Hilfe, Jeff Bezos spielt Cowboys & Aliens nach

2021 ist wohl noch nicht crazy genug. Denn jetzt fliegt auch noch Amazon-Gründer und Milliardär Jeff Bezos ins Weltall. Der reichste Mensch der Welt beweist mit seiner zehnminütigen Selbstfindungsreise, wie toll der Kapitalismus sein kann und wie einfach die Klimakrise zu lösen ist. 

Stell dir vor es 2021. Du nimmst ein Schluck von deinem Bier während du mit deinen zwei Freund*innen in der Kneipe sitzt. Zwischen frustriertem Corona-Frühling und dem großen Fragezeichen, was uns wohl pandemietechnisch im Herbst erwartet, nimmst du das Beste aus deinem Sommer mit. Während die Corona-Sorgen wie Fahrstuhlmusik langsam vor sich hinplätschern und Klimakatastrophen unser Leben bestimmen, kann uns nur noch einer retten: Jeff Bezos und seine Weltraumreise.

Der 57-Jähirge Amazon Gründer und Kapitalismusfreund wagte am Dienstag den ersten bemannten (eine Frau war auch am Start) Weltraumflug mit seiner Firma Blue Origin. Im Vorfeld versteigerte der reichste Mann der Welt ein Ticket für den historischen Flug. Für 28 Millionen Dollar. What a time to be alive.

Inspiriert von Neil Armstrong (der Mann vom Mond, nicht der Jazz-Musiker), den der damals fünf Jahre alte Jeff bei der Übertragung der ersten Mondlandung beobachtete, beschloss er selbst einmal in den Weltraum zu fliegen. Mehrere Jahrzehnte der Ausbeutung von Arbeitskräften und lächerlich kleine Steuerbeträge später, hatte Jeff Bezos das nötige Kleingeld für eine eigene Weltraumreise zusammen.

Elon Musk ist mal nicht der Spielverderber

Genau diese Art von Menschen braucht es im All. Was ist inspirierender als alte weiße Männer, die ohne jeglichen Gedanken an die Konsequenzen ihrer Handlungen, Milliarden von Euro verprassen, um sich selbst einen Kindheitstraum zu erfüllen?

Und dann dabei noch scheitern.

Denn Astronaut Jeff war nicht der erste Cowboy im All. Ein anderer ähnlich alter, ähnlich weißer und ähnlich reicher Mann hat dem Amazon-Gründer die Show gestohlen hat. Nein, es war nicht Elon Musk, obwohl der auch gern mit seinem Unternehmen Space X im Weltallgeschäft mitmischen will.

Sein Konkurrent ist der britische Milliardär Richard Branson. Der flog ganze zehn Tage vor Astronaut Jeff ins All. Beide hoffen in Zukunft Weltraumtourismus anbieten zu können. Genau das, was die Welt gerade braucht.

Doch Richard Bransons Flug lief nicht ganz nach Plan: Die Weltall-Expert*innen waren in den letzten Jahren dermaßen mit Ufo-Sichtungen und grünen Männchen beschäftigt, dass sie keine offiziellen Grenzen bestimmten, die aufzeigen, wo das Weltall anfängt und die Erde endet. Der Internationale Luftfahrtverband (FAI) und viele andere Expert*innen sehen zwar 100 Kilometer über der Erde als Grenze zum Weltraum an, es gibt jedoch keine verbindliche internationale Regelung.

Kindisches Wettrennen zwischen Erwachsenen

TV-Star Richard Branson, flog (leider) nur 68 Kilometer hoch. Ob er damit als erstes mit einem Privatunternehmen ins Alls gestartet ist, ist umstritten. Dabei hatte er sich so beeilt Jeff Bezos, der seinen Flug schon im Mai angekündigt hatte, zu überholen.

Auch wenn Jeff Bezos betont, dass die Reise ins All kein Wettbewerb sei, kann ich ihm das ganze nicht ganz abkaufen. Die Aussage erinnert mich doch eher an meinen Sportlehrer bei den Bundesjugendkämpfen. Erst erzählen, dass es um den Spaß an der Sache geht und dir dann enttäuscht die Teilnehmenden-Urkunde in die Hand drücken.

