2. Oktober 2050
6:00 Uhr. Dein Handywecker klingelt.
Du stehst auf, streckst dich. Gehst in die Küche. Und ob deine Küche schon smart ist, oder nicht – dein Brot wirst du dir wahrscheinlich noch selber schmieren müssen. Auch wenn in Computerspielen wie „Detroit: become human“ so gut wie jeder einen eigenen Androiden zuhause hat, der den Haushalt schmeißt – wirklich realistisch ist das wohl nicht, auch wenn die Idee dahinter verlockend klingt. Androiden sind Roboter, die dem menschlichen Körper nachempfunden wurden. Dadurch finden sie sich optimal in unserer Welt zurecht und können besser mit ihr interagieren, da unsere Städte an den Menschen angepasst sind. Aber warum einen Roboter bauen, der aussieht wie ein Mensch, wenn auch Menschen diese Arbeiten übernehmen können – zu einem günstigeren Preis?
Ich glaube nicht, dass wir viele Roboter in unserem Alltag sehen werden.
Staubsauger- und Mähroboter tuckern schon jetzt durch einige Wohnzimmer und Vorgärten. Und auch wenn sie praktisch sind – darüber hinaus wird es wohl wenig Roboter für den Haushalt geben, sagt Professor Hoffmann. Wer nicht selbst sauber machen will, holt sich eine (menschliche) Putzkraft. Denn: Einen Putzroboter zu bauen wäre zwar technisch machbar, aber mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden – und dann sind da noch die Anschaffungskosten für die Kunden. Eine Reinigungskraft einzustellen wäre dann schlichtweg billiger. „Wenn ich nicht bügeln will, bring ich meine Sachen zur Reinigung“, sagt Professor Hoffmann.
Ein weiterer Grund dafür, dass unsere Zukunft vermutlich nicht von Androiden begleitet wird, ist für ihn die Interaktion zwischen Mensch und Maschine: „Ich fürchte, dass das für die meisten Menschen gruselig ist. Für manche Geeks ist das ein Gimmick, aber Menschen schätzen immer noch menschliche Kommunikation.“ Dagegen könnte man allerdings als krasses Gegenbeispiel das Puppenbordell in Dortmund setzen. Hoffmann schmunzelt. „Leute sind anpassungsfähig. Es ist nicht weit hergeholt, dass es Bordelle mit Sexrobotern gibt, die Fähigkeit des Menschen, da zu abstrahieren, ist da. Das könnte ein Markt sein, weil Leute dafür auch Geld ausgeben, aber es wäre eine Nische, und sehr teuer“.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Akzeptanz von sogenannten Service-Robotern untersucht wurde. Der Umsatz solcher Roboter, die im Einzelhandel, in der Logistik oder auch in der Pflege eingesetzt werden können, steigt. Damit die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine gelingt, kommt es aber auf viele Faktoren an. Neben den betrieblichen Bedingungen spielen auch soziale und kulturelle Aspekte eine wichtige Rolle: Führe ich ein Gespräch mit dem Roboter oder gebe ich nur Befehle? Wird auf meine Bedürfnisse Rücksicht genommen? Oder technisch: Funktioniert die Spracherkennung in einer lauten Umgebung, etwa einem Maschinenraum oder in einer Innenstadt?
6:45 Uhr. Jetzt bist du also aufgestanden und hast dich für den Tag fertiggemacht. Den Weg zur Uni fährst du mit dem Auto – oder vielmehr: das Auto fährt dich.
Autonomes Fahren: „Das wird kommen“
Frank Hoffmann beschreibt das autonome Fahren als eine Art „Spin-Off“ der Robotik. Die größte Herausforderung dabei ist die sogenannte Umfelderkennung. Auf der Autobahn sei das noch einfach. Schwieriger werde es im Stadtverkehr:„Die Frage ist generell: Ab wann sind die Systeme so zuverlässig, dass sie alle Situationen kennen? Das wird voraussichtlich noch eine ganze Zeit dauern.“ Professor Hoffmann hält daher eine Zwischenstufe für denkbar. Das heißt, der Mensch muss im autonomen Fahrzeug jederzeit in der Lage sein, das Steuer wieder zu übernehmen. Das ist natürlich unbefriedigend, weil man die Kontrolle eben doch nicht ganz abgeben kann. Eine Lösung dafür wäre, zentrale „Lotsen“ einzusetzen, die das Auto in solchen Situationen über Kameras fernsteuern, wenn das System überfordert ist. Das kann zum Beispiel in einer Baustelle passieren, wenn das Auto nicht weiß, ob es den weißen oder den gelben Fahrstreifen folgen soll.
