Mehr als 300 Wissenschaftler und 13 US-Behörden erstellten einen 1000-seitigen Bericht über den Klimawandel. Dem Bericht zufolge bedroht der Klimawandel auch die amerikanische Wirtschaft: Hunderte Milliarden Dollar soll die Erderwärmung die US-Wirtschaft kosten. Präsident Donald Trump las nur ein paar Seiten des Berichtes und sagte: “I don’t believe it” – “Ich glaube es nicht”. 300 Wissenschaftler forschen, präsentieren ihre Ergebnisse und Trump denkt, er weiß – beziehungsweise glaubt – es besser. Ein Kommentar.
Es gibt viele Dinge, die wir nicht wissen, an die wir also nur glauben können. Die Auferstehung von Jesus zum Beispiel. Das Leben nach dem Tod. Dass Moses das Meer teilte, Noah die Arche baute oder dass der Prophet Mohammed Menschen und Tiere heilte. Alles Glaubenssachen: Man kann es nicht beweisen, aber man kann Vertrauen darin haben, man kann daran glauben. Aber warum muss man an Wissenschaft, handfeste Geschehnisse, die wir jeden Tag sehen, glauben? Wann sind Abgaswerte, der ansteigende Meeresspiegel, Luftverpestung, Fluten, Brände und die schmelzende Arktis beziehungsweise Antarktis Ansichtssache geworden? Nach dem Motto: Kann sein, dass es stimmt, kann aber auch sein, dass alle Thermometer kaputt gegangen sind. Wie kann man den Klimawandel zur Religion machen?
Trump macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt
Momentan findet die Klimakonferenz der Vereinten Nationen im polnischen Kattowitz statt. Dort soll entschieden werden, wie man die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad beschränkt. Mit dabei: Die USA, zweitgrößter Klimasünder, mit einem Präsidenten an der Spitze, der schon öfters erzählt hat, der Klimawandel sei eine Erfindung der Chinesen. Eine Verschwörungstheorie, die so haarsträubend ist, dass selbst den seit dem 21.12.2012 verbunkerten Menschen vor Schreck der Aluhut vom Kopf fällt. Mittlerweile gibt der US-Präsident Teile der Klimawandels zu, bestreitet aber heftigst, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Stur nach Pippi Langstrumpfs Motto: Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt. Und in Trumps Bild passen die Chinesen als Feinde einfach besser als Fabriken und Autos mit ihren Abgasen. Wenn solche Menschen über die Zukunft unserer Erde entscheiden, dann haben wir jetzt schon verloren.
Währenddessen ist der Klimawandel längst in unserer Welt angekommen. Schauen wir mal in den Pazifik, oder genauer gesagt: in das Pazifikatoll Kirimati. SPIEGEL-Reporter waren für das aktuelle Heft vor Ort und traf einen Mann, der sich als einer der ersten Menschen überhaupt zum Klimaflüchtling erklären lassen möchte. Denn Ioane Teitiotas Heimat versinkt langsam aber sicher im Meer. Die Wellen schwappen über die ganzen Inseln hinweg, das Grundwasser ist versalzen, es wächst nichts mehr auf dem salzigen Boden. Teitiotas Welt geht im wahrsten Sinne des Wortes unter. Er verklagte die Vereinten Nationen, weil er bisher in Neuseeland kein Asyl beantragen konnte – denn er flieht nicht vor Krieg oder politischer Verfolgung, sondern vor dem Wasser.
20 Zentimeter stieg der Meeresspiegel in den vergangenen 100 Jahren schon, es werden in den nächsten Jahren weitere 20-30 Zentimeter folgen. Schon alleine diese paar Zentimeter steigern das Risiko von Extremwetter wie Überschwemmungen und Hurrikanes ernorm. Aber der steigende Meeresspiegel ist doch alles nur eine Erfindung der Chinesen – oder? Heute sind 20 Millionen Menschen auf der Flucht vor Hitze, Dürren, Stürmen und Überschwemmungen. 2050 werden es 140 Millionen sein. Aber was sind schon solche Zahlen – die sind doch auch nur Ansichtssache. Oder?