Doch der Amazon-Gründer beharrt weiterhin darauf, dass seine Reise einen höheren Sinn habe. Er wolle “einen Weg ins All errichten, damit zukünftige Generationen unglaubliche Dinge im Weltraum tun können“. Hoffentlich bedeutet “unglaubliche Dinge” nicht unglaublich dumme Dinge. Davon haben wir unserer Erde schon genug angetan.

Jeff Bezos provoziert mit fraglicher Raketenform

Und auch wenn Jeff Bezos Reise eventuell nicht für den ersten Platz reicht, ein Spielfilm ist safe drin: größenwahnsinnige Milliardäre, ein Kampf um den ersten Platz einer Privatperson im Weltall und nicht geklärte Grenzen. Klingt wie ein spannendes Scifi- Abenteuer mit Leonardo Di Caprio als Astronaut Jeff. Richard Branson kann nach seinen zahlreichen TV-Auftritten getrost sich selbst spielen. Besonders die Rolle des Flugzeugpassagiers im Bond Film Casino Royal könnte vorteilhaft sein.

Doch wie lief denn jetzt eigentlich die Weltraumreise des Arbeitsrechtler-Lieblings Jeff ab? Nachdem er die Reise im Mai angekündigt hatte, machte er sich mit seiner Rakete New Shepard – übersetzt neuer Schäfer – auf den Weg. Ganze zehn Minuten dauerte die Reise in der zylinderförmigen Rakete. Jede*r kann sich an dieser Stelle selbst denken, an was die Form erinnern könnte. Mich persönlich freut es aber, dass er in diesen unsicheren Zeiten des Patriachats klar Stellung bezieht.

Doch Jeff Bezos wäre nicht der reichste Mann der Welt, wenn er nicht noch Profit aus seiner ersten Weltalltour schlägt. Neben seinem Bruder Mark und einer ehemaligen 82-jährigen US-Pilotin, versteigerte er ganz in Ebay-Manier ein Ticket für den Flug. Drei, zwei, eins meins.

Cowboyhut und Raumanzug

Die Familie eines 18-jährigen Niederländers ersteigerte das Ticket. Der genaue Preis ist geheim – der eigentliche Gewinner, der seine Reise kurzfristig storniert hatte, soll allerdings 28 Millionen Dollar bezahlt haben. Das ungleiche Team, das zusammen auch in einer Spezial-Folge von Two and a Half Men mitspielen könnten, blieb wohlauf und landete pünktlich um halb vier am Nachmittag wieder in Texas. Jeff Bezos, der den Film Cowboys & Aliens zu oft geschaut hatte, kam stilecht im blauen Raumanzug und Cowboyhut aus der Kapsel.

 

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Ob er Elon Musks Tesla, den dieser 2018 ins All geschossen hatte, auf seiner Reise gesehen hat, bleibt bisher geheim. Dafür hat Jeff the Brain endlich verstanden, wie fragil doch unsere Erde sein kann. “Wir leben auf diesem wunderschönen Planeten. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie dünn die Atmosphäre ist, wenn man sie vom All aus betrachtet.” Was er mit diesem Erkenntnisgewinn macht, bleibt spannend. Obwohl er eine Idee direkt nach seinem Flug mit der Öffentlichkeit teilte: Jeff Bezos schlägt vor, umweltverschmutzende Industrien ins Weltall zu verlagern. “Damit die Erde so ein schöner Juwel bleibt.” Einmal im All gewesen, direkt den Klimawandel verhindert. Wehe er kriegt den Nah-Ost Konflikt nicht auch noch gelöst.

Jeff Bezos, Milliardär, Amazon-Gründer, reichster Mensch der Welt war als vielleicht erster Mensch mit seinem Privatunternehmen im Weltall. Doch die Minuten Schwerelosigkeit ließen ihn nicht abheben. Denn am Ende des Tages weiß der Mann, wo er herkommt und wem er danken muss. “Ich möchte jedem Angestellten und Kunden von Amazon danken, weil ihr dafür bezahlt habt.”

Ein Hoch auf den Kapitalismus.

Teaser-und Beitragsbild: Daniela Realpe/pixabay

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