Ende des EU-Klimagipfels: Wie grün kann Europa werden?

Am finalen Tag des EU-Klimagipfels am Freitag, 13. Dezember, in Madrid haben die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union erklärt, bis 2050 eine „klimaneutrale Union“ werden zu wollen.

Der Europäische Rat unterstützt damit die Forderungen des Klimaplans „Green Deal“, den Ursula von der Leyen beim Gipfeltreffen als „Europas Mann-auf-dem-Mond-Moment“ bezeichnete. Aber welche Ziele setzt der „Green Deal“ im Detail? Und was bedeuten die Ergebnisse der EU-Konferenz für die globale Klimadebatte? Die vier wichtigsten Punkte im Überblick.

Erneuerbare Energien

Um die Klimaziele bis 2050 erreichen zu können, sollen die Treibhaus-Emissionen in Europa durch fossile Brennstoffe wie Öl, Kohle oder Erdgas bis 2030 um 50 Prozent zu verringern werden. Stattdessen schlägt der „Green Deal“ vor, Gesetze über den Wandel zu erneuerbaren Energien zu verschärfen. Dazu sollen in einer „Offshore-Initiative“ unter anderem Windkrafträder in Küstenregionen gebaut werden. Der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft betrifft hauptsächlich die Industrie. Insgesamt sollen Waren in der EU in Zukunft CO2-arm durch alternative Energieträger zum Beispiel Wasserstoff bei der Stahlherstellung produziert werden.

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Verkehr

Auch Regelungen für klimafreundlichere Straßen sind Themen des „Green Deals“. Die EU will europaweit weitere Ladestationen für Elektroautos bauen. Zudem sollen künftig weniger kostenlose CO2-Rechte an Flugunternehmen vergeben werden. Vizekommissionspräsident Frans Timmermanns sprach sich noch dazu in einem Interview mit den Tagesthemen dafür aus, klimaneutrale Brennstoffe in Flugzeugen zu verwenden. Beim Thema des klimafreundlichen Reisens will die EU mit gutem Beispiel vorangehen und bis 2030 klimaneutral werden. Derzeit pendelt das Europäische Parlament alle vier Wochen zwischen Straßburg und Brüssel.

Klimapolitik-Experte Oldag Caspar vom Verein Germanwatch begrüßt die auf dem EU-Gipfel angestoßene Initiative für ein klimaneutrales Europa. Germanwatch ist eine Umweltorganisation, die sich für globale Gerechtigkeit und den Erhalt der Lebensgrundlagen engagiert. Besonders im Bereich der Verkehrspolitik habe es laut Caspar allerdings zu wenige Vorschläge gegeben. Der Langstreckenverkehr müsse langfristig von Flug- und Autoreisen auf den Zug und die Schienen verlagert werden, sodass auch Langstreckenreisen von Deutschland bis nach Madrid oder Moskau klimafreundlicher möglich werden würden.

Wirtschaft und Handel

In der Handelspolitik schlägt Ursula von der Leyen mit ihrem „Green Deal“ eine CO2-Steuer für importierte Waren vor. So würde verhindert werden, dass die Produktion europäischer Güter in Länder ausgelagert werden würde, die die Klimavorgaben der EU nicht erfüllen. Dadurch soll das Überleben europäischer Unternehmen trotz einschneidender Vorgaben bei der Umsetzung der Klimaneutralität gesichert werden. Außerdem sollen EU-Länder in Zukunft darauf achten, ob Länder, mit denen Freihandelsabkommen geschlossen werden, Klimaschutz betreiben.

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Insgesamt sollen die Maßnahmen des „Green Deals“ pro Jahr mindestens 260 Milliarden Euro kosten. Die Gelder sollen dabei aus dem privaten sowie öffentlichen Sektor gewonnen werden. Die Europäische Investitionsbank hat zugestimmt, einen Teil der Kosten zu übernehmen. Im Zeitraum von 2021 bis 2030 sollen so Investitionen in den Klimaschutz in Höhe von eine Billion Euro finanziert werden. Laut Caspar sei trotzdem noch unklar, wie der Haushalt genau finanziert und die eindeutige Verwendung von Geldern für Klimaziele garantiert werden könne. Eindeutige Ergebnisse des EU-Klimagipfels und die Umsetzung verschiedener Maßnahmen des “Green Deals” sind noch nicht absehbar.

Auch wenn die EU-Länder ihre Bereitschaft, bis 2050 klimaneutral zu werden, grundsätzlich bestätigt haben, konnte Ratspräsident Charles Michel kein einstimmiges Ergebnis der Verhandlungen präsentieren. Als einziger Teilnehmer der Klimakonferenz hat Polen sich vorerst nicht verpflichtet, dem Klimaplan zuzustimmen.Der osteuropäische Staat bezieht rund 80 Prozent des Stroms aus Kohleabbau. Um den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft bewältigen zu können, fordert Polen Finanzhilfen von der EU.

Gegenstimmen

Kritik gab es auch von Umweltschützern. Die Fridays-For-Future-Bewegung hat die Ergebnisse des EU-Klimagipfels als unzureichend bezeichnet und zu einem internationalen Streik aufgerufen. Auch die realpolitische Umsetzung des „Green Deals“ wirft noch Fragen auf. Der Europäische Rat legt nur allgemeine politische Ziele für Europa fest und wirkt nicht an der Gesetzgebung mit. Die Schlussfolgerungen des EU-Klimagipfels können also nur als richtungsweisende Strategie europäischer Politik eingeordnet werden.

Konkrete Gesetzentwürfe des „Green Deals“ will Ursula von der Leyen ab Januar 2020 im Parlament vorstellen. Dann wird sich zeigen, ob die Forderungen des „Green Deals“ innerhalb des Parlaments so gut angenommen werden wie im Europäischen Rat. Laut Oldag Caspar seien die Ergebnisse des EU-Gipfels ein wichtiger Schritt, um den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens gerecht zu werden. Die EU sei damit zwar nicht zum glaubwürdigsten Akteur der Klimaschutzpolitik geworden, jedoch der glaubwürdigste in dieser Größenordnung.

Beitragsbild: Createria via Unsplash

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