Kaum berichten die Medien über die mögliche Gründung einer Super League, da ist die Idee auch schon wieder vom Tisch. Eine Wirkung könnte die Ankündigung trotzdem haben. Denn eine neue Liga als Konkurrenz zur Champions League haben Top-Clubs schon mehrfach als Druckmittel gegenüber der UEFA genutzt – mit Erfolg. Ein Kommentar.
Ein entsprechendes Einknicken der UEFA gegenüber den beteiligten Vereinen wäre jedenfalls nichts Neues: Wann immer es den europäischen Top-Vereinen nicht gut geht, beschließen sie die Gründung einer Super League.
Zum ersten Mal kam diese Idee 1988 auf – auch damals steckte der Fußball und mit ihm die bekannten Top-Clubs in einer Krise. Die UEFA gab dem Druck letztlich nach und reformierte den bisherigen Europapokal der Landesmeister: Statt reinem K.O.-System gab es nun eine vorgeschaltete Gruppenphase in der Champions League, wie die internationale Meisterschaft seitdem heißt.
Alle Jahre wieder
Ende der 90er Jahre drohten erneut mehrere große Vereine mit der Gründung einer eigenen Liga – Ergebnis diesmal: Die UEFA erhöhte die Anzahl der an der Champions League teilnehmenden Mannschaften von 24 auf 32 und hob die Begrenzung von einem Verein pro Nation auf.
Auch 2016 war die Idee einer Super League wieder im Gespräch. Die englischen Mannschaften Chelsea, Liverpool und Manchester United, die sich in diesem Jahr nicht für die Champions League qualifizieren konnten, waren unter den Befürwortern und potentiellen Gründungsmitgliedern.
Die Planungsskizze „Super League“ existiert also seit gut 30 Jahren. Sie wird immer dann aus der Schublade geholt, wenn es bei bestimmten Vereinen finanziell und sportlich gerade nicht wie erwünscht läuft. Bislang ließ sich die UEFA davon immer wieder einschüchtern und veränderte die Champions League so, dass Top-Clubs der großen Ligen davon profitierten.
Den Armen nehmen, den Reichen geben
Das ursprüngliche K.O.-System mit weniger Mannschaften und nur einem Teilnehmer pro Nation bedeutete, dass nicht alle starken bzw. stark finanzierten Vereine am damaligen Europapokal der Landesmeister teilnehmen konnten. Mannschaften aus schwächeren Ligen hatten eher die Möglichkeit, Mannschaften aus Top-Ligen zu schlagen – sei es durch Glück, einen starken Tag oder das Schwächeln des Favoriten.
Die Einführung einer Gruppenrunde mit mehr Teilnehmern aus stärkeren Ligen kommt also den großen Vereinen entgegen. Diese müssen sich weniger vor einem frühen Ausscheiden fürchten und können mehr Geld scheffeln. Währenddessen bekommen die weniger gut finanzierten Mannschaften weniger Geld.
Die Angst der Verbände
Die UEFA, die FIFA und andere Verbände haben lautstark gegen die Idee einer Super League protestiert. Sie sei allein aus wirtschaftlichen Interessen der Top-Clubs entstanden. Allerdings hat die UEFA selbst vor allem wirtschaftliche Interessen und möchte die großen Vereine deshalb in der Champions League halten. Auch die Kritik der anderen Verbände wirkt angesichts wiederholter Korruptionsskandale scheinheilig.
In den letzten Jahrzehnten kam die UEFA den Top-Clubs immer mehr entgegen, statt Grenzen zu ziehen. Dahinter steckt vor allem die Angst vor einer fallenden Einschaltquote und weniger Sponsoren. Denn eine Super League würde sowohl den Weggang starker Mannschaften als auch Konkurrenz bedeuten.
Konkurrenz belebt das Geschäft
Sowohl die geplante Super League als auch der Umgang der UEFA damit sind symptomatisch für die Kommerzialisierung des Fußballs. Offenbar gehen manchen Vereinen die geplanten Änderungen der Champions League mit Vorteilen für bereits erfolgreiche Mannschaften nicht weit genug. Der “Super-League-Drohung” ist dennoch etwas Gutes abzugewinnen: Die Idee einer Konkurrenzveranstaltung zur Champions League, die ohnehin zunehmend zur Superliga der bestfinanzierten Vereine mutiert.
Eine Super League, in der es keinen Auf- oder Abstieg gibt und die wirtschaftswissenschaftlich interessanter ist als sportlich, sollte allerdings nicht die Alternative sein. Wie wäre es stattdessen mit einer Meisterschaft im K.O.-System, in der jährlich die besten Mannschaften der verschiedenen europäischen Ligen gegeneinander antreten? Einen Namen hätte ich auch schon: Europapokal der Landesmeister.
Ein Kommentar von Frederik Wember.
Beitragsfoto: Out Of Context Football/twitter