Weltklimakonferenz in Glasgow: Der Druck steigt

Diesen Sonntag wird die 26. Weltklimakonferenz in Glasgow eröffnet. Es soll ein Treffen werden, bei dem alle Länder der Welt zusammenkommen und besprechen, was sie dem Klimawandel entgegensetzen wollen. Das 1,5-Grad-Ziel, CO2-Neutralität und auch weniger bekannte Zahlen wie 100 Milliarden Dollar im Jahr an Entwicklungsländer werden eine Rolle spielen.

Die Welt trifft sich in Glasgow, zur Klimakonferenz, die in diesem Jahr offiziell COP26 heißt. COP steht für Conference of the Parties, also Konferenz der Parteien, die das “Rahmenabkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen” unterzeichnet haben. Das sind aktuell 192, darunter hauptsächlich Länder, aber auch die EU als Gemeinschaft. Normalerweise finden die Weltklimakonferenzen einmal im Jahr statt, letztes Jahr hat die UK als Gastgeberland die Veranstaltung aber pandemiebedingt abgesagt.

Die nationalen Delegationen verhandeln auf der Konferenz in verschiedenen Konstellationen. Außerdem können Mitarbeiter*innen der UN und Beobachter*innen, also Medienvertreter*innen und Mitarbeiter*innen von NGOs, im Verhandlungsbereich dabei sein. Am Ende steht dann im besten Fall ein Beschluss fest, den die Teilnehmer*innen unterzeichnen. Der bekannteste davon ist das Pariser Klimaschutzabkommen, das auf der COP21 beschlossen wurde.

Das Pariser Klimaschutzabkommen
Im Jahr 2015 einigten sich knapp 200 Länder auf das wichtigste Klimaschutzabkommen der Geschichte. Auf der COP in Paris unterschrieben sie, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst nahe an 1,5 Grad, zu begrenzen. Das 1,5-Grad-Ziel war geboren. Außerdem stand in dem Abkommen, dass die Industriestaaten die Entwicklungsländer finanziell unterstützen würden, um Klimagerechtigkeit zu schaffen. Erstmals wurde auch festgeschrieben, dass nichtstaatliche Akteure einen Beitrag gegen den Klimawandel leisten sollten.

100 Milliarden Dollar im Jahr für Entwicklungsländer

Ein konkretes Vorhaben für die Klimakonferenz in diesem Jahr ist es, einem Versprechen an Entwicklungsländer nachzukommen. Auf einer früheren Weltklimakonferenz war vereinbart worden, dass Industrieländer ab 2020 jedes Jahr 100 Milliarden Dollar an Entwicklungsländer zahlen, um ihnen auf dem Weg zur Klimaneutralität und gegen die Folgen des Klimawandels zu helfen. Letztes Jahr wurde dieses Ziel nicht erreicht. Damit insgesamt trotzdem genug Geld zusammenkommt, soll jetzt über einen längeren Zeitraum gemittelt werden, sodass die 100 Milliarden im Durchschnitt dann doch noch hinkommen.

Das wichtigste Signal, was von der COP26 ausgehen soll, hat aber mit dem Treibhausgasausstoß zu tun. Nach dem Pariser Klimaschutzabkommen setzt sich jedes Land ein Ziel, um wie viel es seine Emissionen bis zu einem bestimmten Zeitpunkt verringern will. Diese Ziele sollen dann immer ambitionierter werden. In Fünfjahresabständen legen die Länder neue Ziele vor.

Es ist nicht aber verpflichtend, dabei mehr von sich zu fordern als vorher. Kein Land wird von einer höheren Instanz bestraft, wenn es seine Ambitionen nicht steigert. Denn das Pariser Klimaschutzabkommen ist ein völkerrechtliches, es beruht also nicht auf höhergestellten Organisationen, sondern auf einem Konsens zwischen den Ländern. In der Praxis bedeutet das, dass Länder sich quasi durch Gruppenzwang dazu gedrängt fühlen, höhere Ziele zu versprechen, wenn genug andere das auch tun. Besonders vor den Konferenzen, wenn die Aufmerksamkeit am größten ist, veröffentlichen viele Länder ambitioniertere Pläne. Das führt zu einem sich verstärkenden Effekt dieses Länder-“Gruppenzwangs”, sodass im Idealfall alle Länder ihre Ziele erhöhen.

Luft nach oben bei Emissionen

Die bisherigen Ziele reichen allerdings nicht. Vor der Konferenz schrieben die UN in einem Bericht, mit den aktuellen Zielen würde die Welt auf einen Temperaturanstieg von 2,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts zusteuern. “Wir sind noch nicht einmal in der Nähe, wo die Wissenschaft sagt, dass wir sein sollten”, erklärte die Chefin des UN-Klimasekretariats Patricia Espinosa. Das gilt auch, obwohl viele Länder ihre Pläne vor der Konferenz aufgebessert haben. Denn es gibt noch viel Luft nach oben. “Ganz wichtig für mich wäre Indien als einer der größten Emittenten, der noch nichts eingereicht hat”, sagte Niklas Höhne, Professor für Klimaschutz und Leiter des New Climate Institute, dem Science Media Center. “Da hoffen aber auch alle, dass das am Anfang der COP dann passiert.”


Höhne ist zuversichtlich, was die selbstgesetzten Ziele der Länder angeht, es kämen jetzt vor der Konferenz ständig welche dazu. Aber: “Kein einziges dieser Länder hat kurzfristige Maßnahmen umgesetzt, um tatsächlich sich auf den Pfad hin Richtung NettoNull zu bewegen.” Es sei jetzt darauf zu hoffen, dass die Konferenz eine Einigung bringe. Carl-Friedrich Schleussner von der Humboldt-Universität Berlin vermutete ebenfalls im Gespräch mit dem Science Media Center, es sei eine Voraussetzung für jeden weiteren Fortschritt in den Verhandlungen, sich über das Geld zu einigen. Die 100 Milliarden Euro für die Entwicklungsländer wären ein Gradmesser für weitere Verhandlungen. “Ich würde erwarten, dass dem eine herausragende Bedeutung zukommt, um dann eben auch an anderen Stellen mehr Ambitionen zu schaffen.

Lena Kah von Fridays for Future Dortmund rechnet nicht mit mehr als leeren Versprechungen. “Das kommt auch aus der Erfahrung von früheren Konferenzen, dass da immer viel gesprochen wurde und wenig beschlossen”, sagt sie. Dabei sei es wissenschaftlich notwendig, dass alle Länder ihr Tempo deutlich steigern, um die Pariser Klimaziele noch einhalten zu können.

Beitragsbild: Markus Spiske/pexels

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