Duell der alten weißen Männer – so denkt die US-Jugend über die Wahl

Es ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen: Donald Trump oder Joe Biden? Die ganze Welt fiebert auf die Ergebnisse der US-Wahl hin. Besonders viele junge Leute waren bei dieser Wahl politisch aktiv und haben sich für ihre Rechte eingesetzt. Wir haben mit amerikanischen Studierenden über ihre Gefühle, Hoffnungen und Wünschen für ein neues Amerika gesprochen.  

Von Erleichterung nach der Wahl ist keine Spur. Die Anspannung in Amerika spüren momentan alle, auch Kunststudentin Emily an der New York University. “Ich werde nicht einmal erleichtert sein, wenn Trump verlieren sollte. Es gibt jetzt schon zu viele konservative Leute in mächtigen Positionen, wie Amy Coney Barrett, neue Richterin des obersten Gerichtshofs der USA. Wir jungen Menschen stehen unter Druck und müssen unsere Aufmerksamkeit voll und ganz der Politik widmen.”

“Die Menschen bereiten sich auf eine Apokalypse vor”

Besonders Demokrat*innen fürchten Ausschreitungen. Denn Trump hatte vor der Wahl einige seiner treusten Anhänger, die militanten “Proud Boys”, aufgefordert, sich bei einem Sieg für Biden “bereitzuhalten”.

Auch Nona, Wirtschaftsstudentin an der Universität von Kalifornien in Los Angeles, hat Angst. Morgen, am Tag nach der Wahl, will sie ihr Haus nicht verlassen.

“Ich habe wirklich Angst, egal wer gewinnt.”

Eine solch zerfallene Gesellschaft und angespannte Atmosphäre wie bei dieser Wahl hat Nona noch nie erlebt. “Als ich mir gestern früh einen Kaffee holen wollte, war ich richtig geschockt. Die Stadt war wie ausgestorben. Alle Geschäfte und Gebäude in meiner Stadt sind mit dicken Holzbrettern abgeriegelt. Menschen bereiten sich hier auf so etwas wie eine Apokalypse vor.”

Amerika, die defekte Demokratie

So gespalten wie aktuell war Amerika noch nie. Für viele gibt es nur eine Farbe: Rot (republikanisch) oder Blau (demokratisch). Es trägt nicht gerade zur Beruhigung der Lage bei, dass sich Trump bereits eigenhändig zum Sieger erklärt hat, obwohl das Ergebnis noch überhaupt nicht feststeht. Er hat gesagt, er wolle die weitere Auszählung der Briefstimmen gerichtlich stoppen. Das Szenario, das viele Amerikaner*innen befürchtet hatten, ist eingetreten.

Jedoch wäre eine Anerkennung der Wahlergebnisse momentan die friedlichste Lösung für Amerika, erklärt Christoph Schuck, Professor für Politikwissenschaften an der TU Dortmund. Das Verhalten des Wahlverlierers sei für eine funktionierende Demokratie viel wichtiger als das des Gewinners. Bei dieser Wahl gebe es eine starke Polarisierung der Bevölkerung und der Kandidaten – mehr als je zuvor.

Wie Trump bereits angekündigt hat, könnte dies dazu führen, dass “Wahlergebnisse als gefälscht oder illegitim verunglimpft werden, wenn sie nicht im eigenen Interesse liegen. So etwas ist eigentlich ein typisches Merkmal von defekten Demokratien”, erklärt Schuck.

Junge wünschen sich mehr Miteinander

Vor allem junge Amerikaner*innen wollen Frieden und kein gespaltenes Land. Nona wünscht sich ein Amerika, in dem sich beide Seiten respektieren und in Frieden zusammenleben. Auch Emily möchte dass “Menschen einander zuhören, anstatt offen mit dem Finger aufeinander zu zeigen und sich gegenseitig für ihre Fehler zu beschuldigen.” Sie findet, dass Gespräche mit Menschen, die gegensätzliche Ansichten haben, zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen. “Denn sonst wird Amerika für immer gespalten bleiben.”

Für Schuck verkörpert Trump einen großen Teil der amerikanischen Gesellschaft. “Weder sein öffentliches Versagen im Umgang mit der Coronakrise, noch seine mitunter rassistischen und sexistischen Entgleisungen und nachweisbaren Falschaussagen haben Wähler abgeschreckt. Das sollte uns zu denken geben.”

“Biden ist wenigstens ein Mann und kein fünfjähriger Junge”

Viele amerikanische Studierende sagen, dass sie am liebsten keinen der beiden Kandidaten als Präsidenten hätten. Auch für Emily ist Biden lediglich das “kleinere Übel”.

“Sind wir mal ehrlich: Auch er ist ein alter weißer Mann. Aber wenigstens ist er ein Mann und kein fünfjähriger Junge, der an seinem Daumen saugt und den Demokraten die Schuld für seine Fehler gibt.”

Sie und viele andere Studierende wählen Biden nicht nur, weil er den Regierungsstil versachlichen will, sondern vor allem, weil er versprochen hat, sich für Einwanderer, Frauen, Schwarze und die LGBTQI*-Gemeinschaft einzusetzen. Denn Gleichheit, Toleranz und Respekt sind die Werte, die sie sich von dem Präsidenten der Vereinigten Staaten wünschen.

Teaser-/Beitragsbild: unsplash.com/paulweaver, lizenziert nach CC.

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