Teil 3: Neuer Anfang nach dem Ende: Die Suche nach dem Sinn
Seine Suche dauerte nicht lange, eigentlich fand sie gar nicht wirklich statt: Martin Amedick wusste schnell, wohin es ihn nach dem Karriereende verschlagen sollte. Die Erfahrungen, die er gemacht hatte, wollte er „mit dem Bereich Sportpsychologie verbinden“, sagt er. Also schrieb sich Amedick nahe seiner Heimat an der Universität Bielefeld ein – und begann, Psychologie zu studieren. Als „Exot“, so bezeichnete er sich selbst, zwischen den vielen Anfang 20-jährigen Kommilitonen.
„Ich wurde wenig erkannt, hier und da mal, aber insgesamt recht wenig“, erzählt Amedick, dem laut Studienplan nur noch die Bachelorarbeit und ein Praktikum fehlt. Letzteres möchte der nunmehr 37-Jährige beim SC Paderborn machen, im Nachwuchsleistungszentrum an der Seite eines dort tätigen Sportpsychologen.
Denn genau das ist es auch, was der Ex-Profi später nach abgeschlossener Ausbildung beruflich tun möchte: als Sportpsychologe in einem NLZ arbeiten – und jungen Leuten helfen, die, wie er sagt, einen „schweren Rucksack“ zu tragen hätten.
Neue Wege – wie geht es weiter?
Amedick, laut eigener Aussage ein eher unordentlicher Typ, startete nach seiner Karriere noch einmal durch – und gehört damit zu den Positivbeispielen. Letztendlich wieder raus aus dem Korsett von Verpflichtungen zu sein, seinen Alltag nach der Laufbahn selbst strukturieren zu können, „tut dem Einen gut, er nutzt die freie Zeit effektiv“, meint der ehemalige Bundesligaprofi. „Der Andere hat da aber vielleicht mehr Probleme mit.“
Bei allen Menschen sei es ja so, ergänzt Sportpsychologe Dr. René Paasch, dass sie irgendwann mal „neue Wege“ gehen müssten. Also auch bei ehemaligen Fußballprofis. Um nicht in eine Sinnkrise zu geraten, sei es wichtig, sich frühzeitig „einen zweiten Plan zu überlegen“. So wie es Amedick gemacht hat. Das Gros seiner Kollegen hinkt da allerdings hinterher, wie eine 2018 veröffentlichte Studie der Spielergewerkschaft VDV zeigt.
230 Spieler aus den ersten drei deutschen Fußball-Ligen wurden befragt – und gaben zum Teil verblüffende Antworten. Nur rund jeder dritte Spieler beschäftigt sich demnach häufig mit der Zukunftsplanung. Der Großteil hat noch keine konkrete Idee, welches Feld er nach Ablauf des letzten Profivertrags beruflich anstreben will.
Viel Bereitschaft, aber kein Plan
Dennoch – und auch das ist einigermaßen erstaunlich – schätzen mehr als zwei Drittel der Profis, dass die Chancen gut oder sehr gut seien, auch ihrem späteren Lieblingsjob nachgehen zu dürfen. Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass ihre bisher erworbene Qualifikation dafür reichen würde.
Nur 8,3 Prozent der Spieler sehen diesbezüglich dringenden Handlungsbedarf. Zwar gibt es in der Breite durchaus eine Fortbildungsbereitschaft, allerdings hat fast jeder zweite Spieler noch keine genaue Vorstellung davon, welche Qualifikation er erwerben will. Kurzum: Ein konkreter Plan fehlt den meisten. Dabei haben nur rund zehn Prozent der Profis finanziell ausgesorgt.
„Manche leben einfach nur den Moment“, sagt Dr. Paasch, „sie fahren dicke Autos und haben Höhenflüge. Ich sehe zwar viele reflektierte Fußballer. Über alle kann man aber nicht so sprechen.“ Generell müsse immer wieder darauf hingewiesen werden, wie wichtig es sei, nicht mit Scheuklappen durch die Welt zu laufen. Wenngleich die sportlichen Anforderungen „immens hoch“ seien, so Paasch, sollten Spieler versuchen, sich ab und an Gedanken über die Zukunft zu machen.
„Irgendwann hört es auf“, sagt er, „dann ist man nicht mehr so bekannt, dann verdient man nicht mehr so viel Geld – und dann muss es trotzdem weiter gehen.“ Darauf gelte es die Fußballprofis anzusprechen, auch als Sportpsychologe. Damit der Ex-Sportler später mit neuem Plan fokussiert in die Zukunft starten kann.
In etwa so, wie er in jüngeren Jahren in den Fußballzirkus hineingeraten war.