Warum in der Stadtbahn vielleicht bald Englisch gesprochen wird

Die Anzahl an Touristen in Dortmund steigt. Ob Arbeitnehmer als Besucher einer Fachmesse, oder die fußballbegeisterte Familie, die das größte Stadion Deutschlands besuchen möchte. Mehr Menschen in Dortmund sorgen für neue Herausforderungen. Die Gäste wollen sich zurechtfinden und schnell von A nach B kommen. Die Dortmunder Grünen wollen jetzt mit englischsprachigen Bahnansagen dazu beitragen den Aufenthalt für Touristen in Dortmund ein Stück weit zu vereinfachen.

“Kampstraße. Umsteigemöglichkeit zu den Stadtbahnlinien U43 und U44. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts…”. Diesen Satz haben viele Dortmunder schon unzählige Male gehört. Doch bald könnte sich an dieser altbekannten Durchsage etwas ändern. Die Dortmunder Grünen wollen am Dienstag (7. Mai) einen Vorschlag im Ausschuss für Bauen, Verkehr und Grün einreichen, in dem sie sich für internationale Ansagen in ausgewählten Stadtbahnen aussprechen. Im Detail sollen in den Stadtbahnhaltestellen Hauptbahnhof, Kampstraße, Reinoldikirche, Stadtgarten, Westfalenhallen und Stadion die bekannten Durchsagen auch in englischer Sprachversion zu hören sein. Die Durchsagen sollen sowohl in der Bahn als auch am Haltesteig beim Einfahren der Bahn erklingen.

Hintergrund für den Vorschlag sind auch die gestiegenen Touristenzahlen in Dortmund. Laut den Grünen gab es im Jahr 2018 in Dortmund über 800.000 Übernachtungen. BVB-Heimspiele im Signal-Iduna-Park, Veranstaltungen und Fachmessen in den Westfalenhallen oder Konzerte im Westfalenpark ziehen auch internationale Gäste in die Revierstadt. Doch nicht nur Touristen soll mit dem Vorschlag die Orientierung im Nahverkehr vereinfacht werden, die Grünen denken bei ihrem Vorschlag auch an die nicht-deutschsprachige Bevölkerung, die in Dortmund lebt. Vor allem die steigende Zahl an internationalen Studierenden nennt Sabine Pezely, Grünenpolitikerin in Dortmund. Insgesamt solle die Maßnahme die „Attraktivität des ÖPNV steigern.“ Für die Ratssitzung kann sich die Grünenpolitikerin eine Mehrheit am Ende der Debatte vorstellen. Generell sieht Pezely die Stadt in Sachen Touristeninformation gut aufgestellt.

Gäste aus dem Ausland brauchen Orientierung

Sigrun Späte, Pressesprecherin der DORTMUNDtourismus GmbH, kann das Anliegen der Grünen nachvollziehen. Der Verein, der die offizielle Tourismusmarketingorganisation der Stadt Dortmund ist, kann sich die englischsprachigen Ansagen in der Stadtbahn gut vorstellen. Späte erinnert, dass es Ansagen in ähnlicher Form schon zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 gab. Damals richtete die Stadt sechs Spiele des Turniers aus. Bestätigen kann sie auch die leicht steigende Zahl an Gästen aus dem Ausland. Mit einem Plus von rund zwei Prozent bei den Ankünften und fast sechs Prozent bei den Übernachtungen spielen ausländische Touristen in die Statistik. Als Beispiel für einen Fall, in dem die mögliche Änderung helfen könnte, nennt sie die Durchsage “An den oberirdischen Haltestellen hält die Stadtbahn nur nach Betätigung der Haltewunschtaste”. Hier sind ihr schon Besucher begegnet, für die die Fahrt in der Stadtbahn nicht an der gewünschten Haltestelle endete. Insgesamt würden sich jedoch die meisten Touristen gut auf ihren Aufenthalt in Dortmund vorbereiten, so Späte. Gerade durch die mit der Digitalisierung einhergehenden Angebote wie Apps, Internetseiten oder Übersetzungssoftware falle vielen die Orientierung in der Stadt leichter. Für alle die sich nicht auf technische Hilfsmittel verlassen möchten, sind in der Dortmunder Innenstadt große rote Infowegweiser aufgestellt, die in Richtung einiger Touristenziele weist. Bei der Planung dieser Citybeschilderung wurde besonders darauf geachtet im Sinne der Verständlichkeit nur Eigennamen, klar übersetzte Begriffe oder Piktogramme zu benutzen. Doch im Endeffekt weist Sigrun Späte auf die Hilfsbereitschaft der Dortmunder hin. Oft sei die einfachste Art und Weise eine Frage zu beantworten, das kurze Gespräch mit einem auskunftswilligen Passanten.

Umsetzbarkeit noch fraglich

Sollte es zu einer Einführung der englischsprachigen Ansagen in den Stadtbahnen kommen, wartet auf die Verkehrsbetriebe von DSW 21 einiges an Arbeit. Englischsprachige Ansagen müssten auf Anfrage bei der Pressestelle der DSW 21 neu aufgenommen werden. Britta Heydenbluth, Sprecherin der DSW 21, nennt als größtes Problem den teilweise geringen Abstand zwischen den Haltestellen. Die kurzen Strecken sind gleichzeitig der Grund dafür, dass die aktuellen Ansagen nur in deutscher Sprache sind. Die Ansagen könnten durch zusätzliche Informationen wie Umsteigemöglichkeiten, Haltewunschtasten oder Ausstiegshöhe zu lang werden. Ob eine englischsprachige Version möglich ist, müsste somit für jede Haltestelle einzeln geprüft werden, so Heydenbluth weiter. Aktuell bietet die DSW 21 für fremdsprachige Menschen die Möglichkeit am Ticketautomat die Sprache zu ändern, außerdem sind in Bussen und Bahnen die Hinweise auf Konsequenzen nach Fahren ohne gültigen Fahrausweis in mehreren Sprachen lesbar. Hinzu kommen einige Informationsflyer und -broschüren und die Möglichkeit, die Website übersetzen zu lassen.

Selbstexperiment: Orientierung in Dortmund ohne Deutschkenntnisse
Um den aktuellen Stand für Touristen in Dortmund zeigen zu können, hat unser Autor ein Selbstexperiment gemacht. Die Aufgabe: Ohne deutsche Sprachkenntnisse vom Dortmunder Hauptbahnhof zum Signal-Iduna-Park bzw. den Westfalenhallen gelangen. Der Weg sollte möglichst ohne Nahverkehrsmittel und ohne sprachliche Verständigung gefunden werden. Am Startpunkt, dem Vorplatz des Hauptbahnhofes sucht mein Blick also nach einer Karte oder einem Wegweiser und bleibt an einer Karte hängen, offensichtlich eine Radkarte. Der Ausschnitt ist so gewählt, dass er für die Orientierung vor Ort keinen Nutzen
hat. Ich suche weiter nach Hinweisen. Da fällt mir der große rote Wegweiser am Fuße der Katharinentreppen auf. Ich überquere die Straße und betrachte den riesigen Pfahl. Dort sind Theater, Oper, Dortmunder U, Kirchen, Hansaplatz und Geldwechsel aufgeführt. Nichts zu lesen von Stadion, Signal-Iduna-Park oder Westfalenhallen. Mein Blick fällt auf das oberste Schild. “Tourist-Information” – vielleicht finde ich dort eine Karte oder einen Hinweis um an mein Ziel zu gelangen.

Zwei Minuten später stehe ich vor der Touristeninformation. Eine Stadtkarte sehe ich nicht. Es liegen Broschüren zu allen möglichen Erlebnissen rund um Dortmund aus, doch keine sieht hilfreich für mich aus. Vor dem Gebäude zieht es mich wieder zum nächsten roten Wegweiser. Leider finde ich auch hier die gesuchte Bezeichnung nicht. Ich stecke fest. Ich streife hin und her in der Innenstadt immer mit dem Blick nach einem Schild oder einer Karte. Ich finde Karten, die meisten hängen an Stadtbahnhaltestellen, doch auch diese helfen mir nicht weiter. Dafür finde ich immer wieder den roten Wegweiser und darauf immer die selben Orte. Theater, Oper,Dortmunder U. Um heute noch ans Ziel zu kommen wende ich mich dann doch an einen Passanten. In einfachem Englisch frage ich ihn nach dem Weg zum Stadion. Der Mann will mir helfen und beschreibt mir den Weg. Ich bedanke mich und habe nun wieder ein Ziel. Das Theater habe ich danke meiner roten Helfer schnell gefunden. Ich folge der Straße in blindem Vertrauen auf die Aussage des Passanten. Dann sehe ich endlich das erste Schild auf das ich den ganzen Tag gewartet habe. Ein Schild für Radfahrer, das reicht mir aber vollkommen. Stadion, geradeaus, 1,6 Kilometer. 10 Minuten später stehe ich vor dem Stadion, das so viele Besucher nach Dortmund zieht. Vor dem Stadion begegnen mir unzählige Hinweisschilder, Westtribüne hier lang, Südtribüne dort entlang. In der Nähe des Stadions finde ich mich einfach zurecht. Zum Ende meines kleinen Selbstexperiments wird mir klar: an Hinweisschildern mangelt es in Dortmund nicht. Mein Fußweg vom Hauptbahnhof zum Stadion ist wahrscheinlich nicht der Weg den sich die Stadtplaner wünschen. Lieber soll ich wohl am Hauptbahnhof mit dem Zug oder der Bahn zum Veranstaltungsort kommen. Doch auch eine Orientierung gänzlich ohne Smartphone und digitale Hilfe entspricht nicht wirklich dem aktuellen Zeitgeist. Ich habe gemerkt, dass man am schnellsten Hilfe im Gespräch mit den Menschen auf der Straße bekommt – und vielleicht bald auch durch englische Durchsagen.

Beitragsbild: David Adams

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