Und dann hat’s “Zoom” gemacht: Die fünf typischen Webcam-User

Corona hat uns schon vor Beginn des Sommersemesters ins Home-Office geschickt. Campus, Bibliothek und Mensen blieben deshalb geschlossen. Unser Studentenleben beschränkte sich seither auf den eigenen Schreibtisch und die Webcams unserer Laptops. Zoom ersetzte die Vorlesungssäle und wurde zum wichtigsten Tool des Semesters. Und wenn man während einer solchen Webcam-Session mal genauer aufpasst, gibt es da mehr Entertainment als man denkt. Hier kommen fünf typische Zoom-Spezies.

Die Fashion-Queen

Wer mindestens einmal in einem vollen Vorlesungssaal gesessen hat, kennt sie bestimmt: Diese eine Kommilitonin, die egal zu welcher Uhrzeit, immer top gestylt den Raum betritt. Es ist acht Uhr morgens und die meisten von uns haben sich mit Mühe aus dem Bett gequält. Nicht die Fashion-Queen: Sie ist seit mehreren Stunden wach – das perfekte Outfit, Haare und Make-Up machen sich immerhin nicht von allein. Daran hat sich für sie auch im digitalen Semester nichts geändert.

Der Großteil der Student*innen steht gut 30 Minuten vor Kursbeginn auf, holt sich einen Kaffee und sitzt pünktlich vor der Laptop-Kamera. Die ganz harten unter uns machen den Laptop auch einfach aus dem Bett an. Bei der Fashion-Queen sieht der Morgen vor der Zoom-Vorlesung anders aus. Haare und Make-Up sitzen trotz Home-Office perfekt. Die Designer-Bluse wird aus dem Schrank geholt und der Bildausschnitt ihrer Kamera ist perfekt gewählt, sodass all das auch zu sehen ist. Aber auch sie ist nur ein Mensch: Gedankenverloren steht sie vom Schreibtisch auf, um ihre Zimmertür zu schließen. Und wer hätte es gedacht – hüftabwärts trägt auch sie bloß eine Jogginghose.

Der Heimlichtuer

Der nächste Kandidat ist so ziemlich das Gegenteil der Fashion-Queen. Er ist entweder überhaupt nicht vorbereitet, oder er will am Besten so gut wie nichts von seinem Zuhause preisgeben. Das zeigt sich in verschieden Formen. Entweder ist seine Kamera kontinuierlich ausgeschaltet – und man bekommt ab und zu ein Lebenszeichen aus dem Lautsprecher zu hören. Oder er ist ganz clever und stellt einen dieser unfassbar kreativen Greenscreens ein. Das diese regelmäßig Teile der Haare oder des Gesichts “wegfressen”, wenn er sich mal kurz bewegt, scheint ihn nicht zu stören. Hauptsache, alles was privat ist, bleibt hinter Bildern vom Weltall oder eines tropischen Urwaldes versteckt.

Die Heimlichtuer befinden sich aber nicht nur unter uns Student*innen. Auch unsere Dozent*innen finden Spaß an dieser Funktion. Und so kommt es, dass das eine Meeting auf einmal am Strand der Malediven oder in einer rostigen Weltraum Kapsel stattfindet. Ist ja alles schön und gut – und lobenswert dass selbst unsere Dozent*innen mit diesen technischen Extras vertraut sind. Doch fällt es eher schwer, sich auf wichtige Klausurthemen zu konzentrieren, wenn sich der eigene Prof 90 Minuten lang als Weltraum-Astronaut präsentiert.

Der Haustier-Fanatiker

Ähnlich wie beim Heimlichtuer, fällt es auch beim Haustier-Fanatiker schwer, sich auf Themen der Vorlesung zu konzentrieren. Sei es bei Dozent*innen oder bei Kommiliton*innen – sobald ein süßer Vierbeiner irgendwo durchs Bild streunert, ist es mit der Konzentration dahin. Gebannt verfolgt man dann die tapsigen Schritte der Katze, die im Hintergrund einer der Video-Kacheln galant über die Regale wandert. Was fällt wohl als erstes zu Boden? Die Zimmerpflanze, an der sie sich auf der Fensterbank vorbeischlängelt? Oder doch der Stapel Bücher, der daneben im Regal liegt und mit einem lauten “Rums” zu Boden gehen würde?