Hans Fahlenkamp, emerierter Professor der TU Dortmund, sagt: Nein, die Erderwärmung ist real. Er findet Aussagen wie die von Donald Trump fatal. “Der Klimawandel ist menschengemacht”, betont er. Darin seien sich mittlerweile so gut wie alle Klimaforscher einig. “Donald Trump sollte mal ein bis zwei Semester Meteorologie studieren. Sozusagen akademische Nachbildung für Präsidenten.” Als Präsident hat die Politik von Trump – und damit auch seine Sicht auf den Klimawandel – riesige Folgen. Er ist schließlich der Meinungsführer seiner Bevölkerung, als mächtigster Politiker eine Bezugsperson für Führungspersönlichkeiten in anderen Ländern. “China und die USA sind die beiden Länder, die am meisten CO2 emittieren. Wenn diese beiden Länder eine solche fatale Philosophie verfolgen, dann können wir in Europa beinahe einpacken.” Auch China stört sich nicht besonders an dem Klimawandel. Das hat Auswirkungen auf uns alle – schließlich erwärmt sich die Erde überall gleich.
“Wir sollten die Sonne verklagen” – Bitte was?
Leider ist nicht nur Trump dieser Meinung. Beatrix von Storch von der AfD denkt ähnlich. In einem Interview mit “Jung und Naiv” sagte sie, sie wolle, dass Klimaexperten beweisen, dass der Klimawandel menschengemacht ist. “Dann sollten wir mal der Sonne erklären, dass sie nicht so viel scheinen sollte.” Die Sonne hätte schließlich den Einfluss auf die Ozeane, nicht wir. “Der Ozean wird ja nicht warm, weil wir sagen: Ozean werd mal warm oder kalt. Wir sollten die Sonne verklagen.” Bitte was? Sonne verklagen?
Beatrix von Storch ist stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Bundestag – eine Politikerin, die einen großen Einfluss auf ihre Wähler hat. Auch sie ist eine Meinungsführerin. Und auch sie entscheidet: Glaub ich nicht dran. Damit stellt auch sie ihr Wissen über das von Klimaforschern, die den Klimawandel durch den Treibhauseffekt als menschengemacht ansehen. Das können sie mit nahezu an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit belegen. Und wir haben Politiker im Bundestag sitzen, die das nicht akzeptieren wollen.
Deutschland reduziert nicht genug Emissionen
Auch Deutschland verfehlt die Klimaziele. Bis 2020 sollte Deutschland die Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent senken. Das wird nicht möglich sein – der Klimaschutzbericht 2017 zeigt auf, dass Deutschland nur eine Senkung von 32 Prozent erreichen wird. Das Ziel wird weit verfehlt.
Die Erhöhung des Meeresspiegels wird keine biblische Sintflut auslösen, doch eine Flut wird es geben. Die Erhöhung des Meeresspiegels ist ein Teufelskreis, ein riesiger Brocken, der ins Rollen gebracht wird und irgendwann nicht mehr zu stoppen sein wird. Darunter leiden werden zuerst Menschen wie Teitiota sowie Bauern, die durch die Ausbreitung der Wüste ihr Ackerland verlieren. Aber auch New York, die Niederlande, Venedig und Osaka werden die Fluten zu spüren bekommen.
Und wenn wir doch mal den Glauben nehmen: Noah baute die Arche, um sich vor der Flut zu schützen – er handelte und überlebte. Doch wenn der mächtigste Mann der Welt, der Präsident des mächtigsten Landes, den Klimawandel nicht stoppen will, also nicht handeln will, ist das gefährlich. Denn der Klimawandel ist keine Fantasie, er ist menschengemacht und kann nur durch Menschen eingedämmt werden. Der Klimawandel sollte keine Glaubenssache sein, keine Religion, die man als Wahrheit akzeptieren kann oder eben nicht. Er sollte als reale Drohung angesehen werden, die Handeln erfordert – Handeln von allen Politikern dieser Welt.
Beitragsbild via Flickr nach CC BY-NC-ND 2.0 von klem@s.