0,33 Cent pro Stream – Spotify zahlt seinen Künstler*innen so wenig wie sonst fast niemand

Auf kurt.digital schreiben wir regelmäßig E-Mails. Diese geht an Daniel Ek, CEO von Spotify. Unser Autor fordert: Bezahlt eure Künstler*innen endlich angemessen – statt das Geld in kontroverse Projekte zu investieren!

Sehr geehrter Herr Ek,

ganze 45.000 Minuten habe ich im vergangenen Jahr auf Ihrer Plattform Spotify Musik gehört – das sind durchschnittlich zwei Stunden pro Tag. Bezahlt habe ich mit meinem Premium-Abo als Student gerade mal 60 Euro. Darüber sollte ich mich eigentlich freuen, oder? Allerdings geht mein günstiger Musikkonsum auf Kosten der Künstler*innen, die auf Spotify vertreten sind.

Denn die verdienen auf kaum einer anderen Streaming-Plattform so wenig wie bei Ihnen. Sie selbst verraten zwar nicht, wie viel Geld Sie durchschnittlich pro Stream auszahlen. Der Business Insider berichtete Ende Februar aber, dass Spotify seinen Künstler*innen 2021 im Durchschnitt lediglich 0,33 Cent pro Stream bezahlt haben soll. Das ist nicht nur deutlich weniger als in den vergangenen Jahren – sondern auch viel weniger, als die meisten anderen Anbieter zahlen. So berichtet es der Blog „The Trichordist“, der sich für die Rechte von Künstler*innen im digitalen Zeitalter einsetzt.

Tidal soll pro Stream etwa 1,2 Cent zahlen, Apple Music vergütet einen Stream wohl mit etwa einem Cent und Amazon Music schüttet immerhin noch um die 0,4 Cent pro Stream aus. Ihr Unternehmen schneidet in der Bezahlung der Künstler*innen somit von allen großen Streaming-Diensten fast am schlechtesten ab – nur YouTube Music zahlt noch weniger.

In einem Bericht Ende März schrieben Sie, Spotify hätte seinen 11 Millionen Künstler*innen 2021 so viel wie noch nie bezahlt – ganze 7 Milliarden Dollar. Dass Spotify mit 180 Millionen Premium-Abonnent*innen im vierten Quartal 2021 aber auch so viel Geld eingenommen hat wie nie, verschweigen Sie hier bewusst. Und außerdem: An wen gehen die Einnahmen eigentlich?

Da wären zum Beispiel die 200 Millionen Dollar, die der US-Comedian Joe Rogan laut der New York Times von Ihnen dafür bekam, dass sein Podcast exklusiv auf Spotify erscheinen sollte. 200 Millionen Dollar, damit Rogan in seinem vier Mal wöchentlich erscheinenden Podcast Falschbehauptungen über das Corona-Virus in die Welt setzt oder Falschinformationen über den Klimawandel verbreitet.

Einige Künstler*innen haben aus diesen Entwicklungen bereits ihre Konsequenzen gezogen. Neil Young und Joni Mitchell haben ihre Alben Ende Januar von Spotify entfernen lassen. Kanye Wests Album „Donda 2“ erschien Ende Februar auf gar keiner Streaming-Plattform, und im März nahm Snoop Doggs Label Death Row Records viele der bei Ihnen erschienen Alben von den Streaming-Plattformen – darunter Alben von Dr. Dre und Snoop Dogg selbst. Auslöser war in den beiden letztgenannten Fällen vor allem die zu geringe Bezahlung der Streaming-Anbieter, in erster Linie eben von Spotify. Und auf die zahlreichen weniger bekannten Künstler*innen, die Spotify gezielt umschiffen, bin ich hier noch gar nicht eingegangen.

Um der Abwanderung der Künstler*innen entgegenzuwirken, könnten Sie ja mal anfangen, diese auf Spotify tatsächlich fair und angemessen zu bezahlen. Ein Cent pro Stream wäre da schon mal ein guter erster Schritt. Ansonsten verabschieden sich mit den Künstler*innen sicher bald auch ihre Hörer*innen von Spotify.

Mit freundlichen Grüßen

Henning Middeldorf

 

Beitragsbild: PhotoMIX-Company / pixabay

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