Rundfunkbeitrag: Warum sollen wir 86 Cent mehr zahlen?

Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags für die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF ist ein Streitthema.

Zum 1. Januar 2021 sollte der Rundfunkbeitrag von aktuell 17,50 Euro pro Monat auf 18,36 Euro steigen. Doch daraus wird vorerst nichts, denn die CDU in Sachsen-Anhalt und deren Ministerpräsident Reiner Haseloff stellen sich quer. Doch wer entscheidet eigentlich, wie und wann der Beitrag zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verändert wird? Und warum genau um 86 Cent? Die Fakten zur aktuellen Debatte.

Mit den Rund­funk­gebühren werden die öffentlich-rechtlichen Sender ARD, ZDF und Deutschlandradio finanziert. Denn anders als Privatmedien haben diese kaum Werbeeinnahmen. Der mit Abstand größte Anteil geht an die Fernseh- und Radiosender der ARD. Einen kleinen Teil bekommen auch die Landesmedienanstalten.

 

Den genauen Rundfunkbeitrag legt die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) fest. Zunächst müssen die Rundfunkanstalten ihre Finanzplanung für die nächsten vier Jahre vorlegen. Darin müssen sie angeben, wie viel Geld sie voraussichtlich ausgeben und einnehmen. Wenn „die Erträge hinter den Aufwendungen zurückbleiben, melden sie einen ungedeckten Finanzbedarf an, der durch eine Beitragserhöhung abzudecken wäre“, heißt es bei der KEF. Die Kommission schaut dann, wo und wie viel Geld die Sender noch sparen können.

ARD, ZDF und Co. fehlen 1,5 Milliarden Euro

Für den Zeitraum 2021 bis 2024 haben ARD, ZDF und Co. einen ungedeckten Finanzbedarf von rund drei Milliarden Euro gemeldet. Bisher wird der fehlende Betrag aus Rücklagen finanziert, die laut den Rundfunkanstalten jedoch nur bis zum Ende des Jahres reichen. In den Augen der KEF ist die Forderung dennoch zu hoch: Sie hat den ungedeckten Finanzbedarf auf etwa 1,5 Milliarden Euro korrigiert. Runtergerechnet auf die Beitragszahler*innen entspricht das den 86 Cent mehr, die aktuell diskutiert werden.

Die KEF macht jedoch nur Vorschläge. Über die Erhöhung entscheiden letztlich die Minister­präsident*innen der Län­der. Außerdem müssen im letzten Schritt alle 16 Landes­parlamente zustimmen. Doch zurzeit stellt sich Sachsen-Anhalt quer, weshalb die Sender nun vor dem Bundesverfassungsgericht klagen.

Zusammensetzung der KEF
Die Kommission besteht aus 16 unabhängigen Sachverständigen, die von den Ministerpräsident*innen jeweils für fünf Jahren berufen werden. Jedes Land benennt ein Mitglied. Die Sachverständigen sollen aus verschiedenen Bereichen kommen, darunter Wirtschaft, Medien, Wissenschaft, Recht und Rundfunktechnik.

Rundfunkbeitrag ist bereits mehrmals gestiegen

Viele Deutsche finden den Rundfunkbeitrag schon jetzt zu hoch. Laut einer Befragung des Onlineportals Civey aus dem Jahr 2018 würde nur jeder Achte 16 Euro oder mehr bezahlen, wenn er die Wahl hätte.

Doch in den vergangenen 18 Jahren wurde der Rundfunkbeitrag immer wieder erhöht. Er stieg von ca. 16,15 Euro im Jahr 2002 auf zwischenzeitlich fast 18 Euro. 2015 wurde er dann etwas gesenkt. Seitdem liegen die Rundfunkgebühren bei 17,50 Euro. Allerdings sind die Gebühren nur bedingt vergleichbar. Denn vor 2013 gab es eine Grund- und Hörfunkgebühr und zusätzlich eine Fernsehgebühr. Bei Menschen mit mehr als einem TV-Gerät war der Beitrag vor 2013 deshalb deutlich höher. In der Grafik ist der Preis der Grundgebühr plus Fernsehgebühr angegeben. 2013 wurde dann der feste, geräteunabhängige Beitrag eingeführt. Seitdem zahlt man eine Gebühr pro Haushalt.

Hohe Gebühren in Deutschland – aber auch ein großes Angebot

Im europäischen Vergleich liegt Deutschland bei der Höhe der Rundfunkgebühren auf Platz 5 und damit relativ weit oben. Spitzenreiter ist die Schweiz. Dort zahlen die Bürger*innen rund 322 Euro im Jahr, um circa zehn öffentlich-rechtliche Sender empfangen zu können. Ähnlich groß ist das Angebot in Großbritannien. Im Geburtsland des rechtlich-öffentlichen Rundfunks werden jedes Jahr rund 173 Euro pro Haushalt fällig.

In Deutschland sind die Gebühren zwar höher, aber dafür ist das Angebot deutlich vielfältiger: Hier gibt es 21 öffentlich-rechtliche Fernsehsender. Dazu zählen neben den Landesanstalten der ARD (z. B. WDR, NDR) auch einige Spartenprogramme wie KIKA, Phoenix und ZDFinfo. Hinzu kommen noch 49 Radiosender sowie einige Onlineprogramme, darunter die ARD-Mediathek und die Jugendsparte Funk.

Für die meisten Deutschen ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk unverzichtbar. Laut der Civey-Umfrage nutzen ihn 45 Prozent täglich, rund 15 Prozent mehrmals die Woche. Nur etwa 14 Prozent gaben an, niemals die Angeboten von ARD, ZDF und Co. zu schauen, zu hören oder zu lesen. Allerdings gibt es große Unterschiede bei den Altersklassen: Während von den über 65-Jährigen täglich mehr als die Hälfte öffentlich-rechtliche Sender einschalten, sind es bei den 18- bis 29-Jährigen nur drei von zehn. Das Durchschnittsalter der ARD- und ZDF-Zuschauer*innen liegt bei über 60 Jahren.

Welche Aufgabe hat der öffentlich-rechtliche Rundfunk?

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben den gesetzlichen Auftrag, Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen anzubieten. Das Programm soll vielfältig, regional und national und frei von kommerziellen Interessen sein, heißt es auf der Internetseite der ARD. Dabei werde laut ZDF auf  Objektivität, Unabhängigkeit, Professionalität und Aktualität geachtet.

Fazit: Der deutsche Rundfunkbeitrag ist vergleichsweise hoch, aber das Interesse an dem umfangreichen öffentlich-rechtlichen Angebot ebenso – wenn auch gerade bei den Älteren. Die aktuell diskutierte Erhöhung von 86 Cent ist nur etwa halb so viel wie ARD, ZDF und Co. ursprünglich gefordert hatten. Wirklich spüren würden die meisten diese Erhöhung wohl kaum.

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Teaser-/Beitragsbild: pixabay.com/geralt, lizenziert nach CC.

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