Noch besser sind aber die Tierliebhaber, die sich von ihren Vierbeinern alles gefallen lassen. So sitzt die Katze dann auf dem Schoß und bekommt liebevolle Streicheleinheiten. Währenddessen philosophiert der Dozent ungestört über Marktforschung oder Aristoteles. Nur schwer vorzustellen, wie die Aufmerksamkeit da beim Thema bleiben soll, wenn das zufriedene Gesicht der Katze mehr als die Hälfte des Kameraausschnittes einnimmt.

Die Tiefenentspannte

Auch die Tiefenentspannte lässt sich während der Vorlesung von nix beirren. Für sie ist das digitale Semester ein Segen: Kein frühes Aufstehen mehr, weil man verspätete S-Bahnen oder Stau auf dem Weg zur Uni einberechnen muss. Kein übervoller Vorlesungssaal, mit unbequemen Stühlen und stickiger Luft. Kein unerträgliches Warten, bis die Uhr an der Wand endlich Mittagspause anzeigt und man sich in der Mensa den Bauch vollschlagen kann. Auch auf das Feierabend-Bier muss die Tiefenentspannte nicht mehr ungeduldig warten. All das hat für sie dank Zoom ein Ende.

Komplett relaxed sitzt sie auf ihrem Schreibtischstuhl. Das Feierabend-Bier geöffnet vor ihr, auch wenn der Feierabend eigentlich noch auf sich warten lässt. Auch Raucherpausen sind dank Video-Konferenz überflüssig geworden, weshalb sie sich die verdiente Kippe noch während der Vorlesung anstecken kann. Mittagspause macht sie, wann sie will. Und da sie sich in ihren eigenen vier Wänden natürlich pudelwohl fühlt, können die Ravioli auch ausnahmsweise mal direkt aus dem Topf gegessen werden.

Die Handy-Nutzer

Im Gegensatz zur tiefenentspannten Kommilitonin sind die Handy-Nutzer eher überfordert mit all den Tücken, die das digitale Semester mit sich bringt. Das Programm am Laptop haben sie nicht installiert. Die App schnell aufs Handy ziehen geht ja auch viel schneller – und ist natürlich einfacher. So ganz durchdacht haben sie die Nutzung trotzdem nicht. Der eine Kommilitone lebt schon so symbiotisch mit seinem Smartphone, dass er es immer bei sich trägt, ohne sich einer Schuld bewusst zu sein. Auch beim Gang in die Keramikabteilung. Dass er die Innenkamera auch einfach ausschalten könnte, während er durch die Wohnung marschiert, hat er wohl vergessen. Auf den Anblick der weißen Fliesen hinter ihm und das damit einhergehende Kopfkino können bestimmt alle verzichten.

Aber auch dieser Typ der Zoom-Nutzer beschränkt sich nicht nur auf uns Studierende. Auch manche der Dozent*innen schalten sich gerne mal fix übers Handy in die Konferenz ein. Das einzige Problem dabei: Das Handy wird trotzdem so gehalten, als würden sie mal schnell ihre Mails checken. Schön auf Brusthöhe unterhalb von Hals und Kinn. Solch tiefe Einblicke in die weit geöffneten Nasenlöcher möchte man nun wirklich nicht sehen.

Man lernt nie aus

Fast drei Monate mit Zoom haben wir jetzt überstanden. Aber wie heißt es so schön? Man lernt nie aus. Denn selbst nach diesem ganzen Semester im Home-Office haben viele immer noch nicht begriffen, dass ein Fenster kein guter Hintergrund für das Bild einer Webcam ist. Auch die abgehackte Tonübertragung scheint irgendwie normal, da kaum jemand einen vernünftigen Wlan-Router besitzt. Und die Krönung der Zoom-Konferenzen sind doch immer noch die Momente, in denen sich jemand entschließt, seinen Bildschirm zu teilen. Nur um kurz darauf hastig die geöffneten Browser-Tabs zu schließen, in denen sich Amazon-Warenkörbe und Dating-Plattformen offenbaren. 

Und zu guter Letzt gibt es dann noch den wahrscheinlich meist gefragten Satz in diesem ganzen Semester: “Hört man mich denn auch?” 

*Die Fotos im Artikel wurden von der Redaktion nachgestellt* 

Beitragsbild: Unsplash/@cwmonty

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