Bienensterben: “Das Leid trägt am Ende auch der Mensch.”

Bienen sind aus unserem Ökosystem nicht wegzudenken. Trotzdem nimmt die weltweite Bienenpopulation jedes Jahr ab. Am heutigen Weltbienentag erklärt ein Dortmunder Imker, was jede*r tun kann, um die Situation dieser Insekten zu verbessern.

Etwa 50 Prozent aller Wildbienen-Arten gelten laut dem Rote-Liste-Zentrum in Deutschland als bestandsgefährdet oder ausgestorben. Nahrungsräume und Nistplätze werden zerstört, Landschaften künstlich verändert und versiegelt. Pestizide und Herbizide vergiften die Bienen und ihre Larven, Mäharbeiten vernichten ihre Nahrungsquelle.

„We need to act now“, erinnern die Vereinten Nationen (UN) anlässlich des Weltbienentags auf ihrer Website. Jedes Jahr dient der 20. Mai dazu, auf die Situation der Bienen aufmerksam zu machen. In einem Online-Event hebt die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UN außerdem nicht nur die Probleme hervor, sondern erklärt auch, wie wir alle etwas verändern können. Auch auf Social Media tauschen sich Menschen weltweit über die Hashtags #WorldBeeDay und #Savethebees aus.

https://twitter.com/UN/status/1395228789957808131

Letzten Endes geht es um die Welt

 Jörg Krafft (Foto: privat)

Unabhängig des jährlichen Anlasses haben einige Menschen einen goßen Teil ihres Lebens der Haltung von Bienen verschrieben. Einer davon ist Jörg Krafft. Er ist seit neun Jahren Imker und Vorsitzender des Kreisimkervereins Dortmund sowie des Imkervereins Kurl. Das Imkern ist für ihn vor allem Entspannung und Freizeitbeschäftigung – aber auch Stress und Verantwortung. Denn: „Bienenvölker zu halten, das ist mehr als goldener Honig im Glas. Da steckt viel Arbeit drin.“

Dabei gehe es nicht nur um die Honigbiene. Wichtig sei vor allem die Artenvielfalt. „Es gibt rund 550 verschiedene Bienenarten. Die Wildbiene spielt ökologisch gesehen eine sehr effiziente Rolle“, erklärt Jörg Krafft. „Wenn wir etwas zerstören, zerstören wir immer auch etwas Angrenzendes. Der Schaden wird immer größer und größer und größer. So funktioniert Symbiose.“

Laut den Vereinten Nationen sind mehr als 75 Prozent der Nahrungsmittelpflanzen weltweit zu großen Teilen auf tierische Bestäubung angewiesen. „Das Leid trägt am Ende auf jeden Fall auch der Mensch“, warnt auch Jörg Krafft. Denn während die Bienenpopulation abnimmt, wächst die der Menschen jährlich. In einigen Regionen Chinas müssen laut dem Naturschutzbund Deutschland inzwischen sogar Menschen mit Werkzeugen Millionen von Obstblüten selbst bestäuben.

Wildbiene vs. Honigbiene
Zwar ist die Honigbiene in der Regel bekannter und stärker im öffentlichen Fokus, für die Artenvielfalt aber sind Wildbienen wichtiger. Problematisch ist allerdings: Honig- und Wildbienen konkurrieren um Nahrung und Nistplätze. Denn die Anzahl von Pollenkörnern ist begrenzt, und Pflanzen produzieren nicht endlos Nektar. So kann es sogar zu einer Verdrängung von Wildbienen durch Honigbienen kommen. Viele Imker*innen wie Jörg Krafft bieten deshalb auch immer zusätzlich Nistmöglichkeiten für Wildbienen.

Hoffen und Handeln

(Foto: privat)

Im Ruhrgebiet haben inzwischen einige Städte Aktionen gestartet, um dem Bienensterben entgegenzuwirken. Die Stadt Dortmund hat beschlossen, bis zum Sommer dieses Jahres 50.000 Quadratmeter Fläche rund um den Signal Iduna Park in eine Wiese umzuwandeln, um Lebensraum für Insekten, Vögel und kleine Säugetiere zu schaffen. Im Botanischen Garten des Dortmunder Rombergparks findet sich außerdem ein Lehrbienenstand, an dem unter anderem Kinder mehr über die Insekten lernen können.

„In den vergangenen zehn Jahren hat sich viel verändert. Es wird viel für Insekten und für die Umwelt gemacht. Wenn ich in Dortmund unterwegs bin, stelle ich fest, dass sich die Landschaft und die Ökologie sehr zum Positiven verändert haben. Die Brachstätten werden gut genutzt, die Zuläufe zur Emscher wurden gereinigt – das ist toll mit anzusehen“, gibt sich Jörg Krafft hoffnungsvoll.

Es liegt an uns

Dennoch: Wirkliche Entwicklungen entstehen laut Jörg Krafft oft nicht durch politische Entscheidungen. Dort werde zwar immer viel geredet, aber nichts passiere. „Andere machen die Arbeit, und zum Foto erscheinen dann die Politiker.“ Umso mehr Respekt habe er für die Menschen, die sich unabhängig vom öffentlichen Auftreten für unser Ökosystem einsetzen.

Und das können wir alle sein. „Ich wünsche mir, dass die Leute sich nicht immer nur auf andere verlassen. Jeder kann etwas tun.“ Abfall aus der Natur entfernen, wenn wir daran vorbeikommen – das ist nur einer von Jörg Kraffts Vorschlägen. „Es braucht nicht jeder ein Bienenvolk im Garten. Wir können auch mal eine Ecke Wildblumen im Garten haben oder einen Teil brachliegen lassen. Auch so tun wir etwas für die Wildbiene. Für die Natur.“ Denn das, findet der Imker, lohnt sich.

Beitragsbild: unsplash.com/Kianakali

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