Dieses Wochenende findet die ESL One Cologne statt – eines der größten eSports Turniere in Deutschland. Dabei kämpfen 16 internationale Teams vor ihren Bildschirmen in der Lanxess Arena um den Titel im Ego-Shooter Counter Strike. 15.000 Zuschauer verfolgen das Turnier live in der Arena und weltweit noch viel mehr per Livestream zu Hause. Trotzdem fehlt es dem eSports in Deutschland noch an der passenden Wahrnehmung.
Seit Jahren ist eSports eine wachsende Branche und gewinnt an immer mehr Popularität. Trotz des stetigen Wachstums ist der Begriff jedoch noch nicht jedem in Deutschland vertraut. 65 Prozent der Deutschen haben schon einmal von eSports gehört oder wissen, was es ist.
Geschaut werden die Spiele noch von viel weniger Leuten. Gerade einmal jeder fünfte Deutsche hat sich schon einmal ein eSports-Match angeschaut. Auch die Übertragung einiger Spiele im Fernsehen hat daran nicht viel geändert. Zwar erzielen die Sender hier einen kleinen Nischenerfolg, besonders hohe Quoten bleiben aber aus. Ein großer Teil der Deutschen kann mit dem Begriff also nach wie vor nichts anfangen.
eSports Turniere als Großevents
Dabei füllen die Turniere international Stadien und sind in den letzten Jahren zu Großveranstaltungen geworden. Das beste Beispiel dafür in Deutschland ist die ESL ONE Cologne. Seit 2015 fiebern dort 15.000 Fans live in der Lanxess Arena mit ihren Lieblingsteams mit und feiern das Gaming-Event. Plakate mit dem Namen des Lieblingsspielers werden in die Luft gehalten, Fahnen geschwenkt und laut geklatscht. Macht das präferierte Team einen Punkt, wird laut gejubelt und verliert das eigene Team, wird mitgelitten.
Szenen, wie sie auch bei klassischen Sportevents vorkommen. Von der Stimmung und den Emotionen her muss sich der eSports daher nicht hinter dem Fußball verstecken. Dennoch wird eSports oft noch nicht richtig ernst genommen.
eSports ist kein Sport?
Mitverantwortlich dafür ist der Begriff des Sports. In Deutschland ist eSports anders als etwa in den USA oder Korea nicht offiziell als Sport anerkannt und wird deshalb auch nicht als solcher wahrgenommen. Klischeehaft gesprochen, sitzen die Spieler ja immerhin nur vor einem Bildschirm und drücken ein paar Knöpfe. Mit solchen Klischees wird eSports immer wieder konfrontiert. Das zeigte auch der diesjährige Deutsche Computerspielpreis.
Hast du, weil es ja ein Sport sein soll, schon mal Muskelkater vom Zocken gehabt?
– Ina Müller beim Deutschen Computerspielpreis 2019
Fernsehmoderatorin Ina Müller führte ohne jegliches Wissen zur Games-Branche durch die Gala und warf mit Klischees nur so um sich. Das hörte nicht auf, als der eSportler Timo Siep, genannt TimoX, die Bühne für eine Laudatio betrat. TimoX spielt als professioneller eSportler FIFA für den VfL Wolfsburg.
Nach einem Kommentar Müllers darüber, dass eSportler ja sogar gut aussehen können, versuchte sie TimoX Fragen zum eSports zu stellen. Dabei heraus kamen jedoch nur Fragen über Groupies oder ob Energy Drinks als Dopingmittel zählen. TimoX verdrehte mehrmals die Augen, zog die Brauen hoch und wollte einfach mit seiner Laudatio anfangen, da ihm die Fragen sichtlich nicht gefielen. Das brachte er gegenüber Ina Müller auch klar zum Ausdruck: “Also die Fragen sind sehr kritisch”. Auch in seiner Laudatio brachte er seinem Ärger darüber zum Ausdruck.
Als eSportler, Sie haben es gerade selber gemerkt, wird man immer so ein bisschen auf die Schippe genommen. Ich weiß nicht, warum.
– Timo “TimoX” Siep, eSportler beim VfL Wolfsburg
Auch in den sozialen Medien kam die von Klischees durchzogene Gala überhaupt nicht gut an. Viele Videospiel-Fans und Persönlichkeiten aus der Games-Branche machten hier ihrem Unmut Luft.
Der Dt. Computerspielpreis: Wir wollen das die Branche ernstgenommen wird!
Auch #derDCP19 : LoL Fette Kellerkinder, Energie Drinks, Rofl, was für Nerds!— Rick Garrido (@RickGPunkt) 9. April 2019
Große Medien, wie zum Beispiel der Spiegel titelten “Eine Branche erniedrigt sich selbst”. Dabei gibt es eigentlich keinen Grund dafür, warum sich diese wachsende Branche erniedrigen sollte.
Wann wird eSports ein offizieller Sport?
TimoX ist ein Beispiel dafür, dass selbst große Sportvereine wie der VfL Wolfsburg das Potential von eSports erkannt haben. Neben dem klassischen Fußball in der Bundesliga, kicken auch Spieler auf dem virtuellen Rasen für den Verein. Auch die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag eine Unterstützung von eSports festgeschrieben und will sogar eine Perspektive auf eine mögliche Aufnahme von eSports bei den Olympischen Spielen möglich machen. Konkrete Pläne oder gar erste Schritte dieser Unterstützung blieben bisher aber aus. Man wolle die Entwicklung zunächst abwarten, wie sich der eSports weiterentwickelt.
Dabei gibt es die Diskussion über eine mögliche Aufnahme von eSports bei den Olympischen Spielen schon seit einigen Jahren. Vor allem bei den jüngeren Deutschen kommt diese Idee gut an. Über 60 Prozent der 14- bis 24-Jährigen denkt, dass eSports helfen kann, mehr junge Zuschauer für die Olympischen Spiele zu gewinnen.
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hingegen erkennt eSports jedoch nicht als Sport an. In ihrer Positionierung zum Thema eSports heißt es: “Der DOSB erkennt die Bedeutung von eGaming als Teil einer modernen Jugend- und Alltagskultur an, nicht jedoch als eigenständige sportliche Aktivität”.
Die Diskussionen um die Anerkennung als richtiger Sport werden demnach in den nächsten Jahren weitergehen, ebenso wie die generelle Diskussion über das Thema eSports. Bis eSports jedoch vollkommen und umfassend in Deutschland wahrgenommen und anerkannt wird, wird es wohl noch einige Zeit brauchen.
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