seitdem Bernd Lucke wieder als Professor tätig ist, wird über die Zulässigkeit von extremen Äußerungen durch Professoren diskutiert. Aber was dürfen Professoren eigentlich? Inwiefern dürfen sie ihre Meinung äußern, ohne ihre Neutralität gegenüber den Studierenden und dem Staat zu verletzen?

Unter Polizeischutz und mit Absperrgittern hat Bernd Lucke vor gut einem Monat seine Vorlesung an der Uni Hamburg gehalten. Vorher gab es zwei gescheiterte Versuche, bei denen es zu Ausschreitungen kam. Studierende ließen Lucke nicht zu Wort kommen und besetzten das Rednerpult. Lucke ist Mitbegründer der AfD und Professor für Makroökonomie. Im Juli 2015 ist er aus der AfD ausgetreten.

Schon im September 2013 hatte Bernd Lucke vor Migranten und den Folgen von Migration gewarnt. Diese würden angeblich ohne Bildung nach Deutschland kommen. Unter anderem sagte er: „Dann bilden sie eine Art sozialen Bodensatz – einen Bodensatz, der lebenslang in unseren Sozialsystemen verharrt.“ Deshalb solle man die Migranten nicht ins Land lassen, auch um sie zu schützen.

Und das alles sagte er noch während er als Professor an der Universität Hamburg tätig war. Noch während er verbeamtet war. Das Beamtenverhältnis ruht nämlich erst seit Mai 2014. Nachlesen kann man das auf der Website von Lucke.

Am Anfang steht die Meinungsfreiheit

“Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten (…)”. Das besagt Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 im Grundgesetz.  Dieser Schutz der Meinungsfreiheit hat nichts mit der Qualität einer Meinung zutun und auch nicht damit, ob sie “richtig” oder “falsch”, “wertvoll” oder “wertlos” oder auch “rational” oder “emotional” ist. Trotzdem gibt es auch für die Meinungsfreiheit Schranken. Die finden sich in den allgemeinen Gesetzen und beinhalten zum Beispiel Verbote der Beleidigung und Volksverhetzung.

Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG

1. Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

2. Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

3. Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung

Und dann kommt das sogenannte Mäßigungsgebot

Die meisten Professorinnen und Professoren sind verbeamtet. Dadurch haben sie viele Freiheiten aber auch einige besondere Pflichten. Grundsätzlich gelten für alle Beamtinnen und Beamten die Grundsätze des Berufsbeamtentums.

Beamtinnen und Beamte haben zwar politische Freiheitsrechte, was bedeutet, dass sie sich politisch betätigen dürfen. So können sie beispielswiese in Parteien eintreten und auch ihre politische Meinung äußern.
Dennoch verlangt das Mäßigungsgebot von Beamtinnen und Beamten, dass diese “diejenige Mäßigung und Zurückhaltung (…) wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.
” (Paragraf 33 Abs. 2 BeamtStG). Das bedeutet, sie dürfen ihre Meinung äußern, solang die Ausführung ihres Amtes dadurch nicht beeinflusst oder gefährdet wird. Auch sollen sie ihre Amtsführung nicht nach ihren persönlichen und politischen Überzeugungen ausrichten. Das Mäßigungsgebot gilt aber nur im Zusammenhang mit dienstlichen Handlungen. Als Privatperson können die Beamtinnen und Beamten politisch frei handeln. Das Privatleben muss also vom Arbeitsleben getrennt werden.

Grundsätze des Berufsbeamtentums
  • Das Beamtenverhältnis ist ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis mit beiderseitiger besonderer Treuepflicht
  • Der Beamte muss jederzeit für den Staat und seine verfassungsmäßige Ordnung eintreten
  • Der Beamte muss die Interessen der Gesamtheit und die Interessen seines Dienstherrn wahrnehmen.
  • Der Beamte hat eine besondere öffentlich-rechtliche Dienstleistungspflicht unter dauerndem und vollständigem Einsatz der gesamten Persönlichkeit. Er ist für sein Handeln persönlich verantwortlich, unterliegt aber der Gehorsamspflicht.
  • Der Beamte darf sich in amtlicher Funktion nicht mit einer politischen Partei oder einem Wahlbewerber identifizieren (Neutralitätsprinzip).
  • Der Beamte wird grundsätzlich auf Lebenszeit ernannt (Lebenszeitprinzip). Dabei wird ihm ein konkretes Statusamt (Besoldungsgruppe) übertragen, das ihm nicht mehr genommen werden kann, außer aufgrund einer Disziplinarmaßnahmen nach einem schweren Dienstvergehen (Ämterstabilität). Er hat das Recht, die Amtsbezeichnung zu führen.
  • Der Beamte hat ein Recht auf lebenslange Zahlung seiner amtsangemessenen Bezüge, als Ruhestandsbeamter allerdings nur in Form der niedrigeren Ruhestandsbezüge (Alimentationsprinzip).
  • Der Beamte hat Anspruch auf einen amtsmäßigen Unterhalt für sich und seine Familie und im Falle seines Todes auf amtsmäßige Versorgung seiner hinterbliebenen Familienmitglieder auf der Grundlage der zuletzt innegehabten Amtsbezüge.
  • Der Beamte hat ein Recht darauf, entsprechend seines Amtes angemessen beschäftigt zu werden.
  • Der Beamte hat das Recht, sich in Gewerkschaften oder Berufsverbänden zusammenzuschließen und Personalvertretungen zu bilden
  • Der Beamte unterliegt einem Streikverbot.
  • Der Dienstherr hat eine besondere Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten.
  • Es besteht eine einseitige Regelung des Dienstverhältnisses durch den Gesetzgeber. Vertragliche Absprachen als Grundlage des Dienstverhältnisses sind nicht erlaubt.
  • Der Beamte muss dienstlich und privat ein amtsmäßiges persönliches Verhalten zeigen (Amtsverschwiegenheit und achtungswürdiges Verhalten).
  • Es besteht ein gesetzlich geregeltes Disziplinarverfahren bei Verletzung von Amtspflichten.

 

Verschmelzung von Privat- und Arbeitsleben

Dennoch können auch private Äußerungen oder Handlungen dienstliche Pflichten verletzen.
Wenn ein Professor sich als Privatperson negativ über eine bestimmte Personengruppe äußert, kann es Zweifel an der Loyalität und Neutralität gegenüber dieser Personengruppe im dienstlichen Kontext geben. So kann zum Beispiel nicht sichergestellt werden, dass ein Professor, der gegen Muslime hetzt, muslimische Studierende in einer Prüfung neutral bewertet.

Das gilt natürlich auch für die TU Dortmund

Auf Anfrage von kurt.digital bestätigt die Pressestelle der TU Dortmund, dass alle Beamtinnen und Beamten sowie alle Tarifbeschäftigten, die für die TU Dortmund arbeiten, verpflichtet sind, sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. (Paragraf 33 Abs. 1 BeamtStG)

Was genau das im Einzelfall bedeutet und welche Konsequenzen grenzwertige Äußerungen haben können, ist jedoch Außlegungssache.

§33 Grundpflichten laut dem Beamtenstatusgesetz

1. Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. Beamtinnen und Beamte müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten.

2. Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt.

Was genau das im Einzelfall bedeutet und welche Konsequenzen grenzwertige Äußerungen haben können, ist jedoch Außlegungssache.

 


                    
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