„Solche Systeme werden in absehbarer Zeit sicherer fahren als der Mensch“, sagt Hoffmann. Verantwortlich dafür sind auch kollektive Lernansätze. Wenn ein Auto einen Fehler macht, lernen alle anderen Autos desselben Herstellers daraus, indem sie untereinander Daten austauschen. Große Konzerne wie Google sammeln Umgebungsdaten, ein zentrales Gut für das Autonome Fahren. Aber heißt das, dass neben unseren Autos auch die Straßen „smart“ werden müssen? „Die ganze Infrastruktur neu zu gestalten, das ist nicht umsetzbar“, sagt Hoffmann.
Eine gesamte Umrüstung werde es wahrscheinlich nicht geben. Klar können neu gebaute Straßen technische Features haben, oder einzelne wichtige Verbindungen digital aufgerüstet werden. Damit aber kein Flickenteppich entsteht und man trotzdem alle Straßen befahren kann, setzt man eher auf hochauflösende Echtzeit-Karten. Das Auto kann diese abrufen, aber auch Kontakt zu anderen Autos oder Sensoren an den Straßen aufnehmen – also Kommunikation von Auto-zu-Auto und Auto-zu-Infrastruktur. Das soll den Verkehrsfluss erleichtern und Unfälle verhindern, da alle Autos immer genau wissen, wo die anderen Autos sind, wie schnell sie fahren und in welche Richtung sie unterwegs sind. Die Autos werden dann so regelmäßig Softwareupdates bekommen wie unsere Smartphones.
7:15 Uhr. Du kommst bei deiner Arbeitsstelle an.
Roboter und künstliche Intelligenz werden die Arbeitswelt revolutionieren
Professor Hoffmann geht davon aus, dass sich unsere Arbeitswelt von Grund auf verändern wird – ganz massiv durch künstliche Intelligenz. Bei der industriellen Revolution wurden vor allem wiederkehrende und schwere Tätigkeiten von Robotern übernommen. In Zukunft können aber auch standardisierte Formulare von KIs bearbeitet werden. So würden zum Beispiel Jobs in der Verwaltung nach und nach überflüssig. Aber auch der Beruf Übersetzer wird wohl allmählich verschwinden. Künstliche Intelligenz kann Sprachen erkennen und sie eigenständig in Echtzeit übersetzen. Auch Programmierer, die Übersetzungsprogramme schreiben, werden so nicht mehr benötigt.
In anderen Bereich werden Mensch und KI zusammenarbeiten. Beim Arzt etwa kann die KI auf einen großen Datensatz zurückgreifen und so zum Beispiel Tumore schneller identifizieren als ein Mensch. „Das ist genau wie jetzt. Ein Arzt, der in einer speziellen Hautkrebsklinik arbeitet, kann ein Geschwür mit Sicherheit schneller identifizieren als ein Hausarzt, denn er hat mehr Erfahrung. Die Systeme haben mehr Daten. Das ist genau das gleiche Prinzip“, sagt Hoffmann. Der „Big-Data-Ansatz“ werde die Arbeitswelt stärker und schneller beeinflussen als jeder Roboter, denn die seien ausgebremst durch die technologische Entwicklung. Solche Systeme seien dagegen leicht zu verbreiten – nämlich überall dort, wo es Computer gibt. In dritte-Welt-Ländern, wo es nicht immer Zugang zu Ärzten gibt, könnten solche Erkennungsprogramme oder Ferndiagnosen per Telemedizin die Versorgungslücken schließen.
Auch in der Behandlung und Pflege könnte es Unterstützung durch Roboter geben. Solche Systeme werden auch in Dortmund erforscht. Durch einen Mangel an Fachkräften, aber auch durch den demografischen Wandel ist die Nachfrage nach Pflegern groß. Aber könnten sie durch Roboter ersetzt werden? Schließlich kommt es in diesem Beruf auch viel auf die soziale Interaktion an. Pflege am Menschen direkt ist schwierig, sagt Hoffmann. „Wer will schon, dass seine Eltern oder Großeltern von einem Roboter gewaschen werden?“ Was hingegen möglich ist: ein unterstützender Roboter, der zum Beispiel Essen austeilt oder Sachen angibt. Allerdings ist die Zielgruppe dafür sehr klein. Die Patienten müssen zwar bettlägerig sein, aber geistig noch fit genug, um Sprachbefehle geben zu können.