Allein im Januar 2018, haben etwa 1,5 Milliarden Menschen WhatsApp genutzt. Der Messenger-Dienst ist auch deswegen so erfolgreich, weil die Nutzer bisher ungestört von Werbung ihre (Sprach-)Nachrichten verschicken konnten. Damit könnte aber bald Schluss sein.
Seit neun Jahren gibt es WhatsApp nun auf dem App-Markt. 2009 gründen die Unternehmer Jan Koum und Brian Acton in Kalifornien das Unternehmen WhatsApp. Was zunächst als Kurznachrichtendienst startete, in der Status-Meldungen veröffentlicht wurden, die von allen Freunden gelesen werden konnten, wurde in kürzester Zeit von den Gründern zu dem erfolgreichsten Messenger überhaupt weiterentwickelt.
Die Entwicklung von WhatsApp und die Facebook-Übernahme
Um das Unternehmen zu finanzieren, arbeitet WhatsApp zunächst mit einem Abo-Modell – 0,89€ sollten Nutzer pro Jahr zahlen. 2014 kaufte Facebook den Messenger-Dienst auf. Ganze 19 Milliarden US-Dollar, davon 4 Milliarden in Bar. Der Rest wird in Form von Facebook-Aktien an die zwei Gründer gezahlt. Trotz des Verkaufs, sichern sich Koum und Acton weitreichende Unabhängigkeit. So blieb WhatsApp werbefrei und die Daten von Facebook und WhatsApp wurden zunächst getrennt voneinander gesammelt. Nach und nach setzte Facebook seine eigenen Interessen jedoch weiter durch, während die beiden Gründer versuchten, ihre Grundsätze beizubehalten.
Nach der Übernahme werden 2014 immer wieder Stimmen laut, man solle von WhatsApp zu anderen, verschlüsselten Diensten wechseln. Hauptsächlich gibt es Bedenken bezüglich einer kommerziellen Weiternutzung von persönlichen Daten und dem Quasi-Monopol von Facebook im Bereich Social Media und Messaging. WhatsApp schreibt währenddessen in seinem Internetauftritt:
Daten über dich persönlich, deine Interessen oder dein Kaufverhalten spielen für uns keine Rolle. Wir sind einfach nicht daran interessiert.
2016 wird auf Wunsch von Facebook das Abo-Modell abgeschafft, die App ist ab dem Zeitpunkt kostenlos verfügbar. Schon zu dem Zeitpunkt wird befürchtet, dass Facebook den Messenger-Dienst ab sofort durch Werbung finanzieren möchte. Dieses Vorhaben scheitert jedoch an Koum und Acton, die ihre Grundsätze nach Werbefreiheit und Datenschutz durchsetzen können. Die immer größer werdenden Interessenunterschiede zwischen WhatsApp und Facebook führen jedoch schließlich dazu, dass die beiden WhatsApp-Gründer aussteigen. Erst schmeißt Brian Acton das Handtuch, kurze Zeit später hat auch Jan Koum keine Lust mehr auf die Meinungsverschiedenheiten und steigt aus. Facebook wollte die Nutzung von WhatsApp für Firmen vereinfachen, nach Ansicht der Gründer hätte dies jedoch eine Aufweichung der Datenschutzrichtlinien bedeutet. Im Mai hat Jan Koum das Unternehmen verlassen, andere WhatsApp-Mitarbeiter wollen im November, wenn ihre Aktienoptionen fällig werden, folgen.
Noch schreibt WhatsApp auf seinem Blog:
Werbung ist (…) die Störung der Ästhetik, die Beleidigung deiner Intelligenz und die Unterbrechung deines Gedankengangs.
Durch den Weggang der beiden WhatsApp-Gründer, dürfte Facebook nun jedoch ein leichtes Spiel haben seine Monetarisierungspläne durchzusetzen. So erzählte der für den Messanger-Dienst verantwortliche Facebook-Manager David Marcus im Gespräch mit dem Fernsehsender CNBC: “Was Werbung angeht, werden wir WhatsApp definitiv mehr öffnen.”
Wie könnte die Werbung in WhatsApp aussehen?
Dem Wall-Street-Journal zufolge, möchte Facebook die Werbung in der neugestalteten Status-Funktion unterbringen, in der für einen Tag Fotos und Videos gepostet werden können. Denkbar ist auch, dass Anzeigen direkt in der Chat-Übersicht, ähnlich wie beim Facebook-Messenger, platziert werden, berichtet dass Magazin Chip.de. Möglich seien auch Push-Benachrichtigungen, die auf dem Bildschirm erscheinen. Dass Werbung jedoch direkt im Chat erscheint, sei eher unwahrscheinlich.
Auch André Schirmer von der Dortmunder Werbeagentur “Schwarz & Matt” steht dem Konzept kritisch gegenüber. Werbung im Social Media Bereich gehe immer mehr Richtung “Content Marketing”, also Werbung, die vom Kunden nicht unbedingt als Werbung wahrgenommen wird und ihm einen Mehrwert bietet. Ein stumpfes Einblenden von Werbung empfindet er daher als “No Go”. Schirmer meint, dass Unternehmen WhatsApp eher als Plattform zur Kontaktaufnahme und Kontaktpflege mit den Kunden nutzen könnten – so wie auch schon beim Facebook-Messenger.
Ein Kunde würde zusammenhangslose Werbung bei WhatsApp nicht akzeptieren, es sei denn, er steht ohnehin mit dem Unternehmen in Kontakt und es bringt ihm einen Mehrwert. Werbung ohne Zusammenhang wird nicht funktionieren.
Trotzdem glaubt Schirmer, dass – auch wenn WhatsApp irgendwann Werbung schalten sollte – die App weiter Bestand haben wird. Sie sei in der Kommunikation zu etabliert, als dass die Nutzer verschwinden würden. Für Widerstand und Unmut unter den Nutzern würde es seiner Meinung nach wohlmöglich dennoch sorgen.
Das sagt die Kurt-Community auf Instagram zu möglicher WhatsApp-Werbung
Könnte die Werbung auch ein Problem für WhatsApp werden?
Damit WhatsApp gewinnbringend Werbung in ihrer App ausspielen kann, muss es zunächst die Lösung für zwei Probleme finden. Zum einen ist das Thema Datenschutz zu beachten. Die Verknüpfung von drei Kanälen (WhatsApp, Facebook, Unternehmen) ist datentechnisch heikel. Bei WhatsApp gibt es keine öffentlichen Profile, aus denen Daten und Informationen abgeleitet werden können. Daraus folgt, dass die Profile mit Facebook abgeglichen werden müssen. Das ist zwar durch sogenannte Custom-Audience-Programme einfach umsetzbar, rechtlich jedoch umstritten.
Zum anderen würden die Nutzer vermutlich allergisch auf die Werbung in ihren Chats reagieren. Anders als bei Facebook ist es nicht möglich, Werbung am Rand neben dem Newsfeed auszuspielen oder in Neuigkeiten und Meldungen zu verstecken. Aber ob das auch praktikabel wäre? Man stelle sich vor, jedes mal wenn man jemanden über das Festnetz anrufen möchte, müsste man sich zuvor eine Art Radiospot anhören – der Aufschrei wäre riesig.
Noch titelt WhatsApp in seinem Blogeintrag: “Warum wir keine Anzeigen verkaufen”. Vielleicht wird der Beitrag ja bald überarbeitet und lautet dann: “Warum Facebook dafür gesorgt hat, dass es auf WhatsApp jetzt Werbung gibt” – oder so ähnlich.
Teaser- und Beitragsbild: flickr.com/luis, lizenziert nach CC. Verändert durch Einbindung von Schriften.