#Asylzoff: Erst Streit, dann Einigung und jetzt wieder Streit?

Der Asyl-Konflikt zwischen CDU und CSU ist vorbei: Bundeskanzlerin und CDU- Chefin Angela Merkel und ihr Bundesinnenminister und CSU-Chef Horst Seehofer haben sich auf einen Kompromiss geeinigt. Demnächst sollen Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze entstehen, aus denen Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden. Dafür müssen Abkommen mit den betroffenen Staaten geschlossen werden. Bevor es dazu kommen kann, muss jedoch noch die SPD den Vorschlägen als Koalitionspartner zustimmen.

Lange haben Angela Merkel und Horst Seehofer miteinander gerungen. Die Auseinandersetzungen gingen soweit, dass der CSU-Vorsitzende seinen Rücktritt als Bundesinnenminister anbot. Gleichzeitig drohte sogar die Union der beiden Schwesterparteien nach ihrer 70-jährigen Geschichte an dem Konflikt zu zerbrechen. Auch die Aufkündigung der Koalition und Neuwahlen schienen plötzlich denkbar.

Doch wie kam es eigentlich zum Asylkonflikt?

Hintergrund waren die ungleichen Positionen von Bundeskanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer. Angela Merkel wertete die erzielten Verhandlungsergebnisse des EU-Gipfels als einen Schritt in die richtige Richtung. Dort trafen die Länder Spanien, Griechenland und Deutschland eine Vereinbarung über die Rücknahme von Geflüchteten. Für Deutschland solle die Möglichkeit bestehen, bereits registrierte Flüchtlinge nach Spanien und Griechenland zurückzuführen. Die Kosten dafür sollen von der Bundesrepublik übernommen werden. Im Gegenzug sollen Familienmitglieder von Geflüchteten, die sich in Spanien oder Griechenland befinden, ungehindert nach Deutschland reisen dürfen. Angela Merkel forderte: Unter keinen Umständen soll es zu nationalen Alleingängen kommen. Horst Seehofer forderte, dass bereits in anderen Ländern registrierte Flüchtlinge an der deutschen Grenze abgewiesen werden. Die sogenannte Sekundärmigration möchte Horst Seehofer auf jeden Fall verhindern.

Was ist Sekundärmigration?
Als Sekundärmigration wird die Bewegung von Geflüchteten zwischen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bezeichnet. Das ist zum Beispiel der Fall wenn ein Geflüchteter in Italien bereits registriert ist und dann weiter nach Deutschland reist. 

Diese unterschiedlichen Positionen führten dazu, dass sich am Samstagabend (30. Juni) Angela Merkel und Horst Seehofer zu einem Vieraugengespräch trafen. Ein Entgegenkommen der beiden Parteivorsitzenden konnte nicht erzielt werden. Stattdessen verhärteten sich die Fronten zwischen dem Bundesinnenminister und der Kanzlerin weiter. Am Sonntagabend (1. Juli) kam es dann zum Showdown der beiden Parteichefs. In einer Sitzung bot Seehofer seinen Rücktritt an, wenn die Kanzlerin weiter an ihrem Standpunkt festhält.

Wie haben sich die Parteien doch geeinigt? 

Im Laufe des Montags (2. Juli) verhandelten die Gremien der CSU und der CDU weiter. Horst Seehofer verschärfte im Laufe des Tages erneut die Kritik an der Kanzlerin und sagte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung: “Ich lasse mich nicht von einer Kanzlerin entlassen, die nur wegen mir Kanzlerin ist!” Daraufhin gab es ein Treffen von Seehofer, Merkel und dem Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble  – das führte offenbar zu einer Annäherung. Nach weiteren Verhandlungen konnten sich CDU und CSU schließlich auf drei gemeinsame Punkte verständigen.

Die zentrale Forderung der Union ist jetzt die Schaffung von Transitzentren an der deutsch-österreichischen Grenze. Das bedeutet, dass Flüchtlinge nicht ins Inland reisen, sondern zunächst an der Grenze untergebracht werden. Rein rechtlich sind sie während des Aufenthaltes in den Zentren noch nicht nach Deutschland eingereist, auch wenn die Transitzentren sich auf deutschem Gebiet befinden. Dadurch ist eine schnellere Zurückweisung von Flüchtlingen möglich, die bereits in anderen Ländern registriert waren. Deutschland möchte die für diese Ausreise Abkommen mit anderen Ländern schließen. Kommt es zu keinen Abkommen mit bestimmten Ländern, sollen die Flüchtlinge direkt abgewiesen werden – was jedoch noch eine Vereinbarung mit Österreich erfordert.

Wie geht es jetzt weiter? 

Nach den zähen Verhandlungen berät sich nun die SPD als Koalitionspartner der Union. Eine endgültige Entscheidung, ob sie dem Vorschlag zur Errichtung von Transitzentren zustimmen wird, hat die Parteiführung für Donnerstag angekündigt. Innerhalb der Partei gibt es  jedoch schon jetzt Widerstand, vor allem von den Gegnern der Großen Koalition. Der SPD-Generalsekretär Lars Klingenbeil verwies bereits auf eine SPD-Entscheidung aus dem Jahre 2015. Damals lehnte die Partei Transitzentren ab. Allerdings wird von vielen SPD-Mitgliedern die derzeitige Situation anders eingestuft, als es noch 2015 der Fall war. Im Zuge der Migration kamen im Sommer 2015 bis zu 10.000 Geflüchtete pro Tag nach Deutschland. Heute sind es weitaus weniger. Wenn die SPD der Einigung zum Thema Asyl nicht zustimmen kann, werden die Koalitionsparteien zum Thema Asyl nachverhandeln werden müssen. Können die Regierungsparteien sich nicht einigen, droht erneut der Koalitionsbruch und letzten Endes Neuwahlen.

Was ist eure Meinung im Asylstreit? 

Wir haben mit Studenten auf dem Campus über den Asylstreit gesprochen. Solveig (23 Jahre) studiert soziale Arbeit an der FH Dortmund und bekommt die Diskussion am Rande mit. Den Lösungsvorschlag der Union zum Thema Transitzentren findet sie schwierig umzusetzen.

Solveig, 23
Michelle, 19

Auch Michelle (19 Jahre) interessiert sich für den Asylstreit. Allerdings findet sie, dass die Diskussion inzwischen nichts mehr mit der Realität zu tun hat. Inzwischen gehe es nicht mehr um die Sache: “Für mich geht es da nur um die Personen, die Macht und Parteien und nicht mehr um eine sinnvolle Lösung!”

Ob die SPD dem Vorschlag von CDU und CSU zustimmt, bleibt abzuwarten. Und auch dann stehen noch Verhandlungen mit anderen europäischen Ländern und vor allem Österreich aus.

Teaser- und Beitragsfoto: wikimedia.com/Harald Bischoff, lizenziert nach CC.